Wer mit Warentests wirbt, darf die Testergebnisse nur so verwenden, wie sie ausgefallen sind und ihnen keinen anderen Sinn zuschreiben. Das OLG Frankfurt a.M. entschied nun (Urt. v. 9.6.2022 – 6 U 12/22), dass es irreführend sei, mit einem Testsiegel der Stiftung Warentest zu werben und über dem Siegel den Zusatz „AUSGEZEICHNET“ auf einer goldenen Umrandung anzubringen, da dadurch ein Teil des angesprochenen Verkehrs davon ausgehen würde, es handle sich um eine weitere Auszeichnung des Produkts.

Beide Parteien sind Hersteller von Matratzen und vertreiben diese in ihren Online-Shops. Die Matratze „Emma Dynamic” der Antragsgegnerin erhielt bei einem Test der Stiftung Warentest die Note 2,2. Damit war sie die beste Matratze im Test. Die Antragsgegnerin bewarb ihre Matratze mit dem Testergebnis der Stiftung Warentest (Note 2,2). Das Testergebnis wurde von ihr zusätzlich mit einer goldenen Umrahmung und dem Schriftzug „AUSGEZEICHNET“ versehen. Die Antragstellerin hielt diese Werbung für irreführend und erhob Klage.

Das LG Frankfurt a.M. stufte die Werbung der Antragsgegnerin in der Vorinstanz als irreführend ein und verurteilte sie zur Unterlassung. Hiergegen legte die Antragsgegnerin Berufung ein.

„Ausgezeichnet“ wird Stiftung Warentest zugerechnet

Das Gericht führte aus, die Aussage „ausgezeichnet“ weise einen Benotungscharakter auf und werde von dem angesprochenen Verkehrskreis so aufgefasst, dass die Matratze mit einer weiteren Auszeichnung versehen worden sei. Zwar sei das Testsiegel der Stiftung Warentest grundsätzlich bekannt, allerdings habe ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs keine Kenntnis über die genaue Ausgestaltung des Testsiegels und wisse daher nicht, ob die goldene Umrandung Teils des Testsiegels sei oder nicht. Eine Irreführung des Verkehrs sei somit gegeben.

Der Verkehr wird die angegriffene Aussage so verstehen, dass die Aussage „ausgezeichnet“ der Stiftung Warentest zugerechnet wird und nicht eine eigene Aussage der Antragsgegnerin darstellt. Dabei kann dahinstehen, ob aufgrund der grafischen Gestaltung der Verkehr jede Aussage innerhalb der goldenen Umrahmung des Testsiegels der Stiftung Warentest zugerechnet wird; jedenfalls die einen Benotungscharakter aufweisende Bezeichnung „ausgezeichnet“ wird der Verkehr so auffassen, dass die Stiftung Warentest – über die klassische Benotung mit der Note 2,2 hinaus – die Matratze der Antragsgegnerin mit einer weiteren Auszeichnung versehen habe. Eine solche weitere Auszeichnung ist auch denkbar, wie etwa in Warentests übliche Etikettierungen wie z.B. „Preis-Leistungs-Sieger“ oder „Testsieger“ beweisen. Soweit die Antragsgegnerin vorgetragen hat, der Verkehr kenne das Test-Logo, sei daran gewöhnt, dass diese mit eigenen Werbeaussagen umgeben werden und werde diese daher nicht der Stiftung Warentest zuordnen, kann der Senat, der zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehört, dem nicht folgen. Zwar ist dem Verkehr das Testsiegel der Stiftung Warentest grundsätzlich bekannt. Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs keine Kenntnis über die genaue Ausgestaltung des Testsiegels und damit insbesondere über die Frage hat, ob die goldene Umrandung Teil des Testsiegels ist oder nicht.

Mouse-Over-Effekt zur Aufklärung ausreichend

In den übrigen Punkten hatte die Berufung der Antragsgegnerin allerdings Erfolg. U.a. nahm die Vorinstanz eine Irreführung an, da der Verkehr den Eindruck gewinnen könnte, dass sich die Werbung mit dem Testsieg auf alle Matratzen beziehe. Die Antragsgegnerin hatte auf ihrer Website mit der Aussage „Emma – Erneut Testsieger“ geworben. Dieser Aussage schloss sich ein erläuternder Text an, in dem durch ein als Fragezeichen hinter „Testsieg“ eingefügten Störer mittels Mouse-Over-Effekt über die Einzelheiten aufgeklärt wurde. Hierbei handle es sich entgegen der Ansicht der Vorinstanz um eine zulässige Blickfangwerbung, so das OLG Frankfurt.

In Fällen, in denen der Blickfang zwar nicht objektiv unrichtig ist, aber nur die halbe Wahrheit enthält, muss ein Stern oder ein anderes hinreichend deutliches Zeichen den Betrachter zu dem aufklärenden Hinweis führen. Im Übrigen hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, wie deutlich Störer und aufklärender Hinweis gestaltet sein müssen. Geht es um eine Werbung, die auch vom verständigen Verbraucher flüchtig wahrgenommen wird, muss der Betrachter durch einen Sternchenhinweis oder auf andere geeignete Weise ein Warnsignal erhalten, das ihm zeigt, dass der Blickfang nicht vorbehaltlos gilt.

Nach diesen Maßstäben liegt hier eine zulässige Blickfangwerbung vor. Die Antragsgegner hat unmittelbar hinter den Begriffen “Testsieg” einen nicht zu übersehenden Störer in Form eines Fragezeichens platziert, der auch technisch durch einen Mouse-Over-Effekt so ausgestaltet ist, dass der Verkehr ohne Probleme seine Auflösung wahrnehmen kann und durch die konkrete Ausgestaltung mit einem im Internet üblichen Fragezeichen sogar direkt darauf hingeführt wird. Er muss nicht umständlich in Fußnoten “wühlen”, sondern kann – ohne den gerade gelesenen Text zu verlassen – in unmittelbarem Kontext hierzu die ergänzenden Inforationen aufnehmen. Es handelt sich also um eine sehr effektive Störer-Auflösung. Es liegt auch kein Fall der dreisten Lüge vor, da die Aussage, dass jeweils ein Modell der Emma One-Schaumstoffmatratze und der Federkernmatratze objektiv Testsieger waren, nicht falsch ist.

Fazit

Die Werbung mit Testsiegeln ist regelmäßig Gegenstand von Abmahnungen und Klagen vor den Gerichten. Das Urteil des OLG Frankfurt a.M. verdeutlicht, dass bei der Bewertung einer irreführenden Werbung auf die Verkehrsauffassung des angesprochenen Publikums abgestellt wird. Es sollten dementsprechend keinerlei Veränderungen an Testsiegeln vorgenommen werden, die den Anschein erwecken könnten, dass weitere Auszeichnungen zu der Darstellung der Werbung geführt haben. Weitere Informationen zur Werbung mit Testergebnissen finden Sie hier.

Alexander Kirch/Shutterstock.com

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