LG München: Nicht eindeutige Rabattbedingungen können irreführen

Wird eine Angabe für sich genommen blickfangmäßig herausgestellt und vermittelt eine fehlerhafte Vorstellung, kann der dadurch veranlasste Irrtum regelmäßig nur durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden. Außerdem sind die in einer Rabattwerbung angegebenen, festen zeitlichen Grenzen einzuhalten. Wird die Rabattaktion über die angegebene Zeit hinaus fortgeführt, kann eine Irreführung des Verbrauchers vorliegen. Das LG München entschied nun (Urt. v. 12.1.2023 – 17 HK O 17393/21), dass eine blickfangmäßig herausgestellte Rabattaktion irreführend sei, wenn deren Dauer und tatsächlich gewährter Rabatt für den angesprochenen Verbraucher nicht eindeutig erkennbar sei.

Die Beklagte warb in einer Werbeanzeige mit ihrer Aktion: „KÜCHENTAGE NUR BIS SAMSTAG 21. AUGUST“. Außerdem warb sie mit folgenden Angaben: „20%  ® Möbel- & Küchen-Rabatt + zusätzlich 20%  ® on top in ALLEN Abteilungen“. Neben dem Prozentzeichen stand ein hochgestelltes rotes ® in einem Kreis auf weißem Grund. In der Fußnotenauflösung wurde die Bedeutung des  ® erläutert: „ X gewährt Ihnen folgende Rabatte: Auf Möbel, Küchen und Matratzen ‚20% Möbel- und Küchenrabatt‘ und zusätzlich ‚20% in allen Abteilungen‘, was einer Gesamtminderung von 36% entspricht. Auf Artikel der Abteilungen Haushalt, Geschenke, Dekoration, Bettwaren, Gardinen Leuchten und Teppiche ‚20% in allen Abteilungen‘. Beim Kauf einer Küche deren Kaufsumme nach Abzug der gewährten Rabatte ‚20% Möbel und Küchenrabatt‘ und zusätzlich ‚20% in allen Abteilungen‘ mindestens 4.999 € beträgt, schenken wir Ihnen vom 19. bis 21.08.2021 zusätzlich ein Küchengerät Ihrer Wahl im Wert von 599 €. Ausgenommen von diesen Rabatten sind Kaufgutscheine, Bücher, anderweitig reduzierte Produkte, als ‚Tiefpreis‘ oder ‚Aus unserer Werbung‘ gekennzeichnete Artikel sowie Artikel der Marken xxx. Alle Preise in Anzeigen und Prospekten sind Endpreise. Aktuelle Prospekte sind auf der jeweiligen Standortseite Ihres X Einrichtungshauses unter www.x.de/standorte einzusehen. Kundenkartensofortrabatt bereits enthalten. Keine Barauszahlung möglich. Gültig für Neukäufe. Gültig bis mindestens 31.08.2021.“ Darunter befand sich ein Kreis in schwarz, der mit einem gelben Pluszeichen und dem Begriff „zusätzlich“ versehen war. In dem Kreis war ein Geschirrspüler der Marke Siemens mit Verkaufspreis und Größenangabe abgebildet. Dahinter stand in Klammern auf dem Spüler „Geschirrspüler gilt nur als Preisbeispiel“. Unter der Abbildung des Geschirrspülers stand in weißen Buchstaben: „ELEKTROGERÄT aus der Küchenabteilung GESCHENKT bei Küchenkauf“. Der Kläger sah darin eine Irreführung, da sowohl die groß gedruckten Aussagen als auch die Hinweise in den Fußnoten unklar und nicht ausreichend seien. Außerdem sei die Werbeaktion tatsächlich bis zum 31.8.2021 gelaufen, obwohl im Blickfang das Datum des 21.8.2021 aufgeführt werde.

Das LG München stufte die Werbung ebenfalls als irreführend ein und verurteilte die Beklagte zur Unterlassung.

