Seit dem 1.12.2022 dürfen Wirtschaftsverbände nur noch abmahnen, wenn sie auf der Liste der sog. qualifizierten Wirtschaftsverbände beim Bundesamt für Justiz eingetragen sind. Der IDO hat es bisher nicht auf diese Liste geschafft. Das OLG Köln (Urt. v. 21.6.2023 – 6 U 147/22) hat nun entschieden, dass die Geltendmachung einer Vertragsstrafe durch den IDO rechtsmissbräuchlich und daher unzulässig sei. Unsere Partnerkanzlei Internet-Rostock.de hat den Beklagten in diesem Verfahren erfolgreich vertreten.

Der Beklagte bietet Waren, u.a. Whisky, über seine Homepage an. Auf eine Abmahnung des IDO vom 13.12.2019 hin wegen des behaupteten Verstoßes mehrerer Formulierungen auf der Website gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften gab der Beklagte eine Unterlassungserklärung ab und versprach, für Verstöße nach Ablauf einer Übergangsfrist bis zum 31.1.2020 eine Vertragsstrafe zu zahlen, deren Höhe vom Kläger zu bestimmen und vom für die Verletzung zuständigen Gericht auf Angemessenheit zu überprüfen sein sollte. Der Beklagte hatte die vom Kläger, dem IDO, übersandte vorformulierte Unterwerfungserklärung verändert, der Kläger diese veränderte Unterlassungserklärung mit Schreiben vom 6.1.2020 angenommen.

Am 18.2.2020 erlangte der Kläger Kenntnis davon, dass zwei Formulierungen auf der Website verwendet wurden, die seiner Ansicht nach eine Verletzung der Unterwerfungserklärung darstellen. Der Kläger verlangte mit Schreiben vom 18.2.2020 Zahlung der streitgegenständlichen Vertragsstrafensumme. Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.6.2020 hat der Beklagte die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung vom 3.1.2020 angefochten, hilfsweise die Vereinbarung gekündigt und die Einrede der unzulässigen Rechtsausübung erhoben. Das LG Bonn (Urt. v. 7.10.2022 – 14 O 55/20) hatte den Beklagten zunächst antragsgemäß verurteilt. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Beklagten.

Das OLG Köln entschied nun, dass die Geltendmachung der Vertragsstrafe durch den IDO aufgrund einer Gesamtbetrachtung rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig sei.

Geltendmachung der Vertragsstrafe war rechtsmissbräuchlich

Das Gericht stellte zwar zunächst fest, dass die Anfechtung der Unterlassungserklärung wegen arglistiger Täuschung nicht wirksam sei. Die Geltendmachung der Vertragsstrafe durch den IDO sei jedoch rechtsmissbräuchlich.

Die Geltendmachung einer Vertragsstrafe war jedoch rechtsmissbräuchlich, weil eine Gesamtabwägung der vom Beklagen vorgetragenen und vom Kläger in tatsächlicher Hinsicht nicht bestrittenen lndizien dafür sprechen, dass der Kläger vorwiegend zu wettbewerbsfremden Zwecken und daher rechtsmissbräuchlich gem. § 242 BGB gehandelt hat, weil er trotz Kündigung der Unterwerfungsvereinbarung durch den Beklagen weiterhin Zahlung der Vertragsstrafe gefordert hat.

Unterlassungsvertrag wirksam gekündigt

Sodann stellte das OLG Köln klar, dass die Kündigung des Unterlassungsvertrags aus wichtigem Grund nach § 314 BGB wirksam war. Einen solchen wichtigen Grund stellte hier die weggefallende Aktivlegitimation des IDO dar. Zwar wirke die Kündigung grundsätzlich erst mit Wirkung für die Zukunft, allerdings könne sich die Geltendmachung einer vor der Kündigung verwirkten Vertragsstrafe als rechtsmissbräuchlich darstellen, wenn der Gläubiger offensichtlich nicht mehr klagebefugt war.

Die Kündigung des strafbewehrten Unterlassungsvertrags durch den Beklagten mit Erklärung vom 29.6.2020 war gemäß § 314 Abs. 1 BGB möglich, weil die Aktivlegitimation des Klägers aufgrund einer Gesamtwürdigung mehrerer lndizien weggefallen ist. Das Kündigungsrecht ist in einem solchen Fall innerhalb einer angemessenen Frist auszuüben, wobei die Frist zu laufen beginnt, sobald der Schuldner Kenntnis von den Umständen erlangt, welche die Kündigung rechtfertigen […].

