Kundenbewertungen beeinflussen die Kaufentscheidung vieler Verbraucher und spielen daher für Online-Händler eine wichtige Rolle. Verständlich, dass Online-Händler insbesondere unseriöse und unwahre Negativbewertungen vermeiden möchten, um potentiellen Reputationsschäden entgegenzutreten. Das OLG Köln entschied nun (Urt. v. 23.12.2022 – 6 U 83/22), dass eine 1-Stern-Bewertung bei Google durch einen Mitbewerber, mit dem keine Geschäfts- oder Rechtsbeziehung bestanden habe, rechtswidrig sei. Der bloße Kontakt reiche gerade nicht aus.

Die Klägerin betreibt ein IT-Systemhaus. Die Beklagte ist ein IT-Unternehmen und versandte an Mitarbeiter der Klägerin E-Mails. Diese E-Mails waren mit einem Teilnahmelink und weiteren Informationen zu einer von der Beklagten angebotenen Veranstaltung zum Thema Internetsicherheit versehen. Die Klägerin bestritt, dass sich ihre Mitarbeiter zu jener Veranstaltung angemeldet hätten. Nach Durchführung der Veranstaltung wandte sich der Geschäftsführer der Klägerin an die Beklagte und forderte erfolgreich Auskunft nach der DSGVO über gespeicherte Daten an. Kurze Zeit später bewertete die Beklagte die Klägerin bei Google mit einem von fünf möglichen Sternen, ohne dass sie weitere Angaben in der Bewertung machte.

Nach erfolgloser Abmahnung erhob die Klägerin Klage beim erstinstanzlich zuständigen LG Köln. Dieses vertrat die Rechtsauffassung, dass in der Äußerung keine sachfremde Kritik zu sehen sei, weil die Bewertung im Zusammenhang mit einem beruflichen Kontakt zwischen dem Beklagten und der Klägerin stünde. Daraufhin legte die Klägerin erfolgreich Berufung beim OLG Köln ein.

Weite Auslegung des Wettbewerbsverhältnisses bei Behinderungswettbewerb

Zunächst stellte das Gericht klar, dass vorliegender Sachverhalt nach den Regelungen des UWG zu überprüfen sei. Der Mitbewerberschutz gem. § 4 Nr. 1 UWG erfasse Kritik unter Konkurrenten. Zur Gewährleistung eines wirksamen, wettbewerbsrechtlichen Individualschutzes seien die Anforderungen an ein bestehendes Wettbewerbsverhältnis nicht hoch anzusetzen. Es genüge, wenn die Parteien durch die konkret zu beanstandende Handlung miteinander in Wettbewerb treten würden.

§ 4 Nr. 1 UWG erfasst die Kritik unter Konkurrenten. Ein solches Verhältnis betrifft zwar zunächst nur das Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Unternehmen, bei welchem der Beklagte angestellt war. Da § 4 Nr. 1 UWG insgesamt Ausdruck der Fallgruppe der Konkurrentenbehinderung ist, kann ein Wettbewerbsverhältnis gerade dadurch begründet werden, dass sich der Beklagte mit seiner Kritik gegen Wettbewerber seines Arbeitgebers wendet. Dabei ist von Bedeutung, dass der Beklagte nicht nur die Klägerin, sondern auch weitere Unternehmen im Konkurrenzbereich des Unternehmens, für das der Beklagte selbst tätig ist, schlecht bewertet hat. Um einen wirksamen wettbewerbsrechtlichen Individualschutz zu gewährleisten, sind die Anforderungen an das Bestehen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses im Rahmen der Fallgruppe des Behinderungsverbots nicht hoch […]. Es genügt, dass die Beteiligten durch die konkret zu beanstandende Handlung miteinander in einen Wettbewerb treten, wie das hier geschehen ist. Beim Behinderungswettbewerb liegt ein konkretes Wettbewerbsverhältnis bereits vor, wenn die beeinträchtigende Handlung objektiv geeignet und darauf gerichtet ist, den Absatz des Handelnden zum Nachteil eines anderen Unternehmens zu fördern […]. Vor diesem Hintergrund kann auch ein Mitarbeiter eine Wettbewerbsbeziehung zu einem kritisierten Unternehmen begründen, wenn er dadurch seinen Arbeitgeber und mittelbar auch seine eigene Stellung als Dienstleister bei diesem Arbeitgeber fördert.