Irreführung bereits durch uneindeutige Werbeaussage

Zunächst führte das Gericht aus, dass die blickfangmäßig hervorgehobene Werbeaussage der Beklagten „20%® Möbel- & Küchen‑Rabatt + zusätzlich 20%® on top in ALLEN Abteilungen“ eine irreführende und deshalb unzulässige Werbung darstelle. Es komme hier nicht darauf an, ob eine objektiv unzulässige Blickfangwerbung vorliege, denn die von der Beklagten formulierten Fußnoten seien schon nicht zur Auflösung der Irreführung der Verbraucher geeignet. Die Rabattzahlen seien bereits uneindeutig, da sich nicht ergebe, ob 20 % oder insgesamt 40% Rabatt gewährt würden.

Auf die Frage, ob hier eine objektiv unzutreffende Blickfangwerbung vorliegt, kommt es hier nicht an, denn die von der Beklagten formulierte Fußnote ist schon nicht zu einer Auflösung der Irreführung des Verkehrs geeignet. Die Kammer sieht die blickfangmäßig herausgestellten Rabattzahlen zumindest als uneindeutig an. Ob hier 20% und 20%, also insgesamt 40% Rabatt gewährt wird, oder nur jeweils 20% auf verschiedene Produkte ist schon nicht eindeutig ersichtlich. Schon dies ist zur Täuschung geeignet. Eine blickfangmäßig herausgestellte Aussage, die isoliert betrachtet zur Täuschung geeignet ist, kann nur durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis korrigiert werden, der selbst am Blickfang teilhat. An einem solchen Hinweis fehlt es hier.

„®“ nicht als Hinweis auf Einschränkungen geeignet

Das „®“ stelle keinen klaren und unmissverständlichen Hinweis auf die Einschränkungen der Werbeaussage dar. Dieser falle im Vergleich zu der blickfangmäßig herausgestellten Prozentangabe kaum auf und werde von Verbrauchern gerade nicht als Teil des Blickfangs wahrgenommen. Erschwerend komme hinzu, dass das „®“ im Blickfang und der Fußnotenauflösung jeweils anders grafisch gestaltet worden sei. Ungeachtet dessen sei die Fußnotenauflösung inhaltlich intransparent und gerade nicht dazu geeignet, die durch die Werbeanzeige ausgelöste Irreführung auszuräumen. Insbesondere „anderweitig reduzierte Produkte“ seien für den Verbraucher unbestimmbar. Er wisse nicht, welche Produkte konkret von der Werbeaktion ausgeschlossen würden und werde infolgedessen zu einem Besuch des Einrichtungshauses oder der Webseite der Beklagten veranlasst, so die Kammer.

Der von der Beklagten verwendete Hinweis in Form eines hochgestellten (R) fällt im Vergleich mit der Angabe 20% in der Werbeanzeige kaum auf und wird von dem angesprochenen Verkehrskreis nur durch sehr eingehendes Betrachten der Werbeanzeige zur Kenntnis genommen und gerade nicht bei einem flüchtigen Befassen durch die Verbraucher. Insoweit ist der Hinweis (R) der Beklagten nicht als Teil des Blickfangs anzusehen. Erschwerend kommt hinzu, dass das R in weiß in einem Kreis im Blickfang grafisch und optisch anders gestaltet ist als im Kleingedruckten, wo lediglich ein schwarzes R mit einer Klammer zu sehen ist. Selbst wenn man zugunsten der Beklagten unterstellte, der Hinweis (R) sei ein Teil des Blickfangs, ist die dazugehörige Fußnotenauflösung zumindest inhaltlich nicht geeignet, die durch die Werbeanzeige der Beklagten bei den angesprochenen Verkehrskreisen verursachte Irreführung auszuräumen. Die Beklagte verwendet in ihrer Fußnotenauflösung für die angesprochenen Verkehrskreise nicht bestimmbare Angaben wie z. B. „anderweitig reduzierte Produkte“. Aus diesen Angaben geht für die Verbraucher nicht hervor, welche Produkte konkret von der Werbeaktion der Beklagten ausgeschlossen werden. Den angesprochenen Verkehrskreisen erschließt sich damit nicht, auf welche Waren die Beklagte den angekündigten Rabatt gewährt und auf welche nicht. Damit zielt die beanstandete Anzeige der Beklagten darauf ab, die Verbraucher zu einem Besuch des Einrichtungshauses oder ihrer Webseite zu veranlassen […].

