Wird ein Schuldner zur Unterlassung bestimmter Werbeaussagen verurteilt, darf er diese nicht mehr vornehmen. Wirbt er erneut mit der beanstandeten Werbeaussage, kann der Gläubiger bei Gericht die Verhängung eines Ordnungsgeldes beantragen. Das OLG Düsseldorf (Beschl. v. 24.1.2022 – 20 W 4/22) entschied nun, dass ein schuldhafter Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung auch bei dynamischen Anzeigen vorliege, bei der die zu unterlassene Werbeaussage in Form einer Überschrift automatisch von Google generiert wird.

Der Schuldnerin wurde es im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung von Ordnungsmitteln gerichtlich untersagt, geschäftlich mit einem Testergebnis der Stiftung Warentest für eine Matratze zu werben und/oder werben zu lassen, ohne die Fundstelle anzugeben. Im Dezember 2020 warb die Schuldnerin jedoch erneut mit dem Testergebnis der Stiftung Warentest bei Google Ads, ohne die Fundstelle anzugeben. Auf Antrag der Gläubigerin hat das Landgericht Düsseldorf sodann gegen die Schuldnerin wegen Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000,- € festgesetzt. Hiergegen legte die Schuldnerin sofortige Beschwerde beim LG Düsseldorf ein. Sie vertrat die Auffassung, dass es sich bei der Anzeige um eine dynamische Anzeige handele, bei der zwar der Anzeigentext von ihr vorgegeben, die Überschrift aber automatisch von Google aus ihrer Webseite generiert und nicht von ihr veranlasst worden sei. Ein Verschulden treffe sie daher nicht.

Das zuständige LG Düsseldorf hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt.

Schuldhafte Zuwiderhandlung gegen Unterlassungsverpflichtung

Zunächst führte das Gericht aus, das LG Düsseldorf habe zurecht auf Antrag der Gläubigerin ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000,- € wegen Zuwiderhandlung der Schuldnerin gegen das ihr obliegende Unterlassungsgebot festgesetzt. Die Festsetzung des Ordnungsgeldes setze grundsätzlich ein Verschulden des Schuldners voraus, ein solches liege hier vor. Die Schuldnerin könne nicht mit ihrem Einwand, dass es sich um eine dynamische Anzeige, bei der zwar der Anzeigetext von ihr, die Überschrift jedoch automatisch von Google aus ihrer Webseite generiert und nicht von ihr veranlasst worden sei, durchdringen. Denn wer sich derartiger Werbeformen bediene, müsse auch sicherstellen, dass „automatisierte“ Verstöße nicht begangen werden könnten. Auch sei es vorhersehbar gewesen, dass ein Verstoß bei dynamischen Anzeigen begangen werde. Denn jedenfalls sei das mit dynamischen Anzeigen verbundene Risiko vorhersehbar.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze handelte die Schuldnerin schuldhaft. Ohne Erfolg wendet sie ein, bei der verfahrensgegenständlichen Anzeige handele es sich um eine dynamische Anzeige, bei der zwar der Anzeigentext von ihr vorgegeben, aber die Überschrift automatisch von Google aus ihrer Webseite generiert und nicht von ihr veranlasst worden sei. Hierzu hat das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss ausgeführt, wer sich derartiger Werbeformen bediene, müsse sicherstellen, dass auch gleichsam „automatisierte“ Verstöße gegen gerichtliche Verbote nicht begangen werde können. Dem ist zuzustimmen. Der Schuldnerin ist vorzuwerfen, dass sie es unterlassen hat, entsprechende Anstrengungen zu unternehmen und deren Erfolg zu kontrollieren. So ist sie jedweden Vortrag dazu schuldig geblieben, welche Maßnahmen ergriffen und welche Weisungen an die mit der Online-Werbung befassten Mitarbeiter erteilt wurden, um sicherzustellen, dass eine Werbung, wie sie mit der Unterlassungsverfügung verboten worden war, nicht mehr erfolgt. Dies gilt jedenfalls deshalb, weil der Schuldnerin das Problem […] bekannt war. Soweit sie geltend macht, von ihren zuständigen Mitarbeitern sei nicht vorhergesehen worden, dass in einem automatisierten Verfahren Fehler passierten, vermag sie dies vom Fahrlässigkeitsvorwurf nicht zu entlasten. Das mit dynamischen Anzeigen verbundene Risiko, welches sich vorliegend verwirklicht hat, ist jedenfalls vorhersehbar. Aus welchem Grund für den Streitfall etwas anderes gelten sollte, legt die Schuldnerin nicht dar. Nähere Darlegungen zur Frage der Vorhersehbarkeit wären vorliegend schon deshalb erforderlich gewesen, weil die Schuldnerin ausschließlich im Online-Vertrieb tätig ist. Nach der allgemeinen Lebenserfahren ist daher davon auszugehen ist, dass sie, was Werbemaßnahmen im Internet betrifft, hinreichend professionell aufgestellt ist. Angesichts dessen reicht es nicht aus, wenn die Schuldnerin pauschal behauptet, dieses Risiko sei nicht bekannt gewesen.

