Preisvergleiche gehören zu den beliebtesten Verkaufsförderungsmaßnahmen. Hierbei müssen jedoch einige Punkte beachtet werden. Das LG München I entschied nun (Urt. v.10.10.2022 – 42 O 9140/22), dass die Werbung mit Streichpreisen und Rabattkästchen irreführend sei, wenn sich deren Bezugsgröße nicht eindeutig ergebe. Außerdem sei bei Preisermäßigungen der niedrigste Gesamtpreis anzugeben, den der Unternehmer innerhalb der letzten 30 Tagen von Verbrauchern verlangt habe.

Die Verfügungsbeklagte betreibt eine Vergleichs- und Verkaufsplattform. Über diese Plattform konnten Verbraucher zu den Angeboten von Drittanbietern gelangen; die Verfügungsbeklagte vertrieb über ihre Internetseite aber auch selbst Markenparfums im Wege des Direktverkaufs. In einer Galerieansicht wurden die verschiedenen Parfums, die sowohl von Drittanbietern als auch der Verfügungsbeklagten selbst zum Kauf angeboten wurden, in einer Übersicht dargestellt. Sofern ein Webseitenbesucher auf ein konkretes Produkt klickte, gelang er auf die jeweilige Produktdetailseite. Soweit er ein Produkt direkt bei der Verfügungsbeklagten kaufen wollte, wurde er zu einer Bestellübersicht geleitet. Die Plattform bewarb sämtliche Markenparfums in ihrer Galerieansicht und ihren Produktdetailseiten mit Preisersparnissen, indem sie den jeweiligen Angeboten den Gesamtpreis einem höheren durchgestrichenen Preis gegenüberstellte (sog. Streichpreis) und daneben die prozentuale Preisersparnis mit einem rot hervorgehobenen Rabatt-Kästchen auswies (sog. Rabatt-Kästchen). Bei der Bestellübersicht im Rahmen des Direktverkaufs zeigte die Plattform ebenfalls Streichpreise an. Die dargestellte Ersparnis sowohl bei den Streichpreisen als auch bei den Rabattkästchen berechnete sich aus dem Unterschied zwischen dem günstigsten und dem teuersten gelisteten Angebot auf der Plattform, unabhängig davon, von welchem Händler die Ware angeboten wurde.

Die Verfügungsklägerin mahnte die Verfügungsbeklagte ab und verlangte Unterlassung. Dabei vertrat sie die Ansicht, dass Verbraucher die durchgestrichenen Preise dahingehend verstehen würden, dass es sich um einen zuvor geforderten höheren Preis handele. Dieser Eindruck sei aber falsch, da sich die Streichpreis- und Rabatt-Werbung jeweils auf eine für den Verbraucher nicht erkennbare Größe beziehe.

Das LG München I folgte der Rechtsauffassung der Verfügungsklägerin und sah in der konkreten Preiswerbung eine Irreführung der Verbraucher und damit einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.

Preiswerbung beinhaltet hohes Irreführungspotenzial

Zunächst stellte das Gericht klar, dass die Werbung mit einer Preisherabsetzung ein hohes Irreführungspotential beinhalte, da der Eindruck vermittelt werde, es handele sich um ein besonders günstiges Angebot. Grundsätzlich bedürfe es bei einem Streichpreis, der sich auf den vorherigen, höheren Preis beziehe, keiner gesonderten Erklärung, wenn der Verbraucher dies eindeutig erkennen könne. Anders liege hingegen der Fall, wenn ein Preisvergleich beispielsweise mit einer UVP erfolge. Dies bedürfe regelmäßig einer näheren Erklärung. Im vorliegenden Fall ginge der durchschnittliche Verbraucher jedoch von einer Preisreduzierung des vorherigen Preises der Verfügungsbeklagten aus.

