Wird eine Angabe für sich genommen blickfangmäßig herausgestellt und vermittelt eine fehlerhafte Vorstellung, kann der dadurch veranlasste Irrtum regelmäßig nur durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden. Das OLG Nürnberg entschied nun (Beschl. v. 16.8.2022 – 3 U 747/22), dass eine objektiv unzutreffende Werbeaussage in einer Blickfangwerbung hingegen nicht durch einen erläuternden Zusatz in Form einer Fußnote oder ähnlichem richtig gestellt werden könne, wenn die Unrichtigkeit eindeutig sowie leicht zu vermeiden gewesen sei und dafür kein vernünftiger Anlass bestanden habe.

Die Beklagte warb auf ihrer Homepage mit folgender Werbeaussage: 33 % auf alle Küchen (1) + Gratis AEG Backofen (1). Der Text zur Fußnote 1 am Ende der Seite lautete: „Beim Kauf einer frei geplanten Einbauküche bei K. erhalten Sie ab einem Gesamtpreis der Küche von 6.900 € 33 % Rabatt. Dieser Rabatt errechnet sich aus dem Gesamtpreis abzgl. Montagekosten, abzgl. des Kaufpreises für MIELE- und BORA-Geräte sowie dem Material Stein. Zusätzlich erhalten Sie einen AEG Backofen […] ohne Berechnung […].“ Der Kläger, ein Wettbewerbsverein, war der Ansicht, die Blickfangwerbung der Beklagten sei objektiv unrichtig, weil die Rabattierung gerade nicht für alle Küchen gelte. Stattdessen hänge die Rabatteignung von einem Mindestpreis ab und lasse verschiedene Küchenbestandteile unberücksichtigt.

Nach erfolgloser Abmahnung untersagte das in erster Instanz zuständige LG Nürnberg-Fürth (Urt. v. 24.2.2022 – 3 HKO 6313/21) der Beklagten, im Internet und/oder auf sonstigen Werbeträgern zu Zwecken des Wettbewerbs mit der Aussage “33 % auf alle Küchen (1)” zu werben bzw. werben zu lassen und hiervon die in der Fußnote enthaltene Ausnahme zu machen. Zur Begründung führte das LG aus, dass die vom Kläger beanstandete Werbeaussage eine irreführende geschäftliche Handlung darstelle, da der beworbene Rabatt nicht auf alle angebotenen Küchen gewährt werde.

Gegen dieses Urteil wandte sich die Beklagte in ihrer Berufung. Sie beantragte, unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen. Zur Begründung führte sie aus, dass die Blickfangwerbung nicht objektiv unrichtig und die damit ausgelöste Fehlvorstellung durch eine irrtumsausschließende Aufklärung in dem Fußnotenhinweis beseitigt worden sei. Das OLG Nürnberg beabsichtigt nun, diese zurückzuweisen, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe.

Stufenmodell zur Prüfung einer irreführenden Blickfangwerbung

Zunächst führte das Gericht aus, dass es sich bei der vorliegenden Werbung um eine Blickfangwerbung handele. Dabei würden einzelne Angaben im Vergleich zu den sonstigen Angaben bildlich, farblich, graphisch oder sonst drucktechnisch besonders herausgestellt, um durch ihre Betonung die Aufmerksamkeit des angesprochenen Verkehrs auf sich zu ziehen. Zur Prüfung des Irreführungspotenzials biete sich ein Stufenmodell an. Demnach sei auf erster Stufe von einer sog. „dreisten Lüge“ auszugehen, wenn es sich um eine falsche Angabe zu einer leicht nachprüfbaren, objektiven Tatsache handele, für die es keinen vernünftigen Grund gebe. Diese Werbeaussage sei nicht durch einen klarstellenden Zusatz zu korrigieren. Auf zweiter Stufe könne eine hervorgehobene Aussage, die bei isolierter Betrachtung einen fehlerhaften Eindruck erwecke und der dadurch erzeugte Irrtum anhand eines klaren, unmissverständlichen Hinweises korrigiert werden. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass der aufklärende Hinweis selbst Teil des Blickfangs sei. Bei der Werbung für langlebige und kostspielige Güter sei auf der dritten Stufe davon auszugehen, dass der Abnehmer sich mit einem derartigen Erwerb eingehend und nicht nur flüchtig befasse. Daher sei es ausnahmsweise möglich, dass die Aufklärung ohne Sternchenhinweis oder unmittelbare räumliche Zuordnung zum Blickfang in einem kurzen, übersichtlichen weiteren Text erfolge.

