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EuGH: Bloßes Bestehen einer Herstellergarantie führt nicht zu Informationspflicht hierüber

Muss im Online-Shop über eine bestehende Herstellergarantie informiert werden, selbst wenn sie gar nicht im Angebot erwähnt wird? Der EuGH (Urt. v. 5.5.2022 – C-179/21) hat nun entschieden, dass eine entsprechende Informationspflicht nur bestehe, wenn der Unternehmer eine solche Herstellergarantie zu einem zentralen Merkmal seines Angebots macht. Das reine Bestehen einer Herstellergarantie oder ihre beiläufige Erwähnung genüge hierfür zunächst nicht.

Worum ging es in dem Verfahren?

Das OLG Hamm musste in einem Fall entscheiden, in dem die Beklagte über Amazon ein Taschenmesser anbot. Sie informierte in ihrem Angebot nicht über eine Garantie, verlinkte jedoch unter der Zwischenüberschrift „Weitere technische Informationen“ auf ein Produktinformationsblatt mit der Bezeichnung „Betriebsanleitung“ des Herstellers. Dieses enthielt am Ende einen Hinweis auf die sog. „Victorinox-Garantie“ mit folgendem Text: „Die Victorinox-Garantie erstreckt sich zeitlich unbeschränkt auf jeden Material- und Fabrikationsfehler (für Elektronik 2 Jahre). Schäden, die durch normalen Verschleiß oder durch unsachgemäßen Gebrauch entstehen, sind durch die Garantie nicht gedeckt.“ Weitere Informationen waren dort nicht enthalten und die Anforderungen, die an eine Garantieerklärung zu stellen sind, damit nicht erfüllt. Die Klägerin mahnte die Beklagte daraufhin ab und verlangte die Abgabe einer Unterlassungserklärung, dem die Beklagte nicht nachkam.

Das LG Bochum (Urteil vom 21.11.2018 – I-13 O 110/18) hatte in erster Instanz die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hin entschied das OLG Hamm, dass der Händler über den Inhalt und den Umfang der Garantie informieren müsse und hat die Beklagte zur Unterlassung verurteilt. Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte Revision eingelegt.

Der BGH hatte das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH drei Fragen zur Auslegung des Art. 6 Abs. 1 Buchst. m VRRL (Verbraucherrechterichtlinie; RL 2011/83/EU), auf den die deutsche Umsetzung zurückgeht, vorgelegt. Zunächst möchte das Gericht wissen, ob allein schon das Bestehen einer Herstellergarantie die entsprechende Informationspflicht auslöst. Falls dies nicht der Fall sein sollte, möchte der BGH beantwortet wissen, ob die Pflicht durch eine Erwähnung im Angebot des Unternehmers ausgelöst wird oder wenn die Erwähnung der Herstellergarantie für den Verbraucher ohne Weiteres erkennbar ist. Die dritte Vorlagefrage betrifft den Umfang der Information über die Garantie und ob diese Information dieselben Anforderungen erfüllen muss, die nach § 479 BGB an eine Garantieerklärung zu stellen sind, oder ob in diesem Fall weniger Informationen genügen.

Die Entscheidung des EuGH

Der EuGH entschied nun, dass ein Unternehmer, der eine nicht von ihm selbst hergestellte Ware anbietet, den Verbraucher über die Garantie des Herstellers informieren müsse, wenn er sie zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots macht. In einem solchen Fall habe der Verbraucher ein berechtigtes Interesse daran, Informationen über die Garantie zu erhalten. Für die Feststellung, ob die Garantie ein solches zentrales oder entscheidendes Merkmal darstellt, seien Inhalt und allgemeine Gestaltung des Angebots hinsichtlich der betroffenen Ware zu berücksichtigen sowie die Bedeutung der Erwähnung der gewerblichen Garantie des Herstellers als Verkaufs- oder Werbeargument, die Positionierung im Angebot, die Gefahr eines Irrtums oder einer Verwechslung hinsichtlich der unterschiedlichen Garantierechte, die der Verbraucher geltend machen kann, oder hinsichtlich der tatsächlichen Identität des Garantiegebers hervorgerufen werden könnte, das Vorliegen von Erläuterungen zu den weiteren mit der Ware verbundenen Garantien im Angebot und jeder weitere Gesichtspunkt, der ein objektives Schutzbedürfnis des Verbrauchers begründen kann.