Dabei ist die Bewerbung von Produkten mit Streichpreisen im Internethandel nicht schon allein deshalb irreführend im Sinne des § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG und daher wettbewerbswidrig, weil der Werbende nicht durch einen gesonderten Hinweis klarstellt, um welchen Preis es sich handelt. Soweit sich für die maßgeblichen Verbraucher eindeutig ergibt, dass es sich um einen früheren Preis des Werbenden oder bei Einstandspreisen um den zukünftig verlangten Preis handelt, ist dies nicht zu beanstanden […]. Anders indessen liegt der Fall, wenn der Preisvergleich dagegen mit einem anderen als dem vom Werbenden zuvor verlangten Preis erfolgen soll, etwa mit einer unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers oder dem Preis eines Wettbewerbers. In diesen Fällen liegt es fern, dass dieser Vergleichspreis ohne weitere Erläuterungen nur durchgestrichen wird. Die Preisgünstigkeit des Angebots des Werbenden soll sich in diesem Fall aus dem Vergleich mit einem anderen, weiterhin gültigen Preis ergeben, der regelmäßig näher erklärt werden muss […]. Andernfalls ist die Bezugsgröße unklar und es besteht die Gefahr, dass der Durchschnittsverbraucher seiner Kaufentscheidung eine irrige Annahme über die Bezugsgröße zugrunde legt. Die Werbung mit einer Preisherabsetzung hat ein hohes Irreführungspotenzial, da der Eindruck vermittelt wird, es handele sich um ein besonders günstiges Angebot […]. Ein solches liegt aber nur bei einer konkreten Preisherabsetzung durch denselben Händler vor. Bei der streitgegenständlichen Kennzeichnung der Parfumpreise fassen die angesprochenen Verkehrskreise, zu denen auch die Mitglieder der erkennenden Kammer als durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher gehören, die diese entsprechend der üblichen Praxis als eine von der Verfügungsbeklagten selbst vorgenommenen Reduzierung auf.

Irreführung durch fehlende Bezugsgröße

Anschließend führten die Richter aus, dass die Darstellung der Streichpreise in der Galerieansicht bereits deshalb irreführend sei, da es an einer eindeutigen Bezugsgröße fehle. Denn bei der Gegenüberstellung von Streichpreisen müsse sich klar und deutlich ergeben, worum es sich bei dem durchgestrichenen Preis handele. Dem stehe auch nicht entgegen, dass sich ein Verbraucher auf einer Vergleichsplattform befinde, denn die Referenz für die Streichpreise sei auch hier unklar. Der Bezug auf die Preisspanne zwischen dem aktuell günstigsten und dem teuersten Angebot auf der Plattform als Grundlage für die Preiswerbung sei außerdem irreführend, da sie einen für den Verbraucher vollkommen hypothetischen Vergleich ziehe.

Werden Preise für ein Angebot durchgestrichenen Preisen gegenübergestellt, muss sich aus der Werbung klar und deutlich ergeben, worum es sich bei dem durchgestrichenen Preis handelt (BGH WRP 2011, 1587, Rn. 22 – Original Kanchipur; BGH GRUR 2016, 521 Rn. 9 – Durchgestrichener Preis II). Ein in Bezug genommener Preis darf nicht mehrdeutig sein (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 40. Aufl. 2022, UWG § 5 Rn. 3.92). Andernfalls fehlt die gebotene Transparenz und den Verbrauchern werden für die Kaufentscheidung wichtige Informationen vorenthalten. […] Unstreitig bezieht sich der Streichpreis auf das das teuerste Angebot auf der Seite der Verfügungsbeklagten und der rot hervorgehobene Preis auf das günstigste Angebot auf der Seite der Verfügungsbeklagten, unabhängig davon, von welchem Händler diese Angebote getätigt werden. Eine erforderliche weitere Erklärung fehlt hinsichtlich des Streichpreises gänzlich. Allein aus diesem Grund ist die Irreführung gemäß § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG zu bejahen. […] Denn auch unter Zugrundelegung der Annahme, dass der Verbraucher weiß, dass er sich auf einer Vergleichsplattform befindet, ist die Referenz für die Streichpreise unklar. Dass die Verfügungsbeklagte mit ihrer Werbung auf den höchsten Verkaufspreis der aktuell für dieses Produkt auf der Plattform vorhandenen Händlerangebote Bezug nimmt, ist für den Verbraucher weder erkennbar noch erwartbar. Der Bezug auf die Preisspanne zwischen dem aktuell günstigsten und dem teuersten Angebot auf der Plattform als Grundlage für die Rabatt- und Streichpreis-Werbung ist im Übrigen auch irreführend, weil sie einen für den Verbraucher vollkommen hypothetischen Vergleich zieht. Denn, wie die Verfügungsklägerin nachvollziehbar vorträgt, wäre bei Wegfall des günstigsten Angebots gerade nicht die logische Folge, dass der Verbraucher dann das teuerste Angebot wahrnehmen würde und müsste, sondern das zweit- oder drittgünstigste.

Diese Grundsätze gelten ebenfalls für die Rabatt-Kästchen, so das Gericht.

