Gem. Nr. 5 des Anhangs zum UWG liegt eine irreführende geschäftliche Handlung vor, wenn ein Unternehmer zum Kauf von Waren auffordert, ohne darüber aufzuklären, dass er hinreichende Gründe für die Annahme hat, nicht in der Lage zu sein, die Waren für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge bereitzustellen. Das LG Ingolstadt entschied nun (Urt. v. 15.6.2021 – 1 HK O 701/20), dass beworbene Waren eines Online-Shops während eines gesamten Aktionszeitraums verfügbar sein müssen. Im Falle einer drohenden Einschränkung sei ein entsprechender Hinweis dem Angebot beizufügen oder die Bewerbung einzustellen.

Der Sachverhalt

Die Beklagte bewarb in ihrem Online-Shop im Rahmen einer Verkaufsaktion sieben einzelne Produkte mit dem Inhalt „Das große S […] Jahresfinale 7 Tage – 7 Kracher“. Die jeweils noch verbleibende Zeit bis zum Ende der Aktion wurde dabei durch eine rückwärts laufende Uhr angegeben. Die entsprechende Werbung enthielt keinen Hinweis auf eine eventuell vorhandene zahlenmäßige Beschränkung der beworbenen Produkte. Um ein Produkt zu erwerben, gab es die Möglichkeit, sich die Ware zusenden zu lassen oder aber im stationären Handel abzuholen. Am letzten Tag der Aktion entschied sich ein Verbraucher dazu, eines der beworbenen Produkte zu erwerben. Allerdings konnte weder der Versand noch die Abholung ausgewählt werden, da das Produkt bereits ausverkauft war.

Anschließend mahnte die Klägerin, die Wettbewerbszentrale, die Beklagte ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewerten Unterlassungserklärung auf.

Sie vertrat die Auffassung, dass die Werbung irreführend sei. Die Beklagte habe die Werbung trotz fehlenden Warenvorrats fortgesetzt und damit eine Verfügbarkeit des beworbenen Sonderangebots suggeriert. Es bestehe die Gefahr, dass die Kundschaft durch Werbung angelockt würde und sich mangels Verfügbarkeit der beworbenen Ware mit deren sonstigem Angebot beschäftige.

Die Beklagte verweigerte jedoch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Innerhalb des Aktionszeitraums seien 6 der 7 beworbenen Produkten verfügbar gewesen. Demzufolge sei die Erwartung der Verbraucher nicht enttäuscht worden. Außerdem gehe aus diesem Umstand hervor, dass der Absatz der beworbenen Produkte hinreichend kalkuliert worden sei.

Das LG Ingolstadt folgte der Auffassung der Klägerin und entschied, dass der Verkehr erwarte, dass beworbene Produkte während des gesamten Aktionszeitraums dauerhaft verfügbar sein müssen. Sollten Gründe für die Annahme einer unzureichenden Bevorratung existieren, so treffen den Werbenden während des gesamten Aktionszeitraums Aufklärungspflichten über diesen Umstand.

Irreführende geschäftliche Handlung

Zunächst stellte das Gericht klar, dass gem. Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG eine irreführende geschäftliche Handlung vorliege, wenn ein Unternehmer zum Kauf von Waren auffordere, ohne über eine unzulängliche Warenbevorratung aufzuklären. Die begrenzte Warenverfügbarkeit stelle zudem eine wesentliche Information dar, die Verbrauchern nicht vorenthalten werden dürfe. Dies gelte auch für Internet-Angebote. Grund der Beanstandung sei nicht die Bevorratung, sondern die fehlende Aufklärung hierüber.

Gemäß Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG, der auch für Internet-Angebote gilt […], stellt es eine stets irreführende geschäftliche Handlung dar, wenn ein Unternehmer zum Kauf von Waren auffordert, ohne darüber aufzuklären, dass er hinreichende Gründe für die Annahme hat, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichwertige Waren für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge zu dem genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen. Nach dieser Regelung ist nicht die unzulässige Bevorratung der Ware, sondern die unzureichende Aufklärung über eine unzulängliche Bevorratung zu beanstanden. Wenn eine Ware nur begrenzt vorrätig ist, handelt es sich um eine wesentliche Information, die der Unternehmer Verbrauchern nicht vorenthalten darf. Klärt der Unternehmer nicht darüber auf, dass er hinreichende Gründe für die Annahme hat, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichartige Waren für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge zum genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zulassen, dann liegt eine Irreführung durch Unterlassen vor […].

Gesamteindruck der Werbung entscheidend

Ob die beanstandete Werbung irreführende Angaben enthalte, beurteile sich nach dem Gesamteindruck. Abzustellen sei auf das Verständnis eines durchschnittlichen Verbrauchers. Dieser gehe davon aus, dass die beworbene Ware während des gesamten Aktionszeitraums unverzüglich nach der Bestellung versandt werde.

Die Werbung der Beklagten für die von ihr angebotenen Produkte richtet sich an den Verbraucher. Demgemäß ist auf das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers abzustellen, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt[…].Bei der hier streitgegenständlichen Werbung für einen Versandhandel im Internet geht die Verbrauchererwartung dahin, dass die beworbene Ware während des gesamten Aktionszeitraums nach der Bestellung unverzüglich versandt werden kann […]. Diese Verbrauchererwartung korrespondiert mit der Verpflichtung des Anbieters, den Verbraucher so bald wie möglich zu informieren, wenn er hinreichende Gründe für die Annahme hat, dass er zeitlich oder mengenmäßig nicht in der Lage ist, die Verbrauchererwartung zu erfüllen.