Allein das Bestehen einer Herstellergarantie löse die Informationspflicht jedoch nicht aus.

Wenn jedoch eine entsprechende Informationspflicht bestehe, umfasse sie alle Informationen hinsichtlich der Bedingungen für die Anwendung und die Inanspruchnahme einer solchen Garantie, die dem Verbraucher seine Entscheidung darüber ermöglichen, ob er sich vertraglich an den Unternehmer binden möchte.

Wortlaut der VRRL nicht eindeutig

Zunächst stellt der EuGH fest, dass der Wortlaut der VRRL keine eindeutige Bestimmung der zulasse. Nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. m VRRL muss der Unternehmer „gegebenenfalls“ über das Bestehen gewerblicher Garantien informieren. Die Vorschrift könne sowohl so verstanden werden, dass über eigene gewerbliche Garantien als auch über vom Hersteller angebotene Garantien informiert werden müsse. Die Systematik der VRRL spreche allerdings dafür, dass der Unternehmer zumindest unter bestimmten Umständen dazu verpflichtet sei, den Verbraucher nicht nur über seine eigene Garantie, sondern auch über eine vom Hersteller angebotene Garantie zu informieren.

Zum Kontext von Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2011/83 ist erstens darauf hinzuweisen, dass der Begriff „gewerbliche Garantie“ in Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83 als „jede dem Verbraucher gegenüber … eingegangene Verpflichtung des Unternehmers oder eines Herstellers“ definiert wird. Daraus folgt, dass der Begriff „gewerbliche Garantie“ im Sinne der Richtlinie 2011/83 nicht nur die vom Unternehmer angebotenen, sondern auch die vom Hersteller angebotenen gewerblichen Garantien abdeckt. […]

Demnach nimmt der Ausdruck „oder eines Herstellers“ in Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83 auf eine Situation Bezug, in der Unternehmer und Hersteller nicht personenidentisch sind. Unter Berücksichtigung dessen, dass der Ausdruck „gewerbliche Garantie“ nur in Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie sowie in der entsprechenden Bestimmung verwendet wird, die in ihrem Art. 5 Abs. 1 Buchst. e für andere als Fernabsatzverträge oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge vorgesehen ist, kann dem Ausdruck „oder eines Herstellers“ nur dann ein Bedeutungsgehalt verbleiben, wenn der Unternehmer im Rahmen der in diesen beiden Bestimmungen genannten vorvertraglichen Informationspflicht zumindest unter bestimmten Umständen verpflichtet ist, dem Verbraucher nicht nur über seine eigene gewerbliche Garantie, sondern auch über die vom Hersteller gebotene Garantie Informationen zur Verfügung zu stellen.

Verbraucher benötigen alle wesentlichen Informationen

Wenn es sich bei dem Vertragsgegenstand um eine Ware handle, die nicht vom Händler hergestellt wurde, benötige der Verbraucher jedenfalls sämtliche für diese Ware bedeutsamen Informationen. Hiervon würden die wesentlichen Eigenschaften der Waren sowie grundsätzlich alle untrennbar mit der Ware verbundenen Garantien, auch die vom Hersteller angebotene gewerbliche Garantie, umfasst.

Die in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83 vorgesehene vorvertragliche Informationspflicht muss außerdem in einer Fallgestaltung, in der sich der Hauptgegenstand der vertraglichen Beziehung auf eine Ware bezieht, die von einer anderen Person als dem Unternehmer hergestellt wurde, sämtliche für diesen Gegenstand, d. h. die betreffende Ware, bedeutsamen Informationen abdecken, damit der Verbraucher im Einklang mit der in Rn. 26 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung entscheiden kann, ob er sich im Hinblick auf diesen Hauptgegenstand vertraglich an den Unternehmer binden möchte. Neben den ausdrücklich in Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2011/83 genannten „wesentlichen Eigenschaften der Waren“ umfassen derartige Informationen indessen grundsätzlich auch alle untrennbar mit der Ware verbundenen Garantien, zu denen auch die vom Hersteller angebotene gewerbliche Garantie gehört.