Täuschung ist geeignet, die Kaufentscheidung zu beeinflussen

Daran anknüpfend führte das Gericht aus, dass die Täuschung geeignet sei, die Kaufentschließung der Verbraucher zu beeinflussen. Es liege unter Berücksichtigung der allgemeinen Lebenserfahrung nahe, dass die irrige Preisvorstellung Verbraucher anlocken und zum Kauf veranlassen würde.

Die Täuschung ist geeignet, die Entschließung der Verbraucher zu beeinflussen. Nach der Lebenserfahrung liegt es nahe, dass die erzeugte Fehlvorstellung für einen nicht unbeachtlichen Teil des angesprochenen Verkehrs von Bedeutung ist. Die irrige Vorstellung, ein Produkt zu einem im Verhältnis zum früheren Referenzpreis niedrigeren Preis erwerben zu können, ist geeignet, die angesprochenen Verbraucher anzulocken und gegebenenfalls zu dessen Erwerb bei der Verfügungsbeklagte zu veranlassen (OLG München GRUR-RR 2019, 129, Rn. 43).

Preiswerbung verstößt auch gegen § 11 PangV

Außerdem verstoßen die verwendeten Streichpreise in der Bestellübersicht im Rahmen des Direktverkaufs gegen § 11 Abs. 1 PangV. Diese Vorschrift gilt seit dem 28.5.2022 und wurde im Rahmen der Umsetzung der ModernisierungsRL eingeführt. Danach hat derjenige, der zur Angabe eines Gesamtpreises verpflichtet ist, grundsätzlich den niedrigsten Gesamtpreis anzugeben, den er innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung verlangt hat. Die Verfügungsbeklagte habe entgegen der gesetzlichen Vorgabe bei Angabe der Preisermäßigung nicht auf den niedrigsten Gesamtpreis abgestellt, den sie selbst innerhalb der letzten 30 Tage vor der Preisermäßigung angewendet habe, sondern nehme auf den teuersten auf der Plattform ermittelbaren Verkaufspreis Bezug. Auf Preise von anderen auf der Webseite der Verfügungsbeklagten gelisteten Händlern dürfe jedoch nicht abgestellt werden. Vor diesem Hintergrund liege ein Wettbewerbsverstoß i.S.d. § 3a UWG vor, so das Gericht.

Entgegen der Vorschrift bezieht sich der Streichpreis bei der Darstellung der Verkaufsangebote mit Streichpreisen […] nicht auf den günstigsten von der Antragsgegnerin angewandten Preis innerhalb der letzten 30 Tage. In Bezug genommen ist stattdessen eine völlig andere Größe, nämlich der Verkaufspreis des teuersten Angebotes auf der Plattform  für das konkrete Produkt. Der Verstoß gegen § 11 Abs. 1 PangV ist unlauter im Sinne des § 3a UWG, da er geeignet ist die Interessen von Verbrauchern und Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Im streitgegenständlichen Fall ist der Verstoß geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen – den Kauf eines durch die Verfügungsbeklagte vertriebenen Markenparfums – die er andernfalls möglicherweise nicht getroffen hätte. Die streitgegenständliche Streichpreiswerbung verhindert, die Vor- und Nachteile seiner geschäftlichen Entscheidung zu erkennen, abzuwägen und eine „effektive Wahl“ zu treffen (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 40. Aufl. 2022, UWG § 3a Rn. 1.103). Die Interessen der Mitbewerber sind ebenfalls spürbar beeinträchtigt, da sich die Verfügungsbeklagte durch den Verstoß gegen § 11 Abs. 1 PangV einen nicht unerheblichen Wettbewerbsvorsteil verschaffen kann (Köhler/Bornkamm, Feddersen/Köhler, 40. Aufl. 2022, UWG § 3a Rn. 1.100).

Fazit

Rabattwerbung ist immer wieder Gegenstand von Abmahnungen, sodass hier besondere Vorsicht geboten ist. Das LG München I stellt noch einmal klar, welche Anforderungen an die Werbung mit Rabatten, insbesondere an Streichpreise, zu stellen sind. Neben der Erkennbarkeit einer eindeutigen Bezugseinheit müssen insbesondere Anforderungen der PangV beachtet werden. Das Gericht spricht ebenfalls den seit dem 28.5.2022 geltenden § 11 PAngV an. Welche Anforderungen die am 28.5.2022 in Kraft getretene Preisangabenverordnung an die Werbung mit Preisermäßigungen stellt, erfahren Sie hier.

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