Obwohl die Kündigung grundsätzlich ex nunc wirkt, kann sich die Geltendmachung einer vor Erklärung der Kündigung verwirkten Vertragsstrafe als rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 242 BGB darstellen, wenn der Gläubiger offensichtlich nicht mehr klagebefugt war (vgl. BGH, GRUR 1997, 382 – Altunterwerfung l; GRUR 2001, 85 – Altunterwerfung lV; Feddersen in Peifer, aaO, § 13 Rn. 166; Brüning in Harte/Henning, UWG, aaO, § 13 Rn. 160), denn es wäre unbillig, den Beklagten weiterhin an einer Unterlassungsverpflichtung festzuhalten, die aufgrund eines Verlustes der Klagebefugnis in der Sache nicht mehr besteht. ln einem solchen Fall ist es daher dem Gläubiger verwehrt, eine Vertragsstrafe durchzusetzen, wenn der durch die Unterwerfungserklärung gesicherte Anspruch eindeutig nicht mehr besteht (vgl. BGH, GRUR 2001,85 -Altunteruverfung IV; Brüning in Harte/Henning, UWG, aaO, § 13 Rn. 160). Dabei müssen Umstände vorliegen, die im Falle eines gerichtlichen Verbots die Vollstreckungsgegenklage im Sinne des § 767 BGB begründen würden (vgl. BGH, Urteil vom 08.05.2014 – IZR 210112, GRUR 2014,797 – fishtailparka; Feddersen in Peifer, aaO, § 13 UWG Rn. 166). Für die Beurteilung des Rechtsmissbrauchs können alle Tatsachen berücksichtigt werden, die im Laufe des Verfahrens bekannt werden.

Diese Voraussetzungen seien hier erfüllt.

Mehrere Indizien sprechen für Rechtsmissbrauch

Der Einwand des Rechtsmissbrauchs sei nicht nur im Rahmen eines Unterlassungsanspruchs aus § 8 Abs. 1 UWG, sondern auch bei Geltendmachung einer Vertragsstrafe nach § 242 BGB zu beachten. Hierzu hatte der Beklagte mehrere Indizien vorgebracht, die der IDO im Rahmen seiner sekundären Beweislast nicht entkräftet hat.

Der Beklagte hat mehrere lndizien vorgetragen, die für eine missbräuchliche Geltendmachung des Vertragsstrafeanspruchs sprechen, ohne dass der Kläger im Rahmen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast diese Umstände entkräftet hat. Zum Teil beruft sich der Beklagte in diesem Zusammenhang auch auf eigene Auskünfte des Klägers in anderen Verfahren, die insoweit im Tatsächlichen unstreitig sind.

Unterscheidung zwischen aktiven und passiven Mitgliedern

Allein der Umstand, dass der IDO über eine Vielzahl passiver Mitglieder und nur wenige aktive Mitglieder verfüge, spreche für sich noch nicht für einen Rechtsmissbrauch. Dies ändere sich jedoch, wenn der Prozess zum Beitritt beim IDO bereits darauf angelegt sei, nur passive Mitglieder aufzunehmen und gar nicht über eine aktive Mitgliedschaft informiert werde. Damit werden Strukturen geschaffen, die darauf ausgerichtet sind, aktive Mitgliedschaften zu begrenzen oder gar zu verhindern, gleichzeitig durch eine breite passive Mitgliederschaft eine weite Klagebefugnis zu schaffen, die den Verband dadurch erst in die Lage versetzt, in einem sehr weiten Umfang Abmahntätigkeiten zu ermöglichen, die ihrerseits die Voraussetzung für das Abschließen von Vertragsstrafevereinbarungen darstellt.