Handelt es sich um eine falsche Angabe zu einer leicht nachprüfbaren, objektiven Tatsache, für die es keinen vernünftigen Grund gibt […] bzw. eine leicht zu vermeidende, eindeutig falsche Werbeaussage, für die kein vernünftiger Anlass besteht […], liegt eine sogenannte “dreiste Lüge” vor. In einem solchen Fall der objektiven Unrichtigkeit kann der erzeugte Irrtum nicht durch einen erläuternden Zusatz in Form einer Fußnote oder ähnlichem richtiggestellt werden […]. In anderen Fällen, in denen eine blickfangmäßig herausgestellte Angabe in einer Werbung bei isolierter Betrachtung eine fehlerhafte Vorstellung vermittelt, kann der dadurch veranlasste Irrtum durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden, der selbst am Blickfang teilhat […]. Dabei reicht es nicht aus, wenn der beworbene Artikel zusammen mit weiteren Artikeln abgebildet wird, ohne die er nicht benutzt werden kann, und der aufklärende Hinweis nur ganz am Ende der Produktinformationen innerhalb der Produktbeschreibung steht, ohne am Blickfang teilzuhaben und die Zuordnung zu den herausgestellten Angaben zu wahren […]. Auch ohne Sternchenhinweis oder unmittelbare räumliche Zuordnung zum Blickfang kann ausnahmsweise die Aufklärung in einem kurz und übersichtlich gestalteten weiteren Text genügen, wenn es sich um eine Werbung – etwa für langlebige und kostspielige Güter – handelt, mit der sich der Verbraucher eingehend und nicht nur flüchtig befasst, und die er aufgrund einer kurzen und übersichtlichen Gestaltung insgesamt zur Kenntnis nehmen wird.

Irreführung der streitgegenständlichen Werbung

Vorstehendes Stufenmodell berücksichtigend sei die für den Verbraucher die eindeutige Werbeaussage objektiv unzutreffend. Es handle sich dabei nicht nur um eine präzisierungsbedürftige Unklarheit oder Halbwahrheit, sondern um eine falsche Angabe zu einer leicht nachprüfbaren, objektiven Tatsache. Für die objektive Unrichtigkeit sei auch kein vernünftiger Anlass ersichtlich. Infolgedessen könne der dadurch beim Verbraucher erzeugte Irrtum nicht durch einen erläuternden Zusatz in einer Fußnote richtiggestellt werden, so das Gericht.

Diese für den Verbraucher eindeutige Werbeaussage ist objektiv unzutreffend, da die angesprochenen Verkehrskreise aufgrund dieser plakativen Darstellung davon ausgehen, dass die Beklagte mit der Reduzierung von allen Küchen ihr gesamtes Küchensortiment rabattiert anbieten möchte. Tatsächlich nimmt die Beklagte jedoch Küchen unter einem Wert von 6.900,00 € von dem Angebot aus, wobei dieser Kaufpreis ohne Miele und Bora-Geräte und ohne Montagekosten zu erreichen ist. Es handelt sich daher dabei nicht nur eine präzisierungsbedürftige Unklarheit oder Halbwahrheit, sondern um eine falsche Angabe zu einer leicht nachprüfbaren, objektiven Tatsache. Für diese objektive Unrichtigkeit ist kein vernünftiger Anlass ersichtlich. Es wäre der Beklagten beispielsweise leicht möglich gewesen, den Zusatz “ab einem Kaufpreis von 6.900,00 €” in die Blickfangwerbung aufzunehmen, da ausreichend Platz vorhanden war. Auch die Beklagte trägt keinen nachvollziehbaren Anlass vor, warum sie die Ausnahme weitab von der Blickfangwerbung nach etlichen Seiten, die herunter gescrollt werden müssen, anbrachte. Diese Blickfangwerbung, die beim Verbraucher den Eindruck erwecken kann, dass sie das Angebot verlässlich beschreibt und alles Wesentliche damit gesagt ist, muss grundsätzlich bereits als solche wahr sein. Der dadurch erzeugte Irrtum kann somit nicht durch einen erläuternden Zusatz in Form einer Fußnote oder ähnlichem richtiggestellt werden.

