Bewertungen spielen im Internet eine große Rolle. Viele Verbraucher verlassen sich bei ihrer Kaufentscheidung auf die Erfahrungen anderer Kunden. Das LG Berlin (Urt. v. 23.9.2021 – 16 O 139/21) entschied nun, dass ein Onlineshop nicht mit fünf Sternen für Produkte werben darf, für die noch gar keine Bewertungen abgegeben wurden.

Die Beklagte verkauft über ihren Onlineshop Fahrräder und Fahrradzubehör. Bei der bemängelten Darstellung erschien zunächst auf der Kategorieseite eine Übersicht über die verfügbaren Fahrräder, die u.a. mit einer in gelben Farbe gehaltenen Sternebewertung vorgestellt werden. Vielfach waren fünf Sterne abgebildet. Beim Anklicken eines Angebots wurden auf der Produktseite ebenfalls fünf Sterne angezeigt, nun aber mit dem Zusatz „(0)“. Weiter unten auf der Seite befand sich eine Rubrik mit „Kundenbewertungen für […]“ mit der Information „Leider ist noch kein Eintrag vorhanden“, gefolgt von einem Button „Eine Bewertung schreiben“. Der Kläger, der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv), beanstandete diese Gestaltung als irreführend. Nachdem der vzbv die Beklagte erfolglos abgemahnt hat, klagte er vor dem LG Berlin auf Unterlassung.

Das LG Berlin entschied, dass dem vzbv der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zusteht. Die Beklagte täusche die Verbraucher über tatsächlich nicht abgegebene Kundenbewertungen.

Verbraucher geht von positiver Bewertung aus

Das Gericht stellte klar, dass der Verbraucher, der die fünf Sterne bei der Modellbezeichnung sehe, davon ausgehe, dass Kunden, die es bereits erworben haben, es entsprechend bewertet haben.

Der durchschnittlich aufmerksame und informierte Verbraucher versteht den Zusatz von fünf Sternen bei der Modellbezeichnung dahin, dass Kunden, die das Fahrrad bereits erworben haben, es als in jeder Hinsicht positiv beurteilen. Der Gebrauch von „Sternen“ analog zu der bekannten Hotelkategorisierung ist im Internet üblich und wird vom Publikum auch so verstanden. Tatsächlich wird der Interessent, der die Übersichtsseite aufruft, in seiner Erwartung enttäuscht, wenn überhaupt keine Kundenrezensionen vorliegen. Er wird dadurch zu einer geschäftlichen Entscheidung verleitet, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Das gilt nicht nur dann, wenn er das Fahrrad tatsächlich erwirbt, sondern schon dann, wenn er sich infolge des Irrtums weiter mit dem Angebot befasst, bspw. die Liste mit der Ausstattung des Fahrrades überprüft.

Hinweise auf der Produktseite nicht zur Aufklärung geeignet

Zwar wurde auf der Produktseite neben den Sternen der Zusatz „(0)“ angegeben. Dieser sei jedoch nicht dazu geeignet, den Irrtum des Verbrauchers über die vermeintliche 5-Sterne-Bewertung aufzuklären. Die Zahl sei so klein gehalten, dass sie leicht übersehen werden könne. Entsprechendes gelte für den Hinweis „Leider ist noch kein Eintrag vorhanden“.

Unabhängig davon wird der Irrtum des Verbrauchers durch die Gestaltung der Produktübersichtsseite aber auch nicht aufgeklärt. Es mag sein, dass eine in Klammern gesetzte Zahl hinter den Sternen vom Nutzer auf Hinweis auf die Anzahl der Kommentare verstanden wird. Es kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass der Interessent, der ein aus Kundensicht vermeintliches Spitzenprodukt aufruft, der Wiedergabe der Sterne auf der folgenden Seite überhaupt noch Aufmerksamkeit widmet; denn aus seiner Sicht hat er die gewünschte Information bereits auf der Übersichtsseite erhalten. Die Aufklärung eines bereits eingetretenen Irrtums erfordert darüber hinaus einen klaren und unmissverständlichen Hinweis, der zudem der irreführenden Angabe zugeordnet sein muss (Köhler/Bornkamm/Feddersen, 39. Aufl., Rn. 1.87 zu § 5). Diese Voraussetzung liegt nicht vor. Die hinter den Sternen angeordnete Zahl ist so klein gehalten, dass die Gefahr des Übersehenwerdens auf der Hand liegt. Dasselbe gilt für den Satz „Leider ist noch kein Eintrag vorhanden“, der in kleiner und dünner Schrift zwischen dem durch schwarzen Fettdruck hervorstechenden Begriff „Kundenbewertung für …“ und dem ebenfalls durch den schwarzen Untergrund blickfangartig hervorgehobenen Button förmlich „eingeklemmt“ ist.

r.classen/Shutterstock.com

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