Unverhältnismäßige Belastung für Unternehmer

Der EuGH weist allerdings auch daraufhin, dass die Bereitstellung solcher Informationen über gewerbliche Garantien zwar einen hohen Verbraucherschutz bedeute, eine unbedingte Verpflichtung, solche Informationen stets zur Verfügung zu stellen, aber unverhältnismäßig erscheine und auch die unternehmerische Freiheit berücksichtigt werden müsse. Eine solche Verpflichtung würde Unternehmer nämlich dazu zwingen, die Informationen über eine solche Garantie mit erheblichem Aufwand zu sammeln und zu aktualisieren, obwohl zwischen ihnen und den Herstellern nicht notwendigerweise eine unmittelbare vertragliche Beziehung besteht.

Die Übermittlung an den Verbraucher von Informationen über die gewerbliche Herstellergarantie, die einen mit der Ware, die Gegenstand der in Betracht gezogenen vertraglichen Beziehung ist, untrennbar verbundenen Gesichtspunkt ausmacht, stellt in diesem Rahmen zwar ein hohes Verbraucherschutzniveau sicher. Eine unbedingte Verpflichtung, dem Verbraucher solche Informationen unter allen Umständen zur Verfügung zu stellen, erscheint aber insbesondere im wirtschaftlichen Kontext des Betriebs bestimmter Unternehmen unverhältnismäßig, namentlich in Bezug auf die kleinsten von ihnen (vgl. entsprechend Urteil vom 14. Mai 2020, EIS, C‑266/19, EU:C:2020:384, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung). Eine solche unbedingte Verpflichtung würde Unternehmer nämlich dazu zwingen, die Informationen über eine solche Garantie mit erheblichem Aufwand zu sammeln und zu aktualisieren, obgleich zwischen ihnen und den Herstellern nicht notwendigerweise eine unmittelbare vertragliche Beziehung besteht und wiewohl die gewerbliche Herstellergarantie grundsätzlich nicht Gegenstand des Vertrags ist, den sie mit dem Verbraucher abschließen möchten.

Information nur bei berechtigtem Interesse des Verbrauchers

Der EuGH kommt folglich im Rahmen der Abwägung zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveau und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu dem Ergebnis, dass der Unternehmer nur dann dazu verpflichtet sei, dem Verbraucher vorvertragliche Informationen über eine gewerbliche Garantie des Herstellers zur Verfügung zu stellen, wenn der Verbraucher ein berechtigtes Interesse am Erhalt dieser Informationen hat, um die Entscheidung treffen, ob er sich vertraglich an den Unternehmer binden möchte. Durch ein bloßes Bestehen einer Herstellergarantie werde diese Pflicht nicht ausgelöst.

Unter diesen Umständen muss die im vierten Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/83 thematisierte Abwägung zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveau und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu dem Befund führen, dass der Unternehmer nur dann verpflichtet ist, dem Verbraucher vorvertragliche Informationen über eine gewerbliche Garantie des Herstellers zur Verfügung zu stellen, wenn das berechtigte Interesse eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers an einem hohen Schutzniveau im Hinblick auf seine Entscheidung, eine vertragliche Bindung mit dem fraglichen Unternehmer einzugehen oder davon abzusehen, überwiegen muss.

Aus der in den Rn. 27 bis 41 des vorliegenden Urteils angestellten grammatikalischen, systematischen und teleologischen Analyse ergibt sich, dass die in Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2011/83 genannte vorvertragliche Informationspflicht dann sowohl die vom Unternehmer als auch die vom Hersteller angebotene gewerbliche Garantie umfasst, wenn der Verbraucher – wie aus Rn. 41 des vorliegenden Urteils hervorgeht – im Hinblick auf das in dieser Richtlinie genannte Schutzniveau ein berechtigtes Interesse daran hat, insoweit Informationen zu erhalten, um eine Entscheidung darüber treffen zu können, sich vertraglich an den Unternehmer zu binden. Folglich ist der Unternehmer nicht schon allein deshalb, weil diese Garantie besteht, sondern in Anbetracht dessen, dass ein solches berechtigtes Interesse vorliegt, verpflichtet, dem Verbraucher vorvertragliche Informationen über eine gewerbliche Garantie des Herstellers zur Verfügung zu stellen.

Wann hat der Verbraucher ein berechtigtes Interesse?

Ein berechtigtes Interesse der Verbraucher liege vor, wenn der Unternehmer die gewerbliche Garantie des Herstellers zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots macht, insbesondere, wenn er daraus ein Verkaufs- oder Werbeargument herleitet, um die Wettbewerbsfähigkeit oder die Attraktivität seines Angebots im Vergleich zu den Angeboten seiner Wettbewerber zu verbessern.