Voraussetzungen an Richtigstellung der Irreführung nicht erfüllt

Außerdem seien die von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen an die Richtigstellung einer irreführenden blickfangmäßigen Werbung schon nicht erfüllt. Dadurch, dass dieselbe Fußnote „(1)“ sowohl nach dem Wort „Küchen“ als auch nach dem Wort „Backofen“ verwendet worden sei, fehle es bereits an einem klaren, unmissverständlichen Hinweis. Darüber hinaus berge der nach der Blickfangwerbung enthaltene umfangreiche Text die Gefahr, dass der Kunde die Suche nach der Fußnote „(1)“ aus dem Auge verliere, so das Gericht.

Darüber hinaus sind die von der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen an die Richtigstellung einer irreführenden blickfangmäßigen Werbung nicht erfüllt. Zum einen spricht gegen die Annahme eines klaren und unmissverständlichen Hinweises, dass dieselbe Fußnote “(1)” sowohl nach dem Wort “KÜCHEN” als auch nach dem Wort “BACKOFEN” verwendet wird. Zum anderen besteht durch den nach der Blickfangwerbung enthaltenen umfangreichen Text mit mehreren Lichtbildern – eine detaillierte Beschreibung des AEG-Ofens, die Punkte “Exklusiv bei K.: Die Mixed-Reality-Küchenplanung” und “Fast geschafft: 3 Schritte trennen Sie von Ihrer individuellen Küche” sowie des Hinweises auf die “Gratis-Serviceleistungen” – die Gefahr, dass der Verbraucher die Suche nach der Fußnote 1 aus dem Auge verliert, weshalb der Hinweis nicht mehr am Blickfang teilhat. Außerdem werden auch nach dem auflösenden Hinweis noch allgemeine Aussagen getätigt und anklickbare Button zur Verfügung gestellt. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Abschnitt “Fast geschafft: 3 Schritte trennen Sie von ihrer individuellen Küche” eine in “1.”, “2.” und “3.” untergliederte Beschreibung der Vorgehensweise bei der Bestellung einer rabattierten Küche enthält, weshalb möglicherweise die angesprochenen Verkehrskreise bereits in diesem Abschnitt die Auflösung der Fußnote 1 vermuten.

Ausnahme für langlebige und kostspielige Wirtschaftsgüter greift nicht

Anschließend führte das Gericht aus, dass keine andere Beurteilung geboten sei, obwohl es sich vorliegend um ein langlebiges und kostspieliges Wirtschaftsgut handle, mit dem sich der Verbraucher eingehend befasse. Denn es fehle schon an der kurzen, übersichtlichen Anzeigegestaltung, bei der der Zusammenhang zwischen unrichtiger Blickfangangabe und richtigstellendem Hinweis erkannt werden könne.

Eine andere Beurteilung ist auch nicht aufgrund der Tatsache veranlasst, dass es sich bei einer Küche um ein langlebiges und kostspieliges Wirtschaftsgut handelt, mit der sich der Verbraucher eingehend und nicht nur flüchtig befasst. Zum einen handelt es sich vorliegend nicht um eine kurze und übersichtliche Gestaltung der Werbeanzeige, bei welcher der Zusammenhang zwischen unrichtiger Blickfangangabe und aufklärendem Hinweis auf einen Blick erkannt werden kann […]. Zum anderen vermittelt die streitgegenständliche Angabe nicht nur eine fehlerhafte Vorstellung, sondern stellt eine falsche Angabe zu einer leicht nachprüfbaren, objektiven Tatsache, für die es keinen vernünftigen Grund gibt, dar.

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