Seit dem 2.12.2020 gilt das neue Anti-Abmahngesetz. Danach wird unter anderem nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 UWG der fliegende Gerichtsstand bei Verstößen eingeschränkt, die in Telemedien oder im elektronischen Geschäftsverkehr begangen werden. Das OLG Frankfurt (Beschl. v. 8.10.2021 – 6 W 83/21) entschied nun, dass diese Einschränkung nur bei Verstößen gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten gelte und nicht jedes unlautere Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien erfasst sei.
Die Parteien sind Wettbewerber und streiten um Wirkaussagen auf der Verpackung und im Internet hinsichtlich eines kosmetischen Mittels. Das LG Frankfurt a.M. hatte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung als unzulässig zurückgewiesen. Hiergegen richtete sich die sofortige Beschwerde der Antragsstellerin, der das LG nicht abgeholfen hat. Gleichzeitig rügte die Antragsgegnerin die Zuständigkeit des Gerichts.
Auch das OLG Frankfurt nimmt nun an, dass die Regelung einschränkend auszulegen sei und nicht jedes unlautere Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien erfasst sei. Damit liegt es auf einer Linie mit dem LG Düsseldorf, LG Frankfurt und dem LG Hamburg. Eine andere Ansicht vertritt hingegen das OLG Düsseldorf.
Im Gegenteil ist die Annahme des Landgerichts, die Einschränkung des „fliegenden“ Gerichtsstandes in § 14 Abs. 2 S. 3 UWG n.F. sei einschränkend auszulegen, eine in Literatur und Rechtsprechung stark vertretene, wenn nicht sogar die herrschende Meinung, der auch der Senat folgt (LG Düsseldorf, Beschluss vom 26.2.2021 - 38 O 19/21 = GRUR-RS 2021, 4044 Rn 3 ff. - Schutz vor doppelten Kosten; Wagner/Kefferpütz WRP 2021, 151 Rn 35 ff.; Lerach jurisPR-WettbR 3/2021 Nr. 5; a.A. OLG Düsseldorf WRP 2021, 513 Rn 19 ff. - Internetspezifische Kennzeichnungsvorschriften).
Die Einschränkung des fliegenden Gerichtsstand gelte nur bei Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten. Eine solche Auslegung entspreche dem Willen des Gesetzgebers , dem Sinn und Zweck der Regelung und folge aus dem systematischen Zusammenhang.
Die Einschränkung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG nimmt Rechtsstreitigkeiten wegen Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr und in Telemedien aus. Dies liegt auf einer Linie mit dem Ausschluss des Aufwendungsersatzanspruchs nach § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG und dem Vertragsstrafenausschluss nach § 13a Abs. 2 UWG. Genau aus diesem Grunde muss § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG auch in Übereinstimmung mit § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG in dem Sinne gelesen werden, dass die Einschränkung des Tatortgerichtsstands nur bei Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten gilt. Dies entspricht nicht nur dem erklärten Willen des Gesetzgebers, sondern folgt auch aus dem systematischen Zusammenhang mit §§ 13 Abs. 4 Nr. 1, 13a Abs. 2 UWG. Schließlich entspricht auch nur diese Auslegung dem Sinn und Zweck der genannten Regelungen, die allein Missbrauchsfälle erfassen sollen. Anderenfalls wäre der Tatortgerichtsstand auch in zahllosen „Normalfällen“ beseitigt, zumal heute Vertrieb und Werbung in den meisten Branchen nebeneinander analog und digital erfolgen.
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