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AG München: Einwilligung in Newsletterversand kann durch Zeitablauf unwirksam werden

Für das Versenden von Newslettern ist eine ausdrückliche und informierte Einwilligung des Empfängers notwendig. Das AG München entschied nun (Urt. v. 14.2.2023 – 161 C 12736/22), dass die Wirksamkeit einer Einwilligung in den Erhalt von Newslettern entfalle, wenn diese 4 Jahre lang nicht genutzt werde und weitere Umstände dem Fortbestehen einer Einwilligung entgegenstünden.

Der Kläger hatte 2015 einen Account bei der Beklagten erstellt und im Zuge dessen in den Erhalt von Newsletter-E-Mails eingewilligt. Sowohl die Erstellung des Accounts als auch die Einwilligung in den Erhalt von Newslettern erfolgten anlässlich seiner Mitgliedschaft in einem Golfclub. Aus diesem Golfclub war der Kläger Ende 2017 ausgetreten. Anschließend nutzte er weder den ursprünglichen Account bei der Beklagten, noch erhielt er weitere Newsletter der Beklagten. Ende des Jahres 2021 sowie Anfang des Jahres 2022 erhielt der Kläger jedoch erneut den Newsletter der Beklagten.

Daraufhin ließ der Kläger die Beklagte erfolglos anwaltlich abmahnen und verlangte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Er vertrat die Rechtsauffassung, dass seine ursprünglich erteilte Einwilligung in den Erhalt von E-Mails durch Zeitablauf erloschen sei. Folglich sei er in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Die Beklagte hingegen war der Ansicht, dass die Einwilligung des Klägers nach wie vor wirksam sei.

Das zuständige AG München folgte der Auffassung des Klägers im Wesentlichen und verurteilte die Beklagte zur Unterlassung.

Grundsätzlich kein Erlöschen einer Einwilligung infolge Zeitablaufs

Zunächst stellte das Gericht fest, dass es sich bei den streitgegenständlichen E-Mails um Werbung handle. Zwar sei in der Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob und ab wann eine ursprünglich erteilte Einwilligung nicht mehr wirksam sei. Allerdings gehe der BGH im Grundsatz davon aus, dass eine einmal erteilte Einwilligung grundsätzlich nicht allein durch Zeitablauf erlösche.

Ob und ab wann eine ursprünglich erteilte Einwilligung nicht mehr wirksam ist, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten und bisher nicht abschließend geklärt. Der BGH […] führt hierzu aus […]: „Eine zeitliche Begrenzung einer einmal erteilten Einwilligung sieht weder die RL 2002/58/EG noch § 7 UWG vor. Hieraus ergibt sich, dass diese – ebenso wie eine Einwilligung nach 183 BGB – grundsätzlich nicht allein durch Zeitablauf erlischt […]. Vor diesem Hintergrund bestehen jedenfalls gegen die gegenständliche Regelung zur Geltungsdauer keine Bedenken. da diese eingegrenzt ist auf die Zeit während des laufenden Vertragsverhältnisses bis zu höchstens zwei Jahren ab Vertragsbeendigung und zumindest während dieses überschaubaren Zeitraums bei einem Verbraucher, der seine Einwilligung im Rahmen des Vertragsschlusses erteilt, von seinem fortbestehenden Interesse an einer Information über neue Services und Angebote der Beklagten ausgegangen werden kann […]. Der BGH wendet sich also im Grundsatz gegen das Erlöschen einer Einwilligung mit Zeitablauf. Er schränkt dies nachfolgend jedoch insoweit ein, als dass dies jedenfalls für die dort streitgegenständliche Regelung gelte, die sich auf höchstens zwei Jahre nach Vertragsbeendigung beziehe. In diesem überschaubaren Zeitraum sei bei einem Verbraucher von seinem fortbestehenden Interesse an Information auszugehen.

Konkrete Umstände sprechen jedoch gegen Fortbestand der Einwilligung

Selbst wenn man davon ausgehe, dass eine Einwilligung grundsätzlich zeitlich unbegrenzt gelte, so sei hier nach den Umständen des Einzelfalls jedoch nicht mehr von einem Fortbestehen der Einwilligung des Klägers auszugehen. Vorliegend sei zu berücksichtigen, dass die Einwilligung des Klägers in den Erhalt von werblichen E-Mails an seine Mitgliedschaft in einem Golfclub gekoppelt gewesen sei. Nach Austritt aus diesem Club habe die Beklagte nicht unterstellen dürfen, dass die Einwilligung fortbestanden habe. Stattdessen hätte sie sich erkundigen müssen, ob dies noch der Fall gewesen sei, so das Gericht.