Der Umstand, dass der Kläger eine Vielzahl passiver und nur wenige aktive Mitglieder hat, spricht zwar für sich genommen noch nicht dafür, dass bereits die Mitgliederstruktur lndiz für missbräuchliches Vorgehen darstellt (BGH GRUR 2023, 585 Tz. 32-34). Das ändert sich aber, wenn bereits bei der Mitgliederakquise ein Verfahren praktiziert wird, dass dafür sorgt, dass die aktive Mitgliedschaft gar nicht erst angeboten, über ihre Voraussetzungen nicht informiert, sondern allein eine passive Mitgliedschaft angeboten wird. Dass dies der Fall ist, hat der Beklagte durch die vom Kläger nicht bestrittene Beschreibung der Aufnahme von Mitglieder im Online-Verfahren erläutert (Berufungsbegründung, S. 7 ff’). ln dem angebotenen Online- Registrierungsformular wird lediglich eine Mitgliedschaft für einen Beitrag von 96 Euro angeboten, deren Nutzungsbedingungen ebenso wie die Satzung akzeptiert werden müssen. Zu den Nutzungsbedingungen gehört eine Verlinkung, die klarstellt, dass ein „Angebot zur Aufnahme als passives IDO-Mitglied“ abgegeben wird. Eine alternative Mitgliedschaft wird zwar in der Satzung erwähnt, aber über das Aufnahmeformular nicht angeboten. Der Kläger hat auch nicht dargelegt, dass über eine aktive Mitgliedschaft überhaupt informiert wird oder dass für sie in irgendeiner Weise geworben wird. Die Steuerung der Mitgliedschaft ist vielmehr strukturell auf eine Mitwirkung verengt, die im Ausgangspunkt auf die Zahlung von Beiträgen reduziert ist.

Damit werden Strukturen geschaffen, die darauf ausgerichtet sind, aktive Mitgliedschaften zu begrenzen oder gar zu verhindern, gleichzeitig durch eine breite passive Mitgliederschaft eine weite Klagebefugnis zu schaffen, die den Verband dadurch erst in die Lage versetzt, in einem sehr weiten Umfang Abmahntätigkeiten zu ermöglichen, die ihrerseits die Voraussetzung für das Abschließen von Vertragsstrafevereinbarungen darstellt (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 26.01.2023, I ZR 111/22, GRUR 2023, 585 Tz. 32 – Mitgliederstruktur). ob diese Struktur darauf ausgerichtet ist, es „allein” zu bezwecken (BGH aaO.), dem Verband eine Klagebefugnis zu verschaffen, kann dabei dahingestellt bleiben, denn hierfür sprechen weitere lndizien.

3,2 Mio. Euro für sechs Personen

Ein weiteres Indiz für einen Rechtsmissbrauch sei der Umstand, dass die Tätigkeit des IDO vorwiegend der Gebührenerzielung diene und den Geschäftsführern und Mitarbeitern hohe Vergütungen zufließen. So seien bspw. im Jahr 2020 44 % der Einnahmen von 3,2 Mio. Euro an nur sechs Personen ausgeschüttet worden, die dazu auch zueinander in einer engen persönlichen Verbindung stehen.

Als lndiz für eine vorwiegend der Gebührenerzielung dienende Tätigkeit hat der Beklagte Tatsachenvortrag aus dem unter dem Aktenzeichen 81 O 102/20 geführten Verfahren vor dem LG Köln eingebracht und sich zu eigen gemacht, wonach seinen Vorstandsmitgliedern, einem Teil seiner Mitarbeiter und auch der im Mehrheitsbesitz des Klägers stehenden IDO Management GmbH sowie deren Geschäftsführern und Mitarbeitern, hohe Vergütungen und andere Zuwendungen insbesondere aus den Einnahmen aus Abmahnkosten und Vertragsstrafen zufließen. lm Jahr 2020 seien 44% der Einnahmen von mehr als 3,2 Mio. € an nur sechs Personen ausgeschüttet worden, die überdies zueinander in einer engen persönlichen Verbindung stehen. Der Beklagte hat hierzu zwar ausgeführt, dass die Höhe der Zahlungen durch entsprechende Leistungen gerechtfertigt sei, die Zahlungen an die Dienstleistungstochter spiegelten Beratungs- und Serviceleistungen gegenüber den Mitgliedern. Allerdings ist die Ausschüttungspolitik gerade dann bedenklich, wenn die Entscheidung hierüber durch die Mitgliederstruktur gefördert wird. Daraus resultiert die besondere Gefahr, dass die Einnahmen durch hohe Ausschüttungen letztlich überwiegend dem lnteresse weniger Beteiligter und gerade nicht der Finanzierung der im öffentlichen lnteresse gewährten Möglichkeit zur Abmahn- und Klagetätigkeit zufließen. Gerade dadurch entfernt sich der Verband von seiner selbst auferlegten Zielsetzung.

Gezieltes Verschonen eigener Mitglieder

Ein weiteres Indiz sei die planmäßige Verschonung eigener Mitglieder. Dieser Umstand sei dazu geeignet, einen Rechtsmissbrauch zu begründen, wenn Anhaltspunkte für ein planmäßiges Verhalten vorliegen.