Verkehr erwartet Verfügbarkeit der Ware

Anschließend führte das Gericht aus, dass aufgrund der Werbung erwartet werde, dass sämtliche Produkte während des gesamten Aktionszeitraums zur Verfügung stünden. Einerseits habe die Beklagte bei Angeboten im Internet die Möglichkeit, jederzeit Aktualisierungen vorzunehmen. Dieser Eindruck werde durch die rückwärtslaufende Uhr bestärkt, die den Zeitraum der Aktion symbolisiere und für den gesamten Zeitraum aufrechterhalten blieb. Andererseits werde die Verfügbarkeit durch die Benennung der Aktion als „7 Tage 7 Kracher“ bestätigt.

Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung erwartet der Verkehr von der streitgegenständlichen Werbung, dass sämtliche der dort genannten 7 Produkte über den gesamten Aktionszeitraum durchgehend zum Verkauf (und zur sofortigen Lieferung) zur Verfügung stehen. Nach Ansicht des Gerichts ergibt sich dies bereits aus der Tatsache, dass das Angebot im Internet ohne gegenständliche Beschränkung aufrechterhalten blieb, obwohl für die Beklagte – anders als bei Angeboten in der Printwerbung – die Möglichkeit einer jederzeitigen Aktualisierung bestand. Diese Wirkung wird nach Ansicht des Gerichts als Bestandteil des maßgeblichen Verbraucherkreises noch dadurch bestärkt, dass das Angebot mit einer rückwärtslaufenden Uhr versehen ist, die die Zeit symbolisiert, für die das Angebot (noch) aufrechterhalten bleibt. Der maßgebliche Verbraucherkreis rechnet – entgegen der Auffassung der Beklagten – auch nicht damit, dass ein einzelnes der beworbenen Produkte innerhalb des Aktionszeitraums nicht mehr zur Verfügung stehen könnte. Die Verfügbarkeit sämtlicher Produkte über den gesamten Zeitraum wird auch durch die Benennung der Aktion („7 Tage 7 Kracher“) bestätigt.

Bevorratung spricht für entsprechende Verbrauchererwartung

Außerdem vertrat das Gericht die Auffassung, dass die Beklagte selbst von einer entsprechenden Verbrauchererwartung ausgegangen sei, da die Bevorratung bei sechs von sieben Produkte während des gesamten Aktionszeitraums hinreichend kalkuliert worden sei.

Dass auch die Beklagte von einer entsprechenden Verbrauchererwartung ausgegangen ist, ergibt sich nach Auffassung des Gerichts daraus, dass diese für 6 der 7 Produkte eine Bevorratung vorgenommen hat, aufgrund derer diese Produkte über den gesamten Aktionszeitraum verfügbar waren.

Aufklärungsverpflichtung bei begrenztem Warenvorrat

Im Gegensatz zu einer Print-Werbung handle es sich bei der vorliegenden Internet-Werbung um eine Dauerhandlung, die Verbraucher während des gesamten Aktionszeitraums anlocke. Dies korrespondiere mit einer Aufklärungsverpflichtung, wenn hinreichende Gründe für die Annahme einer unzureichenden Bevorratung bestünden, so das Gericht.

Nach Auffassung des Gerichts trifft den Beklagten aufgrund der Art und der Dauer der von ihm gewählten Werbemaßnahme während des gesamten Aktionszeitraums die Verpflichtung, die Adressaten darüber aufzuklären, wenn er „hinreichende Gründe für die Annahme“ einer unzureichenden Bevorratung hat. Anders als bei Print-Werbung handelt es sich bei der streitgegenständlichen Internet-Werbung um eine Dauerhandlung, die über den gesamten Aktionszeitraum ihre Wirkung, Verbraucher anzulocken, um sie zum gleichzeitigen oder späteren Erwerb sonstiger Waren oder Dienstleistungen zu animieren, entfaltet. Diese korrespondiert damit mit einer Aufklärungsverpflichtung, die nicht auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung beschränkt ist, sondern zeitlich den gesamten Verlauf der Werbeaktion begleitet.

Aufklärungsverpflichtung keine unzumutbare Belastung

Ferner stelle die Aufklärungsverpflichtung während des Aktionszeitraums keine unzumutbare Belastung für die Beklagte dar. Die Gefahren von Lockangeboten gingen mit den aus der Internetwerbung erwachsenden Vorteilen einher. Im Interesse eines hohen Verbraucherschutzniveaus seien entsprechende Aufklärungspflichten aufzuerlegen. Geeignete Hinweise bzw. Zusätze würden dieser Pflicht genügen, so das Gericht.

Nach Auffassung des Gerichts ist die Beklagte hierdurch auch nicht unzumutbar belastet. Die der Beklagten erwachsenden Vorteile aus der Internetwerbung, die ständig aktualisiert werden kann […], gehen in der vorliegenden Gestaltung mit entsprechenden Gefahren im Hinblick auf „Lockangebote“ einher, die es gebieten, der Beklagten im Interesse eines hohen Verbraucherschutzniveaus entsprechende Aufklärungspflichten aufzuerlegen, denen durch geeignete Hinweise oder Zusätze nachgekommen werden kann. Inwieweit es darüber hinaus geboten ist, ein Angebot für eine nicht (mehr) lieferbare Ware aus dem Internet zu nehmen […] kann dahingestellt bleiben.

Fazit

Innerhalb eines Aktionszeitraums müssen beworbene Waren jederzeit verfügbar sein. Im Falle einer eingeschränkten Warenbevorratung ist dem Warenangebot unbedingt ein entsprechender Hinweis beizufügen, andernfalls drohen Abmahnungen. Sollten Gründe für die Annahme einer unzureichenden Bevorratung bestehen, müssen Sie über diesen Umstand aufklären. Weitergehende Informationen finden Sie in unserem Rechtstipp der Woche.

MIND AND I/Shutterstock.com

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