Der IDO nimmt Unternehmen, deren Interessen er nach seiner Satzung eigentlich fördern will, typischerweise nur als passive Mitglieder auf und schließt sie damit von der Willensbildung des Vereins aus. Dieser Umstand spreche für einen Rechtsmissbrauch, entschied nun das LG Potsdam (Urt. v. 23.2.2021 – 52 O 102/20).
Die Beklagte vertreibt Waren über Amazon. Im November 2020 wurde sie vom IDO wegen fehlender Grundpreisangaben abgemahnt. Sie zahlte weder die Abmahnkosten noch gab sie die geforderte Unterlassungserklärung ab. Der IDO nahm die Beklagte daraufhin im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens auf Unterlassung in Anspruch.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vor dem LG Potsdam blieb ohne Erfolg. Es sei davon auszugehen, dass die Rechtsverfolgung durch den IDO rechtsmissbräuchlich ist, so das Gericht.
Wie zuletzt bereits andere Gerichte äußerte sich auch das LG Potsdam sich zu dem Umstand, dass es sich bei dem Großteil der Mitglieder des IDO – und zwar bei 98 % – nur um passive Mitglieder handelt, denen kein Stimmrecht zustehe und die damit von der Willensbildung des Vereins ausgeschlossen werden.
Nach § 3 Abs. 3 und Abs. 4 seiner Satzung unterscheidet der Kläger zwischen aktiven und passiven Mitgliedern, letztere haben in der Mitgliederversammlung kein Stimmrecht. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der ganz überwiegende Teil der Mitglieder des Klägers eine Stellung als passive Mitglieder haben; bei lediglich höchstens 2 % handelt es sich um aktive Mitglieder. Diesen Vortrag der Beklagten hat der Kläger nicht bestritten; in der mündlichen Verhandlung ist die Klägervertreterin lediglich der Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Klägers entgegengetreten.
Ein Grund für diesen Ausschluss von der Willensbildung sei nicht ersichtlich, schließlich behaupte der IDO doch, die Interessen der Mitglieder wahrzunehmen und zu fördern. Der IDO hatte zu diesem Punkt auch nichts vorgetragen. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass der IDO auf diese Weise lediglich versucht, die für die Aktivlegitimation erforderliche erhebliche Anzahl an Mitgliedern zu erreichen, um Wettbewerbsverstöße verfolgen und auf diese Weise Einnahmen erzielen zu können. Hierzu verwies das Gericht sowohl auf das OLG Celle als auch auf das LG Hildesheim.
Ein sachlicher Grund dafür, weshalb der Kläger Online-Unternehmen, deren Interessen er wahrzunehmen und zu fördern behauptet, von der Willensbildung des Klägers ausschließt, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Kläger ganz überwiegend Mitglieder nur deshalb aufnimmt, um die für seine Aktivlegitimation und Klagebefugnis nach § 8 Abs. 3 Nr.2 UWG erforderliche Voraussetzung der Mitgliedschaft einer erheblichen Zahl von Unternehmern zu erreichen und auf diese Weise durch die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen auf unterschiedlichen sachlichen Märkten Einnahmen zu erzielen (so auch OLG Celle, Urteil vom 26.3.2020 zum Az. 13 U 73/19 und Landgericht Hildesheim, Urteil vom 20.11.2020 zum Az.11 O 5/19).
Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist für die Klagebefugnis eines Interessenverbands u.a. erforderlich, dass es ihm bei der Rechtsverfolgung um eine ernsthafte Wahrnehmung der Mitgliederinteressen geht. Diese Voraussetzung sieht das LG Potsdam beim IDO nicht als erfüllt an. Vielmehr werden Mitglieder gezielt ausgeschlossen, was für einen Rechtsmissbrauch spreche. Entsprechend entschied zuletzt auch das LG Hildesheim. Das LG Darmstadt und das OLG Celle äußerten sich ebenfalls zu dieser Unterscheidung zwischen aktiven und passiven Mitgliedern.
Nach dem Anti-Abmahngesetz müssen Abmahnvereine künftig auf einer Liste der sogenannten qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragen sein. Die genauen Voraussetzungen für die Eintragung soll die Verordnung zu qualifizierten Einrichtungen und qualifizierten Wirtschaftsverbänden regeln. Danach werden bestimmte Angaben zu den Mitgliedern erforderlich sein, u.a. auch zu der Art der Mitgliedschaft, wenn verschiedene Formen vorgesehen sind. Den Referentenentwurf hierzu hat das BMJV kürzlich veröffentlicht.
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