Als ein drittes lndiz führt der Beklagte an, dass der Kläger gezielt eigene Mitglieder bei seinem auf die Durchsetzung lauterer Wettbewerbsgrundsätze bezogenen Vorgehen verschont. Das gezielte Verschonen eigener Mitglieder ist geeignet, einen Missbrauch zu begründen, wenn Anhaltspunkte für ein planmäßiges Verhalten vorliegen und damit der Verein unzulässigerweise nur im Mitglieder-, nicht aber auch im öffentlichen lnteresse tätig wird (BGH GRUR 2023, 585 Tz. 50). lm hiesigen Verfahren führt der Beklagte Einlassungen ein durch die Verfahren LG Stuttgart 37 O 41/20 KfH, Anl. P.41 (Abmahnungen von Grundpreisverstößen, die auch von Mitgliedsunternehmen des Klägers nachgewiesen wurden), LG Darmstadt 15 O 14/20 (wettbewerbsverstoß bei Mitgliedern der Kosmetikbranche), die auch im Berufungsverfahren vor dem OLG Frankfurt noch vorgetragen wurden (An. 842) und LG Köln 81 O 1 02/20 (Grundpreisverstöße von Baustoffhändlern, Anl. 833; Senat 6 U 67/21, Anl. B 43). Der Kläger hat demgegenüber nicht konkret dargelegt, warum diese Verhaltensweisen geduldet und nicht weiterverfolgt wurden. Zwar ist ein selektives Vorgehen nicht für sich genommen missbräuchlich, weil das Verschonen eigener Mitglieder kompensiert werden kann durch lnformationen und weichere Formen der Disziplinierung. lm Zusammenhang mit Maßnahmen der Mitgliedersteuerung und einer Mittelverwendung, die stärker auf Ausschüttung als Mitteleinsatz zur effektiven Bekämpfung von Missbräuchen auch in den eigenen Reihen gerichtet ist, ergibt sich daraus allerdings der Eindruck einer Strategie, die darauf gerichtet ist, Mitgliederinteressen vor Kollektivinteressen zu stellen, obgleich letztere durchzusetzen das Satzungsziel sein soll.

Zu weit gefasste Unterlassungserklärungen

Ein weiteres Indiz für einen Missbrauch betreffe vom Ido zu weit gefasste vorformulierte Unterlassungserklärungen.

Als viertes lndiz nennt der Beklagte zu weit gefasste Unterlassungserklärungen. Grundsätzlich sind zu weit formulierte Erklärung ein lndiz dafür, dass nicht nur konkrete Verstöße angegriffen, sondern eine weitergehende Vertragshaftung angestrebt wird. Das begründet ein lndiz für einen Missbrauch. Hierzu wurden Einlassungen vorgelegt und einbezogen, die zu weit gefasste Unterlassungserklärungen in anderen Verfahren betrafen, namentlich OLG Frankfurt, 15 U 166/18 (Anl.822) und LG Essen,45 O 23/21 (Anl. B 44). lm vorliegenden Fall hat die Abmahnung Verstöße im Fernabsatz gerügt und in die Unterwerfungserklärung aufgenommen (Bl. 252), obgleich es nur um einen nachgewiesenen Verstoß beim lnternethandel ging, der lediglich einen Ausschnitt des Fernabsatzes (neben Post und Telekommunikation) darstellt. Anders als der Kläger in der mündlichen Verhandlung gemeint hat, lassen sich Formen des Distanzhandels sehr wohl vom lnternethandel abgrenzen, so dass für die weitere Fassung des Unterlassungsanspruchs auch zur Erfassung kerngleicher Verstöße kein Anlass bestand.

Nichtverfolgung von abgemahnten Verstößen

Als weiteres Indiz hatte der Beklagte vorgetragen, dass der IDO in zahlreichen Fällen zwar Abmahnungen ausgesprochen, diese jedoch nicht weiter verfolgt habe, wenn sich die Schuldner nicht unterworfen haben. Dies spreche dafür, dass der Kläger es anstrebe, zeitnah möglichst viele Unterlassungsverpflichtungserklärungen zu erhalten

Als fünftes lndiz hat der Beklagte die Nichtverfolgung von abgemahnten Verstößen genannt und unwidersprochen vorgetragen, der Kläger habe in zahlreichen Fällen Abmahnungen ausgesprochen und diese nicht weiterverfolgt, wenn die dortigen Schuldner sich nicht unterworfen haben. Hierbei handelt es sich um die im Folgenden dargestellte Anzahl an Fällen:

