Jeder, der schon einmal abgemahnt wurde, kennt die eigentliche Gefahr dahinter – die strafbewehrte Unterlassungserklärung. Darin wird erklärt, für jeden zukünftigen Verstoß gegen diese Unterlassungserklärung einen bestimmten Geldbetrag zu zahlen. Das LG Essen (Urt. v. 3.6.2020 – 44 O 34/19) entschied nun, dass eine Vertragsstrafe in Höhe von 3.000 € für ein fehlerhaftes Impressum den Schuldner nicht unangemessen benachteilige.
Die Beklagte wurde von einem Wettbewerbsverband wegen fehlender Impressumsangaben auf einer Internetplattform abgemahnt. Sie verpflichtete sich gemäß der der Abmahnung beigefügten Unterlassungserklärung, den Wettbewerbsverstoß anzuerkennen, das Anbieten von Telemedien ohne die Nennung der zuständigen Aufsichtsbehörde zu unterlassen und die durch die Abmahnung entstandenen Kosten zu tragen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung versprach die Beklagte die Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 3.000 Euro.
Der Kläger stellte nachfolgend fest, dass die Beklagte auch noch nach Abgabe der Unterlassungserklärung auf ihrer Homepage auf die falsche Aufsichtsbehörde hinwies und bei einem Auftritt auf einer anderen Plattform jegliche Angabe der zuständigen Aufsichtsbehörde fehlte. Der Kläger wies die Beklagte auf die Verstöße hin und forderte die Zahlung von 3.000 €. Obwohl nach seiner Ansicht zwei Verstöße vorlagen, wurde die Forderung auf 3.000 € begrenzt, die die Beklagte zahlte. Anschließend stellte der Kläger fest, dass zwar die Angaben auf der Homepage der Beklagten berichtigt wurden, nicht jedoch diejenigen auf der Plattform und forderte die Zahlung weiterer 3.000 €. Die Beklagte war der Ansicht, die Klausel über die vereinbarte Vertragsstrafe sei unwirksam, weil diese sie unangemessen benachteilige.
Das LG Essen entschied, dass dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe zusteht.
Das Gericht stellte zunächst fest, dass die Parteien einen wirksamen Unterlassungsvertrag mit einer wirksamen Vertragsstrafenvereinbarung geschlossen haben.
Ein entsprechender Vertrag mit Strafversprechen im Sinne der §§ 339 ff. BGB wurde durch die Unterlassungserklärung der Beklagten vom 28.3.2018 und Annahme seitens des Klägers am 29.3.2018 begründet. In diesem verpflichtet sich die Beklagte gegenüber dem Kläger es zu unterlassen, Telemedien im Sinne des § 1 Abs. 1 TMG anzubieten, ohne innerhalb dieser angebotenen Telemedien leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar im Impressum die zuständige Aufsichtsbehörde anzugeben, die die aus der Erteilung der Erlaubnis nach § 34 c GewO resultierenden Verpflichtungen überwacht. Für den Fall der Zuwiderhandlung verpflichtete sich die Beklagte zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 3.000 Euro an den Kläger.
Bei der Vereinbarung, die die Grundlage des geltend gemachten Vertragsstrafenanspruchs darstellt, handle es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Diese unterliege im unternehmerischen Geschäftsverkehr einer Inhaltskontrolle nach den §§ 310 Ab. 1, 307 BGB. Die Klausel benachteilige die Beklagte jedoch nicht in unangemessener Weise.
Es fehlt jedoch an der, von der Beklagten behaupteten, unangemessenen Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben. Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn der Verwender der Klausel missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne die des Vertragspartners von vornherein hinreichend zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 13. November 2013 - I ZR 77/12 -, Rn. 13). Die Prüfung erfolgt dabei anhand eines generalisierenden, überindividuellen Maßstabs, dem eine von den im Einzelfall bestehenden Besonderheiten abstrakte, typisierende Betrachtung zu Grunde zu legen ist […].
Das Gericht stellte klar, dass die Beklagte zu keiner unmöglichen Handlung verpflichtet sei. Ihr sei es möglich, die zuständige Aufsichtsbehörde zu nennen.
Die Unterlassungserklärung verpflichtet die Beklagte im Sinne dieses generalisierenden Maßstabs nicht, eine ihr unmögliche Handlung vorzunehmen. Die Beklagte hat sich in der Unterlassungserklärung lediglich verpflichtet, das Anbieten von Telemedien ohne die Nennung der Aufsichtsbehörde zu unterlassen. Insofern geht die Behauptung der Beklagten fehl, es liege ein Fall der subjektiven Unmöglichkeit vor, da nicht ersichtlich ist, warum die Nennung der richtigen Aufsichtsbehörde generell nicht durch die Beklagte erfolgen kann.