Antrag auf Ordnungsgeld nicht rechtsmissbräuchlich

Außerdem könne die Schuldnerin nicht mit Erfolg geltend machen, dass die gerichtliche Verfolgung seitens der Gläubigerin rechtsmissbräuchlich sei und daher kein Ordnungsmittel zu verhängen sei. Rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig sei die Ausübung solcher Befugnisse, wenn sie nicht den gesetzlich vorgesehenen, sondern anderen, nicht notwendig unerlaubten, aber funktionsfremden und rechtlich zu missbilligenden Zwecken diene. Diese Grundsätze berücksichtigend könne vorliegend jedoch kein Rechtsmissbrauch festgestellt werden. Zwar habe die Gläubigerin nicht nur einen Ordnungsmittelantrag beim LG Düsseldorf , sondern auch einen erneuten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim LG Berlin gestellt, allerdings sei diese Frage ausschließlich innerhalb des neuen Verfahrens durch das LG Berlin zu beantworten.

In Anwendung dieser Grundätze ist hier die Einleitung des Ordnungsmittelverfahrens nicht als missbräuchlich anzusehen. Es ist nicht feststellbar, dass die Gläubigerin Befugnisse ausgeübt hat, die nicht den gesetzlich vorgesehenen, sondern anderen und rechtlich zu missbilligenden Zwecken dient. Die Schuldnerin knüpft den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs daran, dass die Gläubigerin wegen der hier verfahrensgegenständlichen Anzeige nicht nur einen Ordnungsmittelantrag, sondern zudem einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Landgericht Berlin gestellt hat. Damit dringt sie nicht durch. Die Frage, ob trotz eines vorhandenen Unterlassungstitels der Gläubiger einen erneuten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellen darf, ist eine Frage des Rechtsschutzbedürfnisses; sie betrifft allein das Erkenntnisverfahren und ist dort zu klären […]. Darauf hat bereits das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss hingewiesen. Soweit die Schuldnerin hiergegen vorbringt, gerade die Doppelinanspruchnahme begründe das besondere Schädigungselement, verhilft dies nicht zum Erfolg […].

Höhe des Ordnungsgeldes nicht zu beanstanden

Ferner sei die Höhe des Ordnungsgeldes nicht zu beanstanden. Die Verhängung eines Ordnungsgeldes verfolge den Zweck der Verhinderung künftiger Zuwiderhandlungen sowie der Sanktion für die Übertretung des gerichtlichen Verbots. Bei der Bemessung sei das Verhalten des Schuldners von Relevanz. Zu berücksichtigen seien Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad sowie der Vorteil des Verletzers aus der Verletzungshandlung und die Gefährlichkeit für den Verletzten. Zwar treffe die Schuldnerin in diesem Fall nur der Vorwurf, fahrlässig gehandelt zu haben; gleichwohl sei aber zu ihren Lasten zu berücksichtigen, dass sie mit der verfahrensgegenständlichen Anzeige über Google und die entsprechende Suchfunktion einen großen Wirkungsgrad erzielt habe.

Ordnungsmittel sind im Hinblick auf ihren Zweck zu bemessen […]. Die Ordnungsmittel des § 890 ZPO haben einen doppelten Zweck. Als zivilrechtliche Beugemaßnahme dienen sie – präventiv – der Verhinderung künftiger Zuwiderhandlungen. Daneben stellen sie – repressiv – eine strafähnliche Sanktion für die Übertretung des gerichtlichen Verbots dar […]. Dieser doppelte Zweck erfordert es, die Bemessung der Ordnungsmittel jedenfalls in erster Linie im Blick auf den Schuldner und dessen Verhalten vorzunehmen. Zu berücksichtigen sind insbesondere Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad, der Vorteil des Verletzers aus der Verletzungshandlung und die Gefährlichkeit der begangenen und möglicher künftiger Verletzungshandlungen für den Verletzten […].Diese Grundsätze hat das Landgericht vollständig beachtet. Auch der Senat hält im Streitfall die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 10.000,- € für angemessen und ausreichend. Eine Herabsetzung kommt nicht in Betracht. Die Schuldnerin trifft zwar nur der Vorwurf fahrlässigen Handelns, gleichwohl ist zu ihren Lasten zu berücksichtigen, dass sie mit der verfahrensgegenständlichen Anzeige über Google und die entsprechende Suchfunktion einen großen Wirkungsgrad erzielt hat. Entgegen der von der Schuldnerin vertretenen Ansicht gab es auch keine „erste Bestrafung“ durch die Kostenbelastung infolge des vor dem Landgericht Berlin geführten einstweiligen Verfügungsverfahrens.

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