Der Kläger hatte die Newsletter der Beklagten 2015 und 2017 abonniert, seinen Account auf der Website der Beklagten aber seit Dezember 2017 nicht mehr genutzt. Seit Dezember 2017 hatte der Kläger infolge seines Austritts aus einem Golfclub keine Newsletter mehr erhalten. Der Austritt aus dem Club und die anschließende Nichtnutzung waren der Beklagten ausweislich ihrer Stellungnahme […] auch bekannt. Die Beklagte nahm nach eigenen Angaben […] erst im Dezember 2021 wieder Kontakt auf, nachdem die Kooperation mit dem Deutschen Golf Verband ausgelaufen war. Zu berücksichtigen ist daher, dass eine ausdrückliche Einwilligung zunächst zwar unstreitig vorlag. Das Abonnement war zunächst wohl mit einer Mitgliedschaft des Klägers in einem Golfclub gekoppelt. Diese Mitgliedschaft endete Ende 2017. Hiervon hatte die Beklagte auch Kenntnis und sandte dem Kläger entsprechend keine E-Mails mehr zu. Als sich die internen Regelungen der Beklagten Ende 2021 änderten, hatte der Kläger seit vier Jahren weder seinen Account bei der Beklagten genutzt noch E-Mails der Beklagten erhalten. Die Beklagte hatte auch keine positive Kenntnis von einer erneuten Anmeldung des Klägers für den Newsletter oder für einen weiteren mit der Beklagten verbundenen Golfclub. Vor dem Hintergrund der erheblichen Zeit von vier Jahren sowie dem Ende der Zusendung infolge des Austritts des Klägers aus einem Golfclub durfte die Beklagte nicht davon ausgehen, die Einwilligung des Klägers bestehe fort. Sie hätte sich vielmehr zunächst erkundigen müssen, ob dies noch der Fall war […].

Rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht

Anschließend gelang das Gericht zu der Bewertung, dass ein rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers vorliege. Der Versand von werblichen E-Mails ohne eine Einwilligung des Empfängers stelle grundsätzlich einen Eingriff in die Privatsphäre, mithin in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Empfängers dar. Wegen des unzumutbar belästigenden Charakters derartiger Werbung gegenüber dem Empfänger sei die Übersendung einer Werbe-E-Mail ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung auch grundsätzlich rechtswidrig.

Die Verwendung von elektronischer Post für die Zwecke der Werbung ohne Einwilligung des Empfängers stellt grundsätzlich einen Eingriff in seine geschützte Privatsphäre und damit in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dar […]. Nach Art. 13 Abs. 1 der Datenschutzrichtlinie EK ist die Verwendung von elektronischer Post für die Zwecke der Direktwerbung nur bei vorheriger Einwilligung der Teilnehmer oder Nutzer zulässig. Aufgrund des Gebots zur richtlinienkonformen Auslegung ist ein Verstoß gegen diese Regelung grundsätzlich als Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht zu werten […]. Der Eingriff ist auch rechtswidrig. Das Recht des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seiner Privatsphäre aus Art. I Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. I EMRK ist mit dem berechtigten Interesse der Beklagten, mit (vermeintlichen) Abonnenten zum Zwecke der Werbung in Kontakt zu treten, abzuwägen. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt […]. Nach S. 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG stellt von dem hier nicht einschlägigen Ausnahmetatbestand des S. 7 Abs. 3 UWG abgesehen jede Werbung unter Verwendung elektronischer Post ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten eine unzumutbare Belästigung dar. Diese gesetzgeberische Wertung ist bei der Beurteilung der Generalklauseln des Bürgerlichen Gesetzbuches ebenfalls heranzuziehen, um Wertungswidersprüche zu vermeiden […]. Wegen des unzumutbar belästigenden Charakters derartiger Werbung gegenüber dem Empfänger ist die Übersendung einer Werbe-E-Mail ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung grundsätzlich rechtswidrig […]. Die insoweit erforderliche Abwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien geht vor diesem Hintergrund zu Lasten der Beklagten aus. Besonderheiten, die die ungewollte werbliche E-Mail-Zusendung ausnahmsweise rechtfertigen würden, sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.

Fazit

Das AG München kommt zu dem Ergebnis, dass eine erteilte Newsletter-Einwilligung nicht grundsätzlich infolge Zeitablaufs unwirksam wird. Allerdings können konkrete Umstände des Einzelfalls dem Fortbestehen einer Einwilligung in den Newslettererhalt entgegenstehen. Eine Einwilligung muss für klare Zwecke eingeholt werden, an die sich der Versender halten muss. Dies gilt auch für die Versandfrequenz. Hierzu entschied zuletzt das KG Berlin, dass eine unerlaubte E-Mail-Werbung trotz Einwilligung des Empfängers auch dann gegeben sei, wenn der Newsletter in kürzerer als der vorgegebenen Frequenz verschickt werde. Weitere Informationen zum Versand von Newslettern finden Sie in unserem Rechtstipp der Woche.

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