Die Höhe der Vertragsstrafe von 3.000 € sei angemessen, da die Beklagte wiederholt gegen den Unterlassungsvertrag verstoßen habe. Sie müsse durch eine entsprechend hohe Strafe zur Unterlassung angehalten werden.
Die Beklagte muss durch eine hohe Vertragsstrafe dazu angehalten werden, es künftig zu unterlassen, Telemedien im Sinne des § 1 Abs. 1 TMG anzubieten, ohne innerhalb dieser angebotenen Telemedien leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar im Impressum die zuständige Aufsichtsbehörde anzugeben, die die aus der Erteilung der Erlaubnis nach § 34c GewO resultierenden Verpflichtungen überwacht. Im kaufmännischen Verkehr ist der Unterlassungsschuldner generell weniger schutzwürdig und es überwiegt die Präventivfunktion der Strafe (Beater in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 339 BGB (Stand: 01.02.2020), Rn. 83). Auch muss die drohende Strafe hoch angesetzt werden, da der Unterlassungsschuldner nicht etwa, wie bei Austauschverträgen, durch vertragsoriginäres Eigeninteresse zur eigenen Vertragstreue angehalten wird.
Die Grenze sei erst dann überschritten, wenn die Strafe bereits auf den ersten Blick außer Verhältnis zu dem mit der Vertragsstrafe sanktionierten Verstoß und den Gefahren stehe, die mit zukünftigen Verstößen verbunden sind.
Die Vertragsstrafe stehe auch nicht außer Verhältnis zum sanktionierten Verstoß.
§ 5 Abs. 1 Nr. 3 TMG dient dem Verbraucherschutz und der Transparenz (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.07.2017 I - 15 U 100/16, S.7). Hierdurch soll es dem Verbraucher ermöglicht werden, sich bei der angegebenen Aufsichtsbehörde über den Bestand der Genehmigung (etwa der nach § 34 c I Nr.1 GewO) und somit letztlich über die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zu informieren. Angesichts dieser Zielsetzung wird somit ein wichtiges Ziel, die Einhaltung der Verbraucherschutzvorschriften, angestrebt.
Soweit die Beklagte im Internet für ihre Dienstleistungen werben will, habe sie auch die entsprechende unternehmerische Sorgfalt walten und sich anderenfalls die Folgen von fehlerhaften oder fehlenden Informationen vorhalten zu lassen.
Die Beklagte versuchte sich damit zu verteidigen, dass sie alles Erforderliche getan hätte, um den Pflichten aus der Unterlassungserklärung nachzukommen, indem sie auf ihren ehemaligen Mitarbeiter eingewirkt und die Löschung bei der Plattform beantragt habe. Das LG Essen stellte klar, dass die Beklagte sich auch das Verhalten ihres ehemaligen Mitarbeiters zurechnen lassen muss.
Dies kann jedoch dahinstehen, da ihr auch ein Verschulden des ehemaligen Mitarbeiters nach § 278 Alt. 2 BGB zuzurechnen ist. Denn hiernach hat der Schuldner sich das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen auch bezüglich einer Unterlassung zurechnen zu lassen (Caspers in: Staudinger, 2019, BGB § 278, Rn. 42; Heymann in: Heymann, HGB, 2. Aufl., § 348, Rn. 5). Dieser Gedanke, wie etwa § 8 Abs. 2 UWG zeigt, ist auch dem Wettbewerbsrecht nicht fremd. Verhindert werden sollen gerade solche Konstellationen, in denen sich der Unternehmensinhaber, hinter seinen Arbeitnehmern verstecken will. Auch das zwischenzeitliche Ausscheiden des Mitarbeiters vermag nicht an der Haftung der Unternehmensinhabers zu ändern (Seichter in: Ullmann, jurisPK-UWG, 4. Aufl., § 8 UWG (Stand: 26.03.2020), Rn. 151). Soweit also die Beklagte vorträgt, der Wettbewerbsverstoß sei nicht von ihr, sondern von einem ehemaligen Mitarbeiter begangen worden, führt dies nicht zu einer Widerlegung der Verschuldensvermutung.
Eine abgegebene Unterlassungserklärung sollte unbedingt befolgt werden. Grundsätzlich kann der Gläubiger bei Verstößen gegen die Unterlassungserklärung die Zahlung der Vertragsstrafe verlangen. Sie sollten eine Unterlassungserklärung nie einfach unterschreiben. Eine Beratung durch spezialisierte Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ist dringend zu empfehlen, um die richtige Vorgehensweise im konkreten Fall festzulegen.
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