Seit dem 1. Februar 2017 müssen Online-Händler gemäß § 36 Abs. 1 VSBG Verbraucher darüber informieren, inwieweit sie bereit oder verpflichtet sind, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Der EuGH (Urt. v. 25.6.2020 – C-380/19) entschied nun, dass die entsprechenden Angaben in den AGB einer Website erfolgen müssen. Dies gelte auch dann, wenn der Unternehmer über diese Website keine Verträge mit Verbrauchern schließt.

Die Beklagte betreibt eine Website, auf der keine Vertragsschlüsse möglich sind. Im Impressum informiert die Beklagte über ihre Bereitschaft oder Verpflichtung zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle. Zudem bietet die Beklagte die Möglichkeit, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen als PDF-Dokument herunterzuladen. Dieses Dokument enthält jedoch keine Angaben zur Bereitschaft oder Verpflichtung zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle. Wenn die Beklagte ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen in einen Vertrag einbeziehen will, erhält der Verbraucher neben dem Dokument mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein ebenfalls von der Beklagten gestelltes Preis- und Leistungsverzeichnis, auf dessen Rückseite sie über ihre Bereitschaft zur Teilnahme an Streitbeilegungsverfahren informiert. Die Klägerin, die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), sah hierin einen Verstoß gegen § 32 Abs. 2 VSBG. Die Information müsse in den AGB gegeben werden.

Das LG Düsseldorf hatte die Klage der vzbv in erster Instanz abgewiesen. Gegen dieses Urteil legte sie Berufung ein. Das OLG Düsseldorf hatte das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH die entsprechenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, da die Vorschriften des VSBG auf der RL 2013/11/EU (ADR-RL = Alternative Dispute Resolution-RL) basieren.

Entscheidung des EuGH

Der EuGH entschied, dass ein Unternehmer, der auf seiner Website die AGB für Kauf- oder Dienstleistungsverträge zugänglich macht, über diese Website jedoch keine Verträge mit Verbrauchern schließt, in diesen AGB die Informationen über die Stelle zur alternativen Streitbeilegung, von der er erfasst wird, aufführen muss, sofern er sich verpflichtet oder verpflichtet ist, diese Stelle zur Beilegung von Streitigkeiten mit Verbrauchern einzuschalten. Es reiche nicht aus, wenn der Unternehmer die Informationen in anderen auf der Website zugänglichen Dokumenten oder unter anderen Reitern der Website aufführt oder sie dem Verbraucher beim Abschluss des Vertrags, für den die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten, mittels eines gesonderten Dokuments zur Verfügung stellt.

Informationspflichten nach § 36 Abs. 2 VSBG

Nach § 36 Abs. 1 VSBG besteht für Unternehmer die Pflicht, Verbraucher darüber informieren, inwieweit sie bereit oder verpflichtet sind, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. § 36 Abs. 2 VSBG bestimmt, wie diese Pflicht erfüllt werden muss:

(2) Die Informationen nach Absatz 1 müssen

1.auf der Webseite des Unternehmers erscheinen, wenn der Unternehmer eine Webseite unterhält,

2.zusammen mit seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegeben werden, wenn der Unternehmer Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet.

Diese Vorschrift setzt Art. 13 Abs. 2 der RL 2013/11/EU um:

(2) Die in Absatz 1 genannten Informationen werden auf der Website des Unternehmers – soweit vorhanden – und gegebenenfalls in den allgemeinen Geschäftsbedingungen für Kauf- oder Dienstleistungsverträge zwischen dem Unternehmer und einem Verbraucher in klarer, verständlicher und leicht zugänglicher Weise aufgeführt.

Damit weicht das deutsche Recht von den europäischen Vorgaben ab. Nach § 36 Abs. 2 VSBG müssen die Vorgaben „zusammen mit“ den AGB gegeben werden, nach Art. 13 Abs. 2 ADR-RL „gegebenenfalls in“ AGB.

Vorlagefragen des OLG Düsseldorf

Das OLG Düsseldorf setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH die entsprechenden Fragen zur Vorabentscheidung vor:

1.Entsteht die Informationspflicht des Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie, in den allgemeinen Geschäftsbedingungen die Informationen gemäß Art. 13 Abs. 1 aufzuführen, schon dann, wenn der Unternehmer auf seiner Website, auf der keine Verträge geschlossen werden, die allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Download bereit hält?

2.Falls die Frage zu 1. zu bejahen ist: Kommt der Unternehmer seiner Verpflichtung, die Informationen in den allgemeinen Geschäftsbedingungen aufzuführen in einem solchen Fall auch dann nach, wenn er die Information zwar nicht in der zum Download bereitgestellten Datei, aber an anderer Stelle auf der Website des Unternehmens erteilt?

3.Kommt der Unternehmer seiner Verpflichtung, die Informationen in den allgemeinen Geschäftsbedingungen aufzuführen nach, wenn er dem Verbraucher neben einem Dokument mit den allgemeinen Geschäftsbedingungen ein ebenfalls von ihm gestelltes Preis- und Leistungsverzeichnis in einem gesonderten Dokument aushändigt, welches die Informationen gemäß Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie enthält?