Verweis auf die Webseite stellt Medienbruch dar

Anschließend führte das Gericht aus, dass der Verweis auf die Webseite der Beklagten einen Medienbruch darstelle. Selbst wenn es der Beklagten aufgrund der grafischen Gestaltung der Werbeanzeige nicht möglich gewesen wäre, auf alle Ausnahmen der Rabattaktion hinzuweisen, verstoße sie vorliegend gegen das Transparentgebot. Denn sie würde nicht auf eine abrufbare Liste verweisen, in der von der Rabattaktion ausgenommene Artikel aufgeführt würden. Stattdessen würde sie Verbrauchern zumuten, sich selbst durch eine Vielzahl von Werbungen zu klicken, um feststellen zu können, ob das von ihm begehrte Produkt unter die Ausnahmen der Rabattaktionen fielen oder nicht.

Der Verweis auf die Webseite der Beklagten in der Werbeanzeige stellt einen „Medienbruch“ dar. Ein „Medienbruch“, d. h. die Verweisung des Verbrauchers von einer Print-, Audio- oder Fernsehwerbung für weitere Informationen auf die Webseite des werbenden Unternehmens, ist jedoch nur zulässig, wenn es unter Berücksichtigung der Eigenart der Verkaufsförderungsmaßnahme und der Beschränkungen des verwendeten Kommunikationsmediums unmöglich ist, sämtliche wesentlichen Informationen zu der in Rede stehenden Aktion in diesem Kommunikationsmedium bereitzustellen […]. Selbst wenn es der Beklagten aufgrund der grafischen Gestaltung ihrer Werbeanzeige nicht möglich gewesen sein sollte, in erforderlichem Umfang auf alle Ausnahmen der Rabattaktion hinzuweisen, führt der hier von der Beklagten vorgenommene Hinweis auf die Webseite der Beklagten und die dort angegebenen weiteren Informationen dazu, dass ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vorliegt. Zunächst verweist die Beklagte nicht etwa auf eine im Internet abrufbare Liste, der sämtliche Einschränkungen für den angesprochenen Verkehr zu entnehmen wären. Den Verbrauchern wird von der Beklagten vielmehr zugemutet, sich selbst durch eine Vielzahl von Werbemitteln „zu arbeiten“, um feststellen zu können, ob das von ihm gesuchte Produkt wegen einer Bewerbung in einem Prospekt unter die Ausnahmeregelung der Beklagten fällt oder nicht. Darüber hinaus verweist die Fußnotenauflösung die angesprochenen Verkehrskreise auf nicht bestimmbare bzw. nachprüfbare Angaben wie „anderweitig reduzierte Produkte“. Schon aus dieser Angabe geht für die Verbraucher nicht hervor, welche Produkte konkret von der Werbeaktion der Beklagten ausgeschlossen werden. Den angesprochenen Verkehrskreisen ist es damit nicht möglich, festzustellen, auf welche Waren die Beklagte den angekündigten Nachlass gewährt und auf welche nicht oder was „anderweitig reduziert“ bedeutet.

Zeitlich begrenzte Rabattaktionen müssen eingehalten werden

Sofern eine Werbung unzutreffende Aussagen über die Dauer von Preisnachlässen enthalte, sei sie irreführend. Feste zeitliche Grenzen einer Rabattaktion seien durch den Werbenden grundsätzlich einzuhalten. Eine Irreführung liege nicht nur vor, wenn die zeitliche Grenze eines befristeten Rabatts unterschritten werde, sondern auch wenn der Werbende bereits bei Erscheinen die Absicht habe, Vergünstigungen über die zeitlichen Grenzen hinaus zu gewähren, so das Gericht.