Insoweit ist das Vorliegen eines solchen berechtigten Interesses anzuerkennen, wenn der Unternehmer die vom Hersteller angebotene gewerbliche Garantie zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots macht.

Die in Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2011/83 genannte Informationspflicht kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn der Unternehmer die Aufmerksamkeit des Verbrauchers ausdrücklich auf das Bestehen einer gewerblichen Garantie des Herstellers lenkt, um daraus ein Verkaufs- oder Werbeargument herzuleiten und damit die Wettbewerbsfähigkeit oder die Attraktivität seines Angebots im Vergleich zu den Angeboten seiner Wettbewerber zu verbessern.

In einem solchen Fall benötige der Verbraucher vollständige Informationen hinsichtlich bestehender Garantien und die Informationspflicht stelle keine unverhältnismäßige Belastung für den Unternehmer dar, da er aus der Werbung einen Wettbewerbsvorteil ziehe.

Bloße Erwähnung der Garantie löst keine Informationspflicht aus

Zudem stellt der EuGH klar, dass eine bloße beiläufige Erwähnung einer Herstellergarantie im Angebot des Unternehmers keine entsprechende Informationspflicht auslöse. Für die Feststellung, ob der Unternehmer die Garantie zu einem zentralen Merkmal seines Angebots mache, seien u.a. der Inhalt und die allgemeine Gestaltung, die Bedeutung der Erwähnung als Verkaufs- und Werbeelement, die Positionierung im Angebot und die Gefahr einer möglichen Irreführung der Verbraucher zu berücksichtigen.

Erwähnt das Angebot des Unternehmers die gewerbliche Garantie des Herstellers hingegen beiläufig oder in belangloser oder vernachlässigbarer Weise, so dass sie im Hinblick auf Inhalt und Ausgestaltung des Angebots objektiv weder als Geschäftsargument angesehen werden noch einen Irrtum beim Verbraucher hervorrufen kann, so kann der Unternehmer nicht schon aufgrund dieser bloßen Erwähnung gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2011/81 verpflichtet sein, dem Verbraucher vorvertragliche Informationen über die Garantie zur Verfügung zu stellen.

Für die Feststellung, ob die gewerbliche Garantie des Herstellers ein zentrales oder entscheidendes Merkmal des Angebots des Unternehmers im Sinne von Rn. 44 des vorliegenden Urteils darstellt, sind Inhalt und allgemeine Gestaltung des Angebots hinsichtlich der betroffenen Ware zu berücksichtigen sowie die Bedeutung der Erwähnung der gewerblichen Garantie des Herstellers als Verkaufs- oder Werbeargument, die Positionierung der Erwähnung der Garantie im Angebot, die Gefahr eines Irrtums oder einer Verwechslung, die durch eine solche Erwähnung bei einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher hinsichtlich der unterschiedlichen Garantierechte, die er geltend machen kann, oder hinsichtlich der tatsächlichen Identität des Garantiegebers hervorgerufen werden könnte, das Vorliegen von Erläuterungen zu weiteren mit der Ware verbundenen Garantien im Angebot und jeder weitere Gesichtspunkt, der ein objektives Schutzbedürfnis des Verbrauchers begründen kann.

Kein zentrales Merkmal des Angebots im vorliegenden Fall

Im vorliegenden Fall sei die Information am Ende der verlinkten Betriebsanleitung unter der Rubrik „weitere technische Informationen“ verfügbar gewesen. Ebenso bestehe für die Verbraucher keine Irreführungsgefahr. Der Händler habe mit der Herstellergarantie nicht in nennenswertem Umfang geworben und sie damit nicht zu einem zentralen Merkmal seines Angebots gemacht.

