Abmahnungen von rechtlichen Fehlern im Online-Shop sind ärgerlich und teuer. Dabei können sie häufig vermieden werden. An dieser Stelle informieren wir Sie monatlich über aktuelle Abmahnungen aus der Praxis, damit Sie nicht der Nächste sind.
Erfahrungsgemäß werden häufig immer wieder die gleichen Verstöße abgemahnt. Gerade bekannte Abmahner konzentrieren sich oft auf bestimmte Themen.
Im April und Mai mahnten die Kanzlei Sandhage (41 %), der VsW (4 %) und der Deutsche Konsumentenbund (4 %) wieder am häufigsten ab. 41 % der Abmahnungen entfielen auf eBay-Händler.
Seit Dezember hat uns keine Abmahnung des IDO erreicht. Wirtschaftsverbände dürfen seit dem 1.12.2021 nur noch abmahnen, wenn sie auf der Liste der sogenannten qualifizierten Wirtschaftsverbände beim Bundesamt für Justiz eingetragen sind. Diese Liste wurde veröffentlicht – der IDO hat es bislang nicht darauf geschafft. Ob das so bleibt oder ob er vielleicht in Kürze in einer „weiteren Runde“ doch noch eingetragen wird, bleibt abzuwarten. Die Liste wurde bereits mehrfach aktualisiert und erweitert. Zahlreiche Branchen wie z.B. die Automobilindustrie sind nicht vertreten, deshalb ist zu vermuten, dass sie noch erweitert wird.
Die fehlende Eintragung des IDO wirkt sich jedenfalls auch auf bereits abgegebene Unterlassungserklärungen aus. Wenn Sie dem IDO gegenüber eine Unterlassungserklärung abgegeben haben, kann diese nun gegebenenfalls gekündigt werden.
Auch die nach dem Inkrafttreten des Anti-Abmahngesetz geänderte Strategie des Abmahners Sandhage setzte sich fort, auch wenn er im letzten Monat etwas zurückhaltender war. Von ihm werden nun statt OS-Link und Vertragstextspeicherung andere Themen abgemahnt, insbesondere die fehlende Registrierung nach dem Verpackungsgesetz oder falsche MAterialkennzeichnungen. Weil es sich hier nicht um Informationspflichten-Verstöße, sondern Irreführungen handelt, können Mitbewerber weiterhin Abmahnkosten beanspruchen. Eine solche Verschiebung der Abmahngründe insgesamt hat auch unsere diesjährige Abmahnumfrage gezeigt.
Auf Platz eins lagen Markenrechtsverletzungen. Das Gesetz räumt dem Markeninhaber diverse Rechte und Ansprüche ein. Worauf Sie bei der Benutzung fremder Marken achten müssen, haben wir in diesem Beitrag für Sie zusammengefasst.
Auf Platz zwei lagen Verstöße bei der Kennzeichnung spezieller Produkte. Die meisten Abmahnungen ergingen im Lebensmittelrecht und hier besonders im Bereich der gesundheitsbezogenen Angaben. Die Werbung mit sog. Health Claims ist durch die EU streng reglementiert.
Abgemahnt wurden jedoch auch wieder irreführende Bezeichnungen wie „PU-Leder“ oder „Textilleder“. Mehrere Gerichte (z.B. OLG Bamberg, Urt. v. 21.3.2012 – 3 U 219/11) haben bereits entschieden, dass der Verkehr unter „Leder“ ein natürliches, durch Gerben von tierischen Häuten und Fellen hergestelltes Produkt verstehe.
Andere Verstöße betrafen das Arzneimittelgesetz (AMG).
Gleichauf mit Verstößen gegen die Produktkennzeichnung lagen Verstöße gegen das Verpackungsgesetz. Nach § 9 Abs. 1 VerpackG sind Hersteller verpflichtet, sich vor dem Inverkehrbringen von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen bei der Zentralen Stelle registrieren zu lassen. Vom Begriff des „Herstellers“ werden jedoch auch Online-Händler erfasst.
Nicht vergessen: Am 1.7.2022 tritt die Novelle des VerpackG mit neuen Pflichten in Kraft. U.a. dürfen elektronische Marktplätze nur noch Waren von Online-Händlern anbieten, wenn diese im Verpackungsregister LUCID registriert sind und einen Systembeteiligungsvertrag mit einem oder mehreren Systemen abgeschlossen haben.
Auf Platz vier lagen im April und Mai Urheberrechtsverstöße. Sofern Sie Produktfotos nicht selbst herstellen, sollten Sie stets darauf achten, dass Sie durch die Nutzung der Produktbilder keine Urheberrechtsverletzung begehen. Bei dem Produktbild kann es sich um ein sogenanntes Lichtbildwerk handeln, wenn eine gewisse Schöpfungshöhe erreicht ist. Jedes Foto ist allerdings ein Lichtbild i.S.v. § 72 UrhG. Im Ergebnis sind daher auch einfache Fotografien urheberrechtlich geschützt. Sie dürfen auch nicht etwaige Produktbilder eines Herstellers, die Sie auf dessen Internetseite finden, ohne die Erlaubnis des Herstellers verwenden.