Eine Werbung mit Preisnachlässen ist insbesondere irreführend, wenn sie unzutreffende Aussagen über Höhe, Dauer, Ausmaß und Gründe der Preisnachlassgewährung enthält […]. Auch dann, wenn für eine Rabattaktion feste zeitliche Grenzen angegeben werden, muss sich das werbende Unternehmen hieran grundsätzlich festhalten lassen […]. Dabei hängt die Frage der Irreführung maßgebend davon ab, wie der Verkehr die Werbung mit einem befristet gewährten Preisvorteil nach den Umständen des konkreten Falls versteht […]. Wird die Aktion vor Ablauf der angegebenen Zeit beendet, liegt darin regelmäßig eine Irreführung der durch die Werbung angesprochenen Verbraucher […]. Eine irreführende Angabe liegt auch regelmäßig dann vor, wenn der Unternehmer bereits bei Erscheinen der Werbung die Absicht hat, die Vergünstigung über die zeitliche Grenze hinaus zu gewähren, dies aber in der Werbung nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck bringt. Denn ein angemessen gut unterrichteter und angemessen aufmerksamer und kritischer Durchschnittsverbraucher wird bei einem vorbehaltlosen Angebot eines Rabattes mit der Angabe eines Endtermins davon ausgehen, dass der Unternehmer den genannten Endtermin auch tatsächlich einhalten will […].

Keine Beseitigung des Entscheidungsdrucks durch Aufklärung der Befristung

Anschließend stellte das Gericht klar, dass aus der Werbung der Beklagten nicht eindeutig ersichtlich werde, wann die Rabattaktion ende. Selbst wenn man unterstelle, dass eine Aufklärung der Blickfangwerbung durch die Aufklärung über die Teilnahmebedingungen stattfinde, werde nicht deutlich, was die Befristung bedeute. Der Entscheidungsdruck, der durch den Blickfang aufgebaut werde, könne durch die Hinweise der Beklagten gerade nicht beseitigt werden.

In diesem Fall hat die Beklagte die Werbeaktion mit der Angabe „NUR BIS SAMSTAG 21. AUGUST“ im Blickfang beworben. Am Ende der Fußnote R) gibt die Beklagte jedoch an, die Aktion ist „gültig bis mindestens 31.08.2021“. Damit ist zumindest nicht eindeutig ersichtlich, wann die Rabattaktion endet. Die für den Ausschluss einer Irreführung erforderliche Aufklärung über die Teilnahmebedingungen muss jedoch unmittelbar den blickfangmäßig herausgestellten Angaben zugeordnet sein […]. Dies ist in der streitgegenständlichen Werbeanzeige der Beklagten nicht der Fall. Denn selbst wenn man eine Kenntnisnahme des Hinweises auf das Aktionsende zum 31.08. 2021 zugunsten der Beklagten unterstellt, bleibt der angesprochene Verkehr im Ungewissen darüber, was die Befristung bedeutet. Ein Entscheidungsdruck, der durch die Befristung des Angebots im Blickfang auf den 21.08. aufgebaut wird, kann hierdurch nicht beseitigt werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Ankündigung von Preissenkungen auf den Verkehr wegen der Behauptung einer nur aktuell bestehenden Preisgünstigkeit eine stark anlockende Wirkung ausübt.

Fazit

Ein durch eine Blickfangwerbung veranlasster Irrtum kann regelmäßig durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden, wenn dieser selbst am Blickfang teilhat. Zuletzt äußerte sich das OLG Nürnberg zu den Grundsätzen der Blickfangwerbung. Zwar ist vorliegendes Urteil noch nicht rechtskräftig, jedoch urteilte das LG Nürnberg-Fürth jüngst ähnlich in einem vergleichbaren Fall.

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09.08.23