Lebensmittel, die wenig Kohlenhydrate enthalten, werden häufig als „low carb“ beworben. Die Werbung mit solchen nährwertbezogenen Angaben ist durch die EU jedoch streng reglementiert. Das LG Hamburg (Urt. v. 23.8.2019 – 408 HKO 1/19) entschied, dass es sich bei der Angabe „low carb“ um eine unzulässige nährwertbezogene Angabe handelt.

Die Beklagte vertreibt in ihrem Online-Shop verschiedene Lebensmittel und Sportnahrung unter der Rubrik „Low Carb“. In dieser Rubrik werden u.a. Saucen, Proteinriegel und bestimmte Nudel- und Reisprodukte unter der Überschrift „Low Carb – Garantiert wenig Kohlenhydrate“ angeboten. Diese trugen zudem die Bezeichnung „Low Carb“. Am Ende befanden sich einige Hinweise zur Bedeutung einer „Low Carb Ernährung“.

Der Kläger, ein Wettbewerbsverband, forderte Unterlassung dieser Werbung und mahnte die Beklagte ab. Er vertritt die Auffassung, dass es sich bei der Angabe „low carb“ um eine nährwertbezogene Angabe handle, die jedoch nicht erfolgen dürfe, weil sie nicht im Anhang der Health-Claims-VO als zugelassen aufgeführt ist. Die Angabe werde vom angesprochenen Verkehr dahin verstanden, dass ein geringer, nicht aber ein – gegenüber einem vergleichbaren Produkt – lediglich geringerer Kohlenhydratgehalt des Produktes versprochen werde. Die Beklagte gab jedoch weder die geforderte Unterlassungserklärung ab noch zahlte sie die Abmahnkosten.

Das LG Hamburg entschied, dass es sich bei der Bezeichnung „low carb“ um eine nährwertbezogene Angabe handle und diese gegen die HCVO verstoße.

Rechtlicher Hintergrund

Welche nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben in der Werbung für Lebensmittel verwendet werden dürfen, regelt die VO (EG) 1924/2006 (HCVO = Health-Claims-Verordnung). Für nährwertbezogene Angaben gilt Art. 8 Abs. 1 HCVO. Danach dürfen nähwertbezogene Angaben nur erfolgen, wenn sie im Anhang der Verordnung aufgeführt werden, das Produkt die dort genannten Anforderungen erfüllt und es den übrigen in der HCVO festgelegten Bedingungen entspricht.

Kein Rechtsmissbrauch

Die Beklagte hatte zunächst versucht, sich damit zu verteidigen, dass das Vorgehen des Klägers rechtsmissbräuchlich sei, da eigene Mitglieder ebenfalls mit der Angabe „low carb“ werben, ohne dass der Kläger sie abmahne. Das Gericht entschied, dass es unter Umständen als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein könne, wenn ein Verband nur gegen außenstehende Dritte vorgeht, den unlauteren Wettbewerb durch gleichartige Verletzungshandlungen der eigenen Mitglieder jedoch planmäßig duldet. Es stellte jedoch auch klar, dass es grundsätzlich keine Obliegenheit eines Verbands gebe, gegen eigene Mitglieder vorzugehen, auf die sich außenstehende Dritte berufen könnten. Allein das Vorgehen gegen Dritte reiche jedoch nicht aus, sondern es müssen noch weitere Umstände hinzutreten. Dies sei hier jedoch nicht der Fall.

Auch in diesem Fall reicht jedoch die Inanspruchnahme mehrerer außenstehender Dritte allein nicht aus, um ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen annehmen können. Vielmehr ist es auch in diesem Fall eine Frage der Gesamtumstände des Einzelfalls, ob ein dauerhaftes selektives Vorgehen eines Verbands ausschließlich gegen Nichtmitglieder als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist. Rechtsmissbräuchlich wird das Vorgehen erst dann, wenn das selektive Vorgehen auf sachfremden Erwägungen beruht […]. So soll es beispielsweise rechtsmissbräuchlich sein, wenn ein Verband mit einem selektiven Vorgehen ausschließlich gegen Nichtmitglieder bezweckt, neue Mitglieder zu werben, denen er nach einem Beitritt Schutz vor Verfolgung verspricht (BGH, Urteil vom 17. August 2011 – I ZR 148/10 -, Rn. 22 – 23, juris). Tatsächliche Umstände, die für sachfremde Erwägungen des Klägers sprechen können, sind von der Beklagten, die hierzu vorzutragen hat, jedoch nicht hinreichend vorgetragen worden. Dass mit der Vorgehensweise bezweckt ist, den eigenen Mitgliedern, die mit „low carb“ werben, Wettbewerbsvorteile zu Lasten der außenstehenden Dritten zu verschaffen, ist nicht hinreichend dargetan.

Nährwertbezogene Angabe

Dann stellte das Gericht klar, dass es sich bei der Angabe „low carb“ um eine nährwertbezogene Angabe handle und die Beklagte mit der Verwendung gegen die Verordnung verstoße.

Die Beklagte verletzt mit dieser Beschreibung Artikel 8 Abs. 1 der VO (EG) 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (abgekürzt: LGVO oder HCVO). Danach dürfen nährwertbezogene Angaben nur gemacht werden, wenn sie im Anhang zu der Verordnung aufgeführt sind und den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen entsprechen.

Bei der Bezeichnung „low carb“ handelt es sich um eine nährwertbezogene Angabe im Sinne dieser Norm.

