Nach wie vor ist umstritten, ob Verstöße gegen die DSGVO abgemahnt werden können. Ebenso wenig ist geklärt, wer solche Abmahnungen aussprechen darf. Hintergrund ist die Frage, ob die DSGVO die Rechtsdurchsetzung abschließend regelt oder ob Raum für eine Anwendung nationaler Vorschriften besteht, die einerseits Mitbewerbern und andererseits Verbänden ein Vorgehen bei Verstößen ermöglichen. Der BGH (Beschl. v. 28.5.2020 – I ZR 186/17) hat die entsprechende Frage nun dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Worum geht es in dem Verfahren?

Die Beklagte, die Facebook Ireland Limited, ist die Betreiberin von Facebook. Sie bietet ein „App-Zentrum“ an, in dem sie den Nutzern ihrer Plattform kostenlos Online-Spiele anderer Anbieter zugänglich macht. Im November 2012 wurden in diesem App-Zentrum mehrere Spiele angeboten, bei denen unter dem Button „Sofort spielen“ folgende Hinweise zu lesen waren: „Durch das Anklicken von ‚Spiel spielen‛ oben erhält diese Anwendung: Deine allgemeinen Informationen, Deine-Mail-Adresse, Über Dich, Deine Statusmeldungen. Diese Anwendung darf in deinem Namen posten, einschließlich dein Punktestand und mehr.“ Bei einem Spiel endeten die Hinweise mit dem Satz: „Diese Anwendung darf Statusmeldungen, Fotos und mehr in deinem Namen posten.“

Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). Er vertritt die Ansicht, die Präsentation der unter dem Button „Sofort spielen“ gegebenen Hinweise im App-Zentrum genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Einholung einer wirksamen datenschutzrechtlichen Einwilligung der Nutzer und sei unlauter. Der vzbv hält sich zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen im Wege der Klage vor den Zivilgerichten gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG und § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG für befugt.

Bisheriger Prozessverlauf

Das LG Berlin (Urt. v. 28.10.2014 – 16 O 60/13) hatte die Beklagte antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen, auf ihrer Internetseite in einem App-Zentrum Spiele so zu präsentieren, dass Nutzer der Internetplattform mit dem Betätigen eines Buttons wie „Spiel spielen“ die Erklärung abgeben, dass der Betreiber des Spiels über das von der Beklagten betriebene soziale Netzwerk Informationen über die dort hinterlegten personenbezogenen Daten erhält und ermächtigt ist, Informationen im Namen der Nutzer zu übermitteln (posten). Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Beklagten vor dem KG (Urt. v. 22.9.2017 – 5 U 155/14) hatte keinen Erfolg. Hiergegen legte die Beklagte Revision ein.

EuGH muss entscheiden

Der BGH hat das Verfahren nun ausgesetzt und dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die in Kapitel VIII DSGVO vorgesehenen Regelungen, insbesondere Art. 80 Abs. 1, 2 und Art. 84 Abs. 1 DSGVO, nationalen Bestimmungen entgegenstehen, die es einerseits Mitbewerbern und andererseits berechtigten Verbänden, Einrichtungen und Kammern ermöglichen, gegen den Verletzer vorzugehen.

Der Vorlagebeschluss liegt noch nicht im Volltext vor, der BGH hat jedoch bereits eine Pressemitteilung veröffentlicht.

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die in Kapitel VIII, insbesondere in Art. 80 Abs. 1 und 2 sowie Art. 84 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutzgrundverordnung) getroffenen Bestimmungen nationalen Regelungen entgegenstehen, die – neben den Eingriffsbefugnissen der zur Überwachung und Durchsetzung der Verordnung zuständigen Aufsichtsbehörden und den Rechtsschutzmöglichkeiten der betroffenen Personen – einerseits Mitbewerbern und andererseits nach dem nationalen Recht berechtigten Verbänden, Einrichtungen und Kammern die Befugnis einräumen, wegen Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte einzelner betroffener Personen und ohne Auftrag einer betroffenen Person gegen den Verletzer im Wege einer Klage vor den Zivilgerichten vorzugehen.

Abschließende Regelung in der DSGVO?

Der BGH stellte klar, dass die Frage, ob die DSGVO die Rechte abschließend regelt, in der Rechtsprechung und der rechtswissenschaftlichen Literatur umstritten ist.

Es wird die Auffassung vertreten, dass die Datenschutzgrundverordnung eine abschließende Regelung zur Durchsetzung der in dieser Verordnung getroffenen datenschutzrechtlichen Bestimmungen enthält und eine Klagebefugnis von Verbänden deshalb nur unter den – im Streitfall nicht erfüllten – Voraussetzungen des Art. 80 der Datenschutzgrundverordnung besteht. Andere halten die in der Datenschutzgrundverordnung zur Rechtsdurchsetzung getroffenen Regelungen nicht für abschließend und Verbände daher weiterhin für befugt, Unterlassungsansprüche wegen des Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte einzelner betroffener Personen und ohne Auftrag einer betroffenen Person im Wege der Klage vor den Zivilgerichten durchzusetzen.

Fazit

Insbesondere die Frage, ob Mitbewerber Datenschutzverstöße abmahnen können, wurde von den Gerichten bislang unterschiedlich beantwortet. Zuletzt entschied das OLG Stuttgart, dass die DSGVO die Rechtsbehelfe nicht abschließend regle. Eine abschließende Entscheidung des EuGH zu dieser Frage wird für Rechtssicherheit sorgen.

Marian Weyo/Shutterstock.com

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