Konkrete Kunden- oder Rechtsbeziehung ist erforderlich

Anschließend führte der Senat aus, dass eine Bewertung mit einem von fünf möglichen Sternen ein herabsetzendes Werturteil i.S.d. § 4 Abs. 1 UWG sei. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sei eine konkrete Kunden- oder Rechtsbeziehung zwischen den Parteien erforderlich gewesen. Nur dann könne die Bewertung vom angesprochenen Verkehr eingeordnet werden und einen Wert bei der Meinungsbildung erlangen.

Eine Bewertung durch Vergabe eines von möglichen fünf Sternen in einem Internetdienst ist ein herabsetzendes Werturteil im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG. Das Landgericht hat in der Äußerung allerdings keine sachfremde Kritik gesehen, weil die Bewertung im Zusammenhang mit einem beruflichen Kontakt zwischen dem Beklagten und der Klägerin stünde. Dass eine konkrete Kunden- oder Rechtsbeziehung zwischen dem Beklagten und der Klägerin bestehe, sei nicht erforderlich. Dieser Wertung tritt der Senat nicht bei. Der vom Landgericht für ausreichend angesehene berufliche Kontakt wird weder offenbart noch ist er ersichtlich. Beides wäre aber erforderlich, damit die Bewertung vom angesprochenen Verkehr eingeordnet werden kann, also einen Wert bei der Meinungsbildung erlangt.

1-Stern-Bewertung ist ein herabsetzendes Werturteil

Die beanstandete Bewertung sei im Kern unwahr und daher pauschal herabsetzend. Bloße Sterne-Bewertungen unternehmerischer Leistungen würden vom angesprochenen Verkehr nicht als reine Meinungsäußerungen verstanden, sondern als subjektive Bewertung einer tatsächlich beanspruchten Leistung. Dass eine Leistung des Unternehmens bezogen wurde, sei gerade Aussagegehalt einer kommentarlosen Sterne-Bewertung. Pauschale Herabsetzungen, ohne Erläuterung konkreter Umstände seien daher als unzulässige unternehmerische Schmähkritik einzustufen, so das OLG.

Die Äußerung des Beklagten ist in ihrem tatsächlichen Kern unwahr und daher pauschal herabsetzend. Sterne-Bewertungen unternehmerischer Leistungen auf Google-Profilen werden vom angesprochenen Verkehr nicht als reine Meinungsäußerung verstanden, sondern als persönliche Bewertung einer tatsächlich in Anspruch genommenen Dienstleistung […]. Insoweit enthalten solche Bewertungen einen Tatsachenkern, an den die subjektive Bewertung anknüpft. Eine pauschale Herabsetzung, die mangels Mitteilung der konkreten Umstände, auf die sich die herabsetzende Äußerung bezieht, diesen sachlichen Bezug nicht erkennen lässt, erschöpft sich in der Herabsetzung und ist daher unzulässige unternehmerische Schmähkritik […].

Verständnis des angesprochenen Verkehrs ist maßgeblich

Daran anknüpfend befand das Gericht, dass der berufliche Kontakt keine erkennbare Grundlage der Bewertung gewesen sei. Insbesondere seien nicht die Dienstleistungen, sondern Umstände bewertet worden, die nichts mit den Produkten der Klägerin zu tun gehabt hätten.

Zwar gab es einen beruflichen Kontakt, dieser Kontakt war aber gerade keine erkennbare Grundlage der Bewertung und auch der Verkehr würde nicht erkennen können, dass vorliegend nicht die Dienstleistungen des Bewerteten, sondern Umstände bewertet wurden, die mit den Produkten des Bewerteten nichts zu tun haben. Weder hat der Beklagte Dienstleistungen der Klägerin selbst genutzt noch war seine Bewertung im Internet Grundlage für die Bewertung von Dienstleistungen oder Waren der Klägerin. Auch soweit der Beklagte angibt, seine Bewertung habe sich nicht nur auf das Verhalten von Mitarbeitern der Klägerin anlässlich der von ihm abgehaltenen Veranstaltung, sondern auch auf den nachfolgenden, vom Beklagten als aggressiv wahrgenommenen Kommunikationsverkehr bezogen, führt dies nicht dazu, dass die Bewertung zulässig wird. Die Zusammenhänge, auf die der Beklagte verweist, werden für den angesprochenen Verkehr nicht deutlich, sie werden insbesondere nicht mitgeteilt.

Fazit

Das OLG Köln stellt mit seinem Urteil nochmals klar, dass der angesprochene Verkehr bei einer bloßen 1-Stern-Bewertung ohne jeden Kontext davon ausgeht, dass zumindest eine Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien bestanden habe. Fehlt es an einer solchen Beziehung, sind kommentarlose 1-Stern-Bewertungen ohne erläuternde Zusätze durch den Bewertenden grundsätzlich als herabsetzendes Werturteil anzusehen.

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