Die Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben, sog. Health-Claims, ist durch die EU streng reglementiert. Gerade der Begriff „Detox“ erfreut sich immer wieder großer Beliebtheit, obwohl Gerichte bereits mehrfach entschieden haben, dass diese Bezeichnung unzulässig ist. Entsprechend entschied nun erneut das LG Koblenz (Urt. v. 17.12.2019 – 2 HK O 17/19).

Die Beklagte führt unter der Bezeichnung „DETOX“ einen Bio-Mehrfruch-Gemüsesaft u.a. aus Matcha und Spirulina-Algen. Auf dem Produktetikett war der Produktname „DETOX“ dabei mit einem Sternchenhinweis versehen, der mit der Angabe „Mit Vitamin C, das zum Schutz der Zellen vor oxidativen Stress beiträgt.“ aufgelöst wurde. In der Werbung im Internet fand sich kein entsprechender Sternchenhinweis.

Der Kläger sah hierin einen Verstoß gegen das lebensmittelrechtliche Irreführungsverbot und die Verwendung einer nicht zugelassenen gesundheitsbezogenen Werbung und mahnte die Beklagte ab. Die Beklagte gab weder die geforderte Unterlassungserklärung ab noch zahlte sie die Abmahnkosten.

Das LG Koblenz entschied, dass die Bezeichnung „Detox“ gegen die HCVO verstößt und unzulässig ist.

Rechtlicher Hintergrund

Welche nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben in der Werbung für Lebensmittel verwendet werden dürfen, regelt die VO (EG) 1924/2006 (HCVO = Health-Claims-Verordnung). Bei der Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben besteht ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt: Gesundheitsbezogene Angaben sind nach Art. 10 Abs. 1 HCVO grundsätzlich verboten, es sei denn, sie sind nach der Verordnung ausdrücklich zugelassen.

(1) Gesundheitsbezogene Angaben sind verboten, sofern sie nicht den allgemeinen Anforderungen in Kapitel II und den speziellen Anforderungen im vorliegenden Kapitel entsprechen, gemäß dieser Verordnung zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß den Artikeln 13 und 14 aufgenommen sind.

Eine Auflistung der zugelassenen Angaben findet sich im Anhang der VO (EU) 432/2012 sowie im Register der Europäischen Kommission. Zudem stehen alle Aussagen unter weiteren Bedingungen, welche ebenfalls dem Anhang der Verordnung entnommen werden können. Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile eines Nährstoffs oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden sind nur zulässig, wenn ihnen eine in einer der Listen nach Art. 13 oder 14 HCVO enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist (Art. 10 Abs. 3 HCVO).

Gesundheitsbezogene Angabe

Das Gericht stellte zunächst klar, dass es sich bei dem Begriff „Detox“ um eine gesundheitsbezogene Angabe i.S.d. HCVO handelt. Der Begriff „gesundheitsbezogene Angabe“ erfasse jeden Zusammenhang, der eine Verbesserung des Gesundheitszustands dank des Verzehrs des Lebensmittels impliziert. Maßgeblich sei dabei, wie die fragliche Angabe von den angesprochenen Verbrauchern verstanden wird. Hierbei sei auf das Verständnis des normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen, das naturgemäß auch durch Vorerwartungen und Kenntnisse geprägt wird.

Das danach maßgebliche Verkehrsverständnis, kann die Kammer aufgrund eigener Sachkunde feststellen, weil auch ihre Mitglieder zu den angesprochenen Verbrauchern gehören. In Übereinstimmung mit dem BGH (Hinweisbeschluss vom 15.08.2017 – I ZR 167/16 -, D.), mit dem OLG Celle (Urteil vom 10.03.2016 – 13 U 77/15), dem OLG Düsseldorf (Urteil vom 15.03.2016 – 20 U 75/15) und dem OLG Bamberg (Urteil vom 29.06.2016 – 3U 32/16) ist auch die Kammer der Auffassung, dass die fragliche Produktbezeichnung bei einem normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher den Eindruck erweckt, der Verzehr des Safts habe wegen der darin enthaltenen Stoffe eine entgiften Wirkung und führe damit zu einer Verbesserung des Gesundheitszustandes.