„Mit wenig Kohlenhydraten“

Die Abkürzung „low carb“ werde in der deutschen Übersetzung als „mit wenig Kohlenhydraten“ verstanden. Eine solche Angabe sei im Anhang der HCVO jedoch nicht vorgesehen und damit unzulässig. Es handle sich auch nicht um eine vergleichende Angabe nach Art. 9 HCVO. Das Gericht berief sich in seiner Begründung auf eine bereits ergangene Entscheidung des OLG Hamburg (Beschl. v. 24.4.2014 – 3 W 27/14).

Die Angaben „LowCarb“ und „mit wenig Kohlehydraten“ weisen auf eine geringe Menge von Nährstoffen – hier Kohlehydraten – hin, so dass Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 lit. b) ii) HCV, jedenfalls aber Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 lit. b) i) HCV, einschlägig ist. Die vorliegend streitigen Angaben haben keinen unmittelbar vergleichenden Charakter. Sie werden vom angesprochenen Verkehr, zu denen auch die Mitglieder des Senats gehören, dahin verstanden, dass lediglich ein geringer Kohlehydratgehalt des Produkts versprochen wird und nicht ein geringerer Gehalt an Kohlehydraten, was auf ein – auch unbenanntes – Vergleichsobjekt hinweisen könnte. Die Angabe wird vom Verkehr daher entgegen der von der Antragsgegnerin in ihrer Antwort auf die Abmahnung der Antragstellerin (Ast 8) und der vom Landgericht im angegriffenen Beschluss vertretenen Auffassung (Anlage Ast 9) nicht dahin verstanden, dass ein – gegenüber welchem Vergleichsobjekt auch immer – reduzierter Kohlehydratanteil werblich hervorgehoben wird. Denn es heißt nicht „LowerCarb“ oder „mit weniger Kohlehydraten“. Dass auch derartige Angaben ohne unmittelbar vergleichenden Charakter von der Verordnung erfasst sind, macht – worauf die Antragstellerin zutreffend hinweist – der Umstand deutlich, dass sich im Anhang zur HCV (siehe auch Anlage Ast 10) auch bloß auf einen geringen Gehalt von Nährstoffen hinweisende nährwertbezogene Angaben, wie „fettarm“, „natriumarm“, „arm an gesättigten Fettsäuren“, finden. Gemäß Art. 8 Abs. 1 HCV dürfen nährwertbezogene Angaben nur gemacht werden, wenn sie im Anhang aufgeführt sind und den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen entsprechen. […] Im Anhang zur HCV findet sich bezogen auf einen geringen – nicht geringeren – Kohlehydratgehalt von Lebensmitteln keine spezifische nährwertbezogene Angabe, auch keine solche, die für den Verbraucher „voraussichtlich dieselbe Bedeutung“ hat.

Keine traditionelle Bezeichnung

Bei der Angabe „low carb“ handle es sich auch nicht um eine traditionelle Bezeichnung zur Angabe einer Eigenschaft einer Kategorie von Lebensmitteln oder Getränken, die nicht den Regelungen der HCVO unterliegt.

Nach dem Erwägungsgrund Nr. 5 zur LGVO sollen allgemeine Bezeichnungen, die traditionell zur Angabe einer Eigenschaft einer bestimmten Kategorie von Lebensmitteln oder Getränken verwendet werden, die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben könnten, von der Anwendung der Verordnung ausgenommen werden. Als Beispiele werden die Begriffe „Digestif“ oder „Hustenbonbon“ genannt. Damit ist der Begriff „low carb“ nicht vergleichbar. Der Begriff beschreibt nicht die Eigenschaft einer bestimmten Kategorie von Lebensmitteln, sondern bedeutet ganz allgemein und unspezifisch, dass ein Lebensmittel eine geringe Menge von Kohlehydraten aufweist. Dass es immer wieder und schon seit längerer Zeit Diätformen gab, bei denen die Menge an aufgenommenen Kohlehydraten reduziert werden sollte, macht diesen Begriff nicht zu einer traditionellen Beschreibung einer Eigenschaft eines Lebensmittels. Die von der Beklagten angeführten Diäten (Banting-Kur; Atkins-Diät und „South Beach) beruhen zwar auf der Grundlage, dass nur wenig Kohlenhydrate zu sich genommen werden sollen, verwenden die Begrifflichkeit „low carb“ aber nicht. Dass es sich bei diesem Anglizismus um einen traditionellen Begriff zur Beschreibung von Lebensmitteleigenschaften handelt, ist nicht schlüssig dargetan.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Berufung ist bei OLG Hamburg anhängig.

Fazit

Die fehlerhafte Kennzeichnung von Lebensmitteln ist häufig ein Grund für Abmahnungen. Beim Handel mit Lebensmitteln müssen Sie nicht nur die Vorgaben aus der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) beachten, sondern auch die HCVO. Sie findet nicht nur bei gesundheitsbezogenen Angaben Anwendung, sondern gilt auch, wenn Sie ein Lebensmittel mit nährwertbezogenen Angaben wie z.B. „fettarm“, „zuckerfrei“ oder „hoher Proteingehalt“ bewerben. Solche nährwertbezogenen Angaben sind grundsätzlich nur zulässig, wenn sie im Anhang der HCVO aufgeführt sind. Dass die Angabe „low carb“ dort nicht aufgeführt und damit unzulässig ist, entschied auch bereits das OLG Stuttgart. Bei diesen Vorschriften handelt es sich um Marktverhaltensregelungen i.S.v. § 3a UWG, die bei Verstößen abgemahnt werden können.

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