2017:

Anzahl der Abmahnungen: 5.945

Anzahl der Unterlassungserklärungen: 4.966

Anzahl der gerichtlichen Verfahren: 421

Anzahl der nicht gerichtlich verfolgten Fälle: 558

2018:

Anzahl der Abmahnungen: 4.795

Anzahl der Unterlassungserklärungen 2.919

Anzahl der gerichtlichen Verfahren : 256

Anzahl der nicht gerichtlich verfolgten Fälle: 1’620

2019:

Anzahl der Abmahnungen: 4.066

Anzahl der Unterlassungserklärungen: 1.353

Anzahl der gerichtlichen Verfahren: 414

Anzahl der nicht gerichtlich verfolgten Fälle: 1.565

2020:

Anzahl der Abmahnungen: 3.520

Anzahl der Unterlassungserklärungen 1.325

Anzahl der gerichtlichen Verfahren: 528

Anzahl der nicht gerichtlich verfolgten Fälle: 1.657

lnsgesamt hat der Kläger danach weitaus mehr Verfahren nicht verfolgt als gerichtlich geltend gemacht, obwohl keine anderweitige Erledigung etwa durch Abgabe einer Unterlassungserklärung erfolgt ist. Dies spricht dafür, dass der Kläger es anstrebt, zeitnah möglichst viele Unterlassungsverpflichtungserklärungen zu erhalten. lm Jahr 2020 wurden nur 1/4 der abgemahnten und nicht unstreitig erledigten Verstöße gerichtlich verfolgt. Der Kläger verweist darauf, dass die Nichtverfolgung prozesstaktische Gründe gehabt hätte, zum Teil hätten sich Sachverhalte erledigt, zum Teil seien höchstrichterliche Entscheidungen abgewartet worden. Doch bleibt auch bei diesen Umständen eine außergewöhnlich hohe Quote nicht gerichtlich verfolgter Verstöße, die den Eindruck erhärten, dass der Kläger über Abmahnungen versucht, Vertragsbindungen einzugehen, die dann im Falle nochmaliger Verstöße verlässliche Einkünfte generieren. Auch vorliegend hat der Kläger allein die Vertragsstrafe geltend gemacht, ohne eine Unterlassung zu fordern (Anl. K4, Bl.24).

Gesamtschau führt zu Rechtsmissbrauch

Jedes vorgetragene Indiz für sich spreche zwar nicht direkt für einen Rechtsmissbrauch, jedoch führe eine Gesamtschau zu dem Ergebnis, dass ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen vorliege mit der Folge, dass die Geltendmachung der Vertragsstrafe unzulässig sei.

Die vorgetragenen lndizien mögen jedes für sich genommen noch nicht geeignet sein, missbräuchliches Verhalten zu demonstrieren, in der Gesamtabwägung führten sie jedoch dazu, dass ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen vorliegt, so dass die Geltendmachung der Vertragsstrafe im vorliegenden Fall durch § 242 BGB gehindert ist. Für die Beurteilung eines Missbrauchs kommt es nämlich auf die Berücksichtigung der gesamten Umstände an. Die vom Beklagten vorgetragenen lndizien fügen sich zu einer Gesamteinschätzung, die ein missbräuchliches Vorgehen erkennbar machen. Sie demonstrieren eine strategische Ausrichtung des klägerischen Vereins dahingehend, Entscheidungsstrukturen durch gezielte Akquise neuer Mitglieder auf wenige Personen zu konzentrieren, um dadurch eine breite Abmahnbefugnis zu erwerben, die ihrerseits Basis für weite Unterlassungserklärungen erzeugt, auf deren Basis Verstöße Dritter einfach bepreist und zur Einnahmenerzielung funktionalisiert werden können. Die dabei akquirierten Einnahmen werden zu hohen Anteilen an wenige Personen ausgeschüttet, kommen also weniger der Durchsetzung kollektiver lnteressen als der Deckung privatem Nutzens zugute. Durch eine gezielte quantitativ beträchtliche Nichtverfolgungstaktik gegenüber eigenen Mitglieder werden Anreize geschaffen, der Organisation beizutreten und dadurch auch der effektiven Bekämpfung von Wettbewerbsverstößen, welche der Verband in seiner Satzung verspricht, zu entgehen.

Das OLG Köln hat die Revision nicht zugelassen.

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