Unterscheidung zwischen spezifischen und nicht spezifischen Angaben

Bei der Frage nach der Zulässigkeit gesundheitsbezogener Angaben sei zwischen spezifischen und nicht spezifischen Angaben zu unterscheiden.

Nichtspezifische gesundheitsbezogene Angaben in diesem Sinne liegen vor, wenn sie – wegen ihrer allgemeinen Formulierung – nicht Gegenstand eines Zulassungsverfahrens nach Art. 13 Abs. 1 HCVO sein können […]. Nichtspezifische Angaben liegen nur vor, wenn und soweit durch die Verwendung des Produkts lediglich eine Unterstützung oder Steigerung des gesundheitlichen Wohlbefindens in Aussicht gestellt wird. Dagegen ist eine spezifische Angabe anzunehmen, sobald auf bestimmte zu fördernde Funktionen des Körpers Bezug genommen wird (BGH, Urteil vom 17. Januar 2013 – I ZR 5/12 – Vitalpilze; OLG Bamberg, Urteil vom 29. Juni 2016 – 3 U 32/16 -, Rn. 89 – 92, juris).

„Detox“ beschreibt konkrete Körperfunktion

Das Gericht vertritt die Auffassung, dass es sich bei der Angabe „Detox“ um eine spezifische gesundheitsbezogene Angabe handelt und schließt sich damit der Rechtsprechung des BGH an.

Wie auch die oben zitierte höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung ist auch die Kammer der Auffassung, dass es sich bei der angegriffenen Produktbezeichnung „D.“ um eine spezifische gesundheitsbezogene Angabe i.S.d. Art. 10 Abs. 1 HCVO handelt, denn es wird ein unmittelbarer Wirkungszusammenhang zwischen dem beworbenen Saft und einer Funktion des menschlichen Organismus, nämlich der Entgiftung, hergestellt. Die Bezeichnung „D.“ nimmt Bezug auf die Entfernung von Giftstoffen aus dem menschlichen Körper, was angesichts der dahinterstehenden verbreiteten Vorstellung, im Körper würden sich Giftstoffe (etwa sog. „Schlacken“) einlagern, die aus diesem entfernt bzw. „hinausgeschwemmt“ werden müssten, ausreichend ist, um nach der Vorstellung des Durchschnittsverbrauchers eine konkrete Körperfunktion anzusprechen. Denn nach dessen Vorstellung ist die Entgiftung einem einheitlichen körperlichen Vorgang zugeordnet und spricht nicht etwa unterschiedliche Funktionen des Organismus an. Dass ein Bezug zu bestimmten Organen vorliegt, ist insoweit nicht erforderlich. Bei einer Entgiftung handelt es sich um eine spezielle physiologische Wirkung, die als solche messbar und damit hinreichend spezifisch und wissenschaftlich nachweisbar ist, um Gegenstand eines Zulassungsverfahrens sein zu können (BGH, Beschluss vom 06. Dezember 2017 – I ZR 167/16 -, Detox, Rn. 10, 11, juris; OLG Celle, Urteil vom 10. März 2016 – 13 U 77/15 -, Rn. 34, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. März 2016 – 20 U 75/15 -, Rn. 33, juris; OLG Bamberg, Urteil vom 29. Juni 2016 – 3 U 32/16 -, Rn. 91, juris).

Detox ≠ Schutz vor oxidativem Stress

Als spezifische gesundheitsbezogene Angabe müsste die Bezeichnung „Detox“ damit gem. Art. 10 Abs. 1 HCVO in die Liste der zugelassenen Angaben aufgenommen sein. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Angabe „Detox“ werde auch nicht durch die für Vitamin C zugelassene Angabe gedeckt und durch den angebrachten Sternchenhinweis zulässig, denn der Schutz vor oxidativem Stress stehe in keinem Zusammenhang mit einer Entgiftung.

