Der Versand von Werbe-E-Mails ist grundsätzlich nur mit Einwilligung des Empfängers zulässig. Das AG Augsburg (Urt. v. 9.6.2023 – 12 C 11/23) entschied nun, dass ein bloßer Link auf die Internetpräsenz eines Unternehmens im Anschluss an Kontaktdaten des Mitarbeiters keine Werbung darstelle.
Die Beklagte ist eine Anbieterin digitaler juristischer Informationssysteme und stellt ihren Kunden eine Internetdatenbank für die juristische Recherche zur Verfügung. Am 13.7.2022 hatte sich der Kläger über das allgemeine Kontaktportal an die Beklagte gewandt. Dabei gab er als Grund seiner Anfrage das Thema „Produktberatung & Angebotsanfrage“ an. Der Kläger bekundete darin unter Angabe seiner Kontaktdaten sein Interesse an den Produkten der Beklagten. Es folgten mehrere Telefongespräche zwischen dem Kläger und einem Mitarbeiter der Beklagten.
Auf seine letzte E-Mail am 12.12.2022 erhielt der Kläger vom Mitarbeiter der Beklagten eine automatische Abwesenheitsnotiz. In dieser E-Mail wurde auf die Präsenzen der Beklagten bei Facebook, Twitter und YouTube hingewiesen. Daraufhin mahnte der Kläger die Beklagte am selben Tag per E-Mail ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf mit dem Hinweis, dass es sich bei der in der E-Mail genannten Präsenzen um unzulässige elektronische Werbung handle. Die Beklagte gab die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht ab.
Das AG Augsburg wies die Unterlassungsklage nun ab. Der bloße Verweis auf die Internetpräsenzen eines Unternehmens im Anschluss an Kontaktdaten des Mitarbeiters, ohne dass diese mit einem Produkt oder anderen werbenden Angaben verknüpft sind, stelle keine Werbung dar.
Das Gericht stellte klar, dass dem Kläger kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aufgrund eines rechtswidrigen Eingriffs in das allgemeinen Persönlichkeitsrecht gem. §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK oder wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S.2 BGB zustehe. Zwar stelle die Verwendung von unaufgeforderter elektronischer Post für die Zwecke der Werbung grundsätzlich einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht bzw. das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar, so das Gericht. Bei dem Verweis auf die Internetpräsenzen der Beklagten durch die Angabe der URL handle es sich jedoch nicht um Werbung.
Der Begriff der Werbung umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung – z.B. in Form der Imagewerbung oder des Sponsoring – erfasst. Werbung ist deshalb in Übereinstimmung mit Art. 2 fit. a RL 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 12.12.2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABI. EU L 376, S. 21) jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern (vgl. BGH, Urteil vom 15.12.2015 – VI ZR 134/15).
Nach diesen Grundsätzen stellt der bloße Verweis auf die Internetpräsenzen eines Unternehmens im Anschluss an Kontaktdaten des Mitarbeiters, ohne dass diese mit einem Produkt oder anderen werbenden Angaben verknüpft sind, keine Werbung dar. Denn dieser Verweis ist gerade nicht unmittelbar darauf gerichtet, die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen zu erreichen. Er dient vielmehr Informationszwecken, ebenso wie die Angabe der weiteren Kontaktdaten, in deren Zusammenhang die Nennung der Internetpräsenzen als Teil der Signatur des Mitarbeiters zu sehen ist. Auch eine mittelbare Absatzförderung durch Imagewerbung kann das Gericht hierin gerade nicht erkennen.
Selbst wenn man einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht bzw. das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb durch Werbung unterstellen würde, wäre dieser auch nicht rechtswidrig, so das Gericht, und der Kläger müsste ihn dulden. Die zur Feststellung der Rechtswidrigkeit notwendige Interessenabwägung gehe zu Lasten des Klägers aus.
Für die Prüfung der Rechtmäßigkeit ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht bzw. in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers wäre nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seiner Privatsphäre bzw. der Schutz der geschäftlichen Sphäre, insb. die Ungestörtheit der Betriebsabläufe des Klägers die schutzwürdigen Belange der Beklagten, mit ihren Kunden zum Zwecke der Produktberatung zu kommunizieren, überwiegen würde Dies ist nicht der Fall. Die Interessenabwägung geht zu Gunsten der Beklagten aus.
Der Kläger erhielt die Abwesenheitsnachricht im Rahmen einer laufenden Produktberatung, zu welcher er selbst mehrfach mit dem Mitarbeiter der Beklagten Kontakt aufgenommen und bereits kommuniziert hat. Die in diesem Zusammenhang zugesandte Abwesenheits-E-Mail hatte für den Kläger als Kunden, welcher konkrete Produkte bei der Beklagten angefragt hatte, einen wesentlichen informatorischen Charakter, nämlich den Zweck zu verhindern, dass dieser wegen der Abwesenheit des Mitarbeiters keine Antwort auf seine Produktanfrage erhält. Unterstellt, der Verweis auf die Internetauftritte der Beklagten würde eine Werbung darstellen, wäre in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die unerwünschte Werbung durch Nennung der Mailadressen die Interessen des Klägers nur vergleichsweise geringfügig beeinträchtigt, zumal er diese einfach ignorieren konnte. Ein gedankliches Beschäftigen mit der Werbemail ist gerade nicht notwendig. Denn es handelte sich bei dem Hinweis der Beklagten offensichtlich nur um Internetauftritte derselben, Eine Trennung von anderen Informationen durch den Kläger ist nicht erforderlich. Vielmehr kann der Kläger es ohne jeden zeitlichen Aufwand unterlassen, die weiteren Internetpräsenzen der Beklagten anzuklicken. Ein Aussortieren eines werbenden Teils der E-Mail ist hierfür gerade nicht erforderlich. Die schutzwürdigen Belange des Klägers überwiegen vorliegend somit gerade nicht.
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