Es ist insbesondere zunächst festzustellen, dass diese Garantie in dem Angebot nur beiläufig erwähnt wurde, nämlich auf der zweiten Seite eines Informationsblatts des Herstellers, auf die man vermittels eines mit „Betriebsanleitung“ bezeichneten Links unter der Rubrik „Weitere technische Informationen“ zugreifen konnte, wobei diese Begrifflichkeiten grundsätzlich auf vom Hersteller zur betreffenden Ware zur Verfügung gestellte Informationen hinweisen. Sodann ergab sich die Garantie gerade aus einem Informationsblatt, das nicht vom Unternehmer, sondern vom Hersteller erstellt worden war und in dem die Garantie ausdrücklich als eine Garantie des Letzteren bezeichnet wurde. Schließlich ist die Gefahr, dass beim Verbraucher ein Irrtum oder eine Verwechslung hinsichtlich der Art der Garantie und der tatsächlichen Identität des Garantiegebers hätte hervorgerufen werden können, umso mehr zu vernachlässigen, als an keiner Stelle des Angebots eine andere Garantie erwähnt wurde, die mit der vom Hersteller angebotenen konkurrieren würde.

Unter diesen Umständen kann die Erwähnung einer gewerblichen Garantie des Herstellers wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende unter Vorbehalt der vom vorlegenden Gericht durchzuführenden Prüfung nicht als ein zentrales oder entscheidendes Merkmal des Angebots des Unternehmers angesehen werden.

Umfang der Informationspflicht

Die dritte Vorlagefrage des BGH betraf den Umfang der Information über die Garantie und ob diese Information dieselben Anforderungen erfüllen muss, die nach § 479 BGB an eine Garantieerklärung zu stellen sind, oder ob in diesem Fall weniger Informationen genügen. Hierzu entschied der EuGH, dass der Unternehmer dem Verbraucher alle Informationen über die Bedingungen für die Anwendung und die Inanspruchnahme der betreffenden gewerblichen Garantie zur Verfügung zu stellen habe, um dem berechtigtem Interesse des Verbrauchers Rechnung zu tragen, ob er sich vertraglich an den Unternehmer binden möchte. Hierzu seien neben der Dauer und räumlichem Geltungsbereich unter Umständen auch Angaben zum Reparaturort bei Beschädigungen oder mögliche Beschränkungen der Garantie, der Name und die Anschrift des Garantiegebers notwendig.

Somit muss der Unternehmer in den Fällen, in denen er verpflichtet ist, dem Verbraucher vorvertragliche Informationen zur gewerblichen Garantie des Herstellers zur Verfügung zu stellen, gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2011/83 nur Informationen zum Bestehen und zu den Bedingungen dieser Garantie übermitteln, nicht aber zum gesamten Inhalt der Garantie. […]

Zu Art. 6 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 1999/44 ist festzustellen, dass notwendigerweise unter „Inhalt der Garantie“ und „wesentlichen Angaben …, die für die Inanspruchnahme der Garantie notwendig sind, insbesondere die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes“, die Bedingungen der gewerblichen Garantie im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2011/83 mit umfasst werden. Außerdem gehören „Name … und Anschrift des Garantiegebers“ zu den Bedingungen der Garantie, da je nach den Umständen Identität und geografische Verortung des Garantiegebers weitere relevante Informationen zu den Bedingungen der Garantie liefern.

Daher ist der Unternehmer gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2011/83 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 1999/44 verpflichtet, dem Verbraucher, um dessen in Rn. 53 des vorliegenden Urteils bestimmtem berechtigten Interesse Rechnung zu tragen, alle Informationen über die Bedingungen für die Anwendung und die Inanspruchnahme der betreffenden gewerblichen Garantie zur Verfügung zu stellen, was nicht nur – wie die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen ausführt – den Reparaturort bei Beschädigungen oder mögliche Beschränkungen der Garantie einschließen kann, sondern auch, wie in Rn. 61 des vorliegenden Urteils ausgeführt wurde, Namen und Anschrift des Garantiegebers.

Fazit

Die Entscheidung des EuGH zur Informationspflicht bei Herstellergarantien ist richtig und sorgt bei dieser umstrittenen Frage, ob bereits das bloße Bestehen einer Herstellergarantie eine Pflicht zur Information hierüber auslöst, für Rechtssicherheit. Eine solche Informationspflicht besteht nur, wenn der Unternehmer eine Herstellergarantie zu einem zentralen Merkmal seines Angebots macht. Das reine Bestehen einer Herstellergarantie oder ihre beiläufige Erwähnung genügt hierfür zunächst nicht. Zu begrüßen sind insbesondere auch die praktischen Erwägungen des Gerichts, welche Folgen eine entsprechende Informations- und Nachforschungspflicht für Onlinehändler bedeuten würde.

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