Informationen müssen in den AGB genannt werden

Der EuGH entschied, der Wortlaut sei eindeutig und bestimme, dass die in der vorstehenden Randnummer genannten Informationen „in“ den Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgeführt sein müssen, wenn diese auf der Website des Unternehmers bereitgestellt werden, und nicht in anderen auf dieser Website zugänglichen Dokumenten oder unter anderen Reitern der Website. Dies ergebe auch der Vergleich mit den anderen Sprachfassungen.

Diese Eindeutigkeit wird durch die verschiedenen Sprachfassungen der fraglichen Bestimmung bestätigt, insbesondere durch die spanische (en las condiciones generales), die tschechische (ve všeobecných obchodních podmínkách), die deutsche (in den allgemeinen Geschäftsbedingungen), die englische (in the general terms and conditions), die italienische (nelle condizioni generali), die niederländische (in de algemene voorwaarden), die polnische (w ogólnych warunkach umów), die portugiesische (nos termos e nas condições gerais), die finnische (yleisissä ehdoissa) und die schwedische (i de allmänna villkoren) Fassung.

Ziel ist hohes Verbraucherschutzniveau

Bei der Auslegung sei jedoch nicht nur der Wortlaut, sondern auch der Zusammenhang der Vorschrift und die Ziele, die mit der Regelung verfolgt werden, zu berücksichtigen. Ziel der RL 2013/11/EU sei, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu erreichen, indem dafür gesorgt wird, dass Verbraucher auf freiwilliger Basis Beschwerden gegen Unternehmer bei Stellen einreichen können, die Verfahren zur alternativen Streitbeilegung anbieten.

Um von dieser Möglichkeit Gebrauch machen zu können, müssen die Verbraucher über bestehende alternative Rechtsbehelfsverfahren informiert werden, wie es in den Erwägungsgründen 5 und 7 der Richtlinie 2013/11 heißt. Insoweit wird im 47. Erwägungsgrund dieser Richtlinie ausgeführt, dass Verbraucher im Fall einer Streitigkeit rasch herausfinden können müssen, welche Stellen zur alternativen Streitbeilegung für ihre Beschwerde zuständig sind und ob der betreffende Unternehmer sich an einem bei einer solchen Stelle eingeleiteten Verfahren beteiligen wird.

Information auch ohne Vertragsschlüsse erforderlich

Das Gericht stellte klar, dass Art. 13 Abs. 2 ADR-RL die AGB für Kauf- und Dienstleistungsverträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher betreffe. Diese Bestimmung beschränke die darin vorgesehene Informationspflicht jedoch nicht auf die Fälle, in denen der Unternehmer die Verträge mit den Verbrauchern über seine Website schließt.

Nach der genannten Bestimmung müssen nämlich die Informationen über die Stelle oder die Stellen zur alternativen Streitbeilegung, von der bzw. von denen dieser Unternehmer erfasst wird, auf der Website des Unternehmers – soweit vorhanden – und „gegebenenfalls in den allgemeinen Geschäftsbedingungen“ aufgeführt sein. Dieser Ausdruck „und gegebenenfalls“ zeigt, dass die Informationen nicht nur auf der Website aufgeführt sein müssen, sondern auch in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufzunehmen sind, wenn sie auf der Website verfügbar sind.

Daraus folgt, dass nach Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2013/11 die in dieser Bestimmung vorgesehene Informationspflicht nicht erfüllt ist, wenn der Unternehmer, der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf seiner Website bereitstellt, es unterlässt, die Informationen darin aufzuführen, sie aber an anderer Stelle auf der Website verfügbar macht.

Informationen vor Abschluss des Vertrags erforderlich

Zudem ergebe sich aus Art. 6 Abs. 1 lit. t) VRRL (Verbraucherrechterichtline; RL 2011/83/EU), dass der Verbraucher über die Möglichkeit des Zugangs zu einem außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren, dem der Unternehmer unterworfen ist, und die Voraussetzungen für diesen Zugang zu informieren ist, „bevor“ er durch einen Vertrag im Fernabsatz oder einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist. Es reiche nicht aus, wenn der Verbraucher diese Informationen erst zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erhält.

Damit der Verbraucher diese Informationen zu diesem Zweck nutzen kann, muss er sie rechtzeitig vor Vertragsschluss erhalten und nicht erst im Stadium des Vertragsschlusses, da die vor dem Vertragsschluss erteilten Informationen für den Verbraucher von grundlegender Bedeutung sind […].

Angesichts sowohl von Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2013/11 als auch von Art. 6 Abs. 1 Buchst. t der Richtlinie 2011/83 reicht es daher nicht aus, dass der Verbraucher die in diesen Bestimmungen genannten Informationen über die alternative Streitbeilegung erst zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem Unternehmer erhält, sei es im Rahmen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Vertrag oder in einem gesonderten Dokument.

Marian Weyo/Shutterstock.com

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