Die gesundheitsbezogene Angabe „D.“ wird nicht zulässig i.S.d. Art. 10 Abs. 1 HCVO durch den auf dem Etikett der Saftflasche angebrachten Sternchenhinweis auf den Inhaltsstoff Vitamin C und die für Vitamin C zugelassene Angabe „Vitamin C trägt dazu bei, die Zellen vor oxidativem Stress zu schützen.“ Denn der Schutz der Zellen vor oxidativen Stress hat jedenfalls nach dem maßgeblichen Verkehrsverständnis des normal informierten, verständigen Durchschnittsverbrauchers nichts mit der Entgiftung, also der Ausleitung von im Körper eingelagerten Giftstoffen zu tun. Bei der Internetwerbung der Beklagten für den streitgegenständlichen Saft vom 21.11.2018, wie sie Anlage K4 abbildet, fehlt darüber hinaus ein mit einem Sternchen kenntlich gemachter Zusammenhang zwischen der Bezeichnung „D.“ und der Schutzfunktion von Vitamin C.

Kein Zusammenhang zwischen Bezeichnung und Angabe

Die Beklagte versuchte sich damit zu verteidigen, dass der Produktname „Detox“ zulässig sei, weil es sich dabei um die Produktbezeichnung handelt. Nach Art. 1 Abs. 3 HCVO dürfen Handelsmarken, Markennamen oder Fantasiebezeichnungen, die in der Kennzeichnung, Aufmachung oder Werbung für ein Lebensmittel verwendet werden und als nährwert- oder gesundheitsbezogene Angabe aufgefasst werden können, ohne die vorgesehenen Zulassungsverfahren verwendet werden, sofern der betreffenden Kennzeichnung, Aufmachung oder Werbung eine nährwert- oder gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist, die dieser Verordnung entspricht. Hierfür sei jedoch ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Produktbezeichnung und der beigefügten gesundheitsbezogenen Angabe notwendig, so das Gericht. Dieser bestehe jedoch gerade nicht.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Kammer der Auffassung, dass nach Sinn und Zweck der Vorschrift ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Produktbezeichnung und der beigefügten Angabe vorauszusetzen ist. Auch wenn der Wortlaut der deutschen Textfassung der HCVO einen solchen inhaltlichen Bezug nicht vorauszusetzen scheint, ergibt sich eine solche Voraussetzung aber eindeutig aus der englischen (… accompanied by a related nutrition or health claim…) und auch aus der französischen Fassung (… comporte également une allégation nutritionelle ou de santé correspondante…)(Hervorhebung durch die Kammer). Auch Sinn und Zweck der Verordnung, wonach nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt unterliegen, der wissenschaftlichen Prüfung bedürfen und nicht irreführend sein dürfen, folgt zwingend ein notwendiger Zusammenhang zwischen der Bezeichnung und der beigefügten Angabe. Jede andere Auffassung würde zu systemwidrigen Ergebnissen führen. Da vorliegend die für Vitamin C zugelassene Angabe „Vitamin C trägt dazu bei, die Zellen vor oxidativem Stress zu schützen“ nicht mit der Produktbezeichnung „D.“ in Zusammenhang steht, ist diese auch nicht von Art. 1 Abs. 3 HCVO gedeckt.

Fazit

Die fehlerhafte Kennzeichnung von Lebensmitteln ist häufig ein Grund für Abmahnungen. Beim Handel mit Lebensmitteln müssen Sie nicht nur die Vorgaben aus der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) beachten, sondern auch die HCVO, wenn Sie mit gesundheitsbezogenen Angaben werben. Bei diesen Vorschriften handelt es sich um Marktverhaltensregelungen i.S.v. § 3a UWG, die bei Verstößen abgemahnt werden können. Zudem findet die HCVO nicht nur bei gesundheitsbezogenen Angaben Anwendung, sondern sie gilt auch, wenn Sie ein Lebensmittel mit nährwertbezogenen Angaben wie z.B. „fettarm“, „zuckerfrei“ oder „hoher Proteingehalt“ bewerben.

Alexander Kirch/Shutterstock.com

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