An fünfter Stelle lag fehlerhafte Garantiewerbung. Der Verbraucher ist bereits vor Vertragsschluss über die Garantiebedingungen zu informieren. Diese Informationen können im Rahmen der Produktbeschreibung oder über einen sprechenden Link zur Verfügung gestellt werden. Zuletzt entschied das OLG Nürnberg, dass eine transparente Darstellung der Garantiebedingungen notwendig ist und entsprechende Links klar und eindeutig bezeichnet werden müssen.
Die bislang umstrittene Frage, ob auch über eine Herstellergarantie zu informieren ist, wenn diese gar nicht im Angebot des Unternehmers erwähnt wird, wurde nun auch vom EuGH entschieden. Eine entsprechende Informationspflicht bestehe nur, wenn der Unternehmer eine solche Herstellergarantie zu einem zentralen Merkmal seines Angebots macht. Das reine Bestehen einer Herstellergarantie oder ihre beiläufige Erwähnung genüge hierfür zunächst nicht.
Ebenfalls abgemahnt wurden fehlende Grundpreisangaben. Wenn Sie gegenüber Verbrauchern Produkte in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbieten, müssen Sie grundsätzlich Grundpreise angeben.
Nicht vergessen: Seit dem 28.5.2022 gilt die neue Preisangabenverordnung. Eingeführt wurden u.a. neben neuen Vorgaben für Preisermäßigungen auch neue Mengeneinheiten bei Grundpreisangaben. Es gelten keine Übergangsfristen.
Hinweis: Die Novelle der PAngV in Umsetzung der ModernisierungsRL ist nur ein Teil der umfangreichen Gesetzesänderungen, die dieses Jahr noch anstehen bzw. bereits in Kraft getreten sind. Seit dem 28.5.2022 gelten zudem umfangreiche Änderungen des UWG, u.a. mit neuen Informationspflichten hinsichtlich Bewertungen. Auch das BGB und das EGBGB wurden angepasst, u.a. wurden Anpassungen an der Muster-Widerrufsbelehrung und dem Muster-Widerrufsformular vorgenommen. Zudem sind angepasste Informationen bei Verträgen über Dienstleistungen und Verträgen über digitale Inhalte notwendig. Daneben gelten neue Informationspflichten. U.a. müssen Sie nun stets eine Telefonnummer angeben und neben der E-Mail-Adresse auch sonstige Kommunikationsmittel nennen, die Sie verwenden und die es Verbrauchern ermöglichen, die Korrespondenz mit Ihnen einschließlich des Datums und der Uhrzeit auf einem dauerhaften Datenträger zu speichern. Hiervon werden bspw. Messengerdienste erfasst.
Unser Tipp: Nutzen Sie für Ihre Widerrufsbelehrung und Ihr Impressum unseren kostenlosen Rechtstexter, der natürlich die neue Rechtslage berücksichtigt.
Zudem wurden die verschiedensten Irreführungen nach § 5 UWG abgemahnt. Für Händler, die Waren und Dienstleistungen auf dem Markt bewerben, gilt der Grundsatz, dass die Werbung wahren Tatsachen entsprechen muss.
Ein weiterer Abmahngrund war fehlerhafter Newsletterversand. Der Versand von E-Mails mit werblicher Ansprache ist grundsätzlich nur nach ausdrücklicher Einwilligung des Empfängers, z.B. mittels nicht-vorangekreuzter Opt-In-Checkbox, zulässig. Auch wenn der Empfänger eine ursprünglich erteilte Einwilligung widerrufen hat, steht dies einer nicht erteilten Einwilligung gleich. Die Beweislast für die Einwilligung trägt der Versender. Zum Nachweis ist das „Double Opt-In“-Verfahren geeignet. Ausnahmen vom Grundsatz der Einwilligung sind nur für Bestandskunden in den engen Grenzen des § 7 Abs. 3 UWG möglich
Unser Tipp: Nutzen Sie auch für Ihre Datenschutzerklärung unseren kostenlosen Rechtstexter.
Als Kunde unseres Abmahnschutzes sind Ihre Rechtstexte bereits abmahnsicher – hierfür übernehmen wir selbstverständlich die volle Haftung. Wenn durch neue Gesetze, Rechtsprechung oder Abmahnungen Änderungen an Ihren Texten notwendig sein sollten, benachrichtigen wir Sie hierüber umgehend per E-Mail. Kundinnen und Kunden unserer Legal Produkte finden in Ihrem Legal Account zudem umfangreiche Whitepaper, FAQ und Schulungen zu allen Gesetzesänderungen.
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