Elektrogeräte müssen nach § 9 Abs. 2 ElektroG mit dem Symbol der durchgestrichenen Mülltonne gekennzeichnet werden. Das LG Dortmund (Urt. v. 27.4.2020 – 10 O 16/19) entschied nun, dass es sich beim Fehlen dieser Kennzeichnung um einen Wettbewerbsverstoß handelt, der abgemahnt werden kann.

Die beiden Parteien vertreiben online Lampen und Leuchtmittel. Die Klägerin führte einen Testkauf durch und bestellte eine von der Beklagten hergestellte Tischleuchte, eine Nachttischlampe und einen Bodeneinbaustrahler. Diese Leuchten waren jedoch nicht mit dem Symbol einer durchgestrichenen Mülltonne gekennzeichnet. Die Klägerin mahnte die Beklagte daraufhin ab. Die geforderte Unterlassungserklärung gab sie jedoch nicht ab. Das LG Darmstadt wies den Antrag der Klägerin u.a. zurück, weil es sich bei § 9 Abs. 2 ElektroG nicht um eine Marktverhaltensregelung handle. Hiergegen legte sie Berufung ein. Das OLG Frankfurt a.M. (Urt. v. 25.7.2019 – 6 U 51/19) gab dem Unterlassungsantrag in dem vorangegangenen Verfügungsverfahren statt und erließ eine einstweilige Verfügung.

Das LG Dortmund verurteilte die Beklagte nun im Hauptsacheverfahren zur Unterlassung und zum Ersatz der Abmahnkosten.

Rechtlicher Hintergrund

§ 9 Abs. 2 ElektroG bestimmt, dass Elektro- und Elektronikgeräte grundsätzlich mit dem Symbol der durchgestrichenen Mülltonne zu kennzeichnen sind. Dieses findet sich in Anlage 3 ElektroG.

Auch Lampen erfasst

Wie bereits das OLG Frankfurt feststellte, stellte auch das LG Dortmund klar, dass die Regelung auch auf Lampen Anwendung findet.

Soweit die Beklagte geltend macht, § 9 Abs. 2 ElektroG sei auf Lampen nicht anwendbar, so geht dies fehl. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ElektroG ist das Gesetz auf „Lampen“ ausdrücklich anwendbar. Ausgenommen sind hingegen nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 „Glühlampen“, um die es hier ersichtlich nicht geht.

Pflicht zur Kennzeichnung auch Marktverhaltensregel?

Entscheidend war die Frage, ob es sich bei der Vorschrift um eine Marktverhaltensregelung i.S.v. § 3a UWG handelt. Das ist dann der Fall, wenn die Vorschrift zumindest auch den Schutz der Interessen der Marktteilnehmer bezweckt. Hierzu gehören u.a. Mitbewerber und Verbraucher. Das LG Dortmund stellte fest, dass diese Frage von Gerichten unterschiedlich beantwortet worden und sich auch die juristische Literatur nicht einig sei.

Nach einer Meinung liegen die Voraussetzungen für die Annahme einer Marktverhaltensregelung nicht vor (OLG Köln WRP 2015, 616, Rn. 27; OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.05.2014, Az. I-15 U 69/14, Rn. 19, zit. nach juris, Giesberts/Hilf, ElektroG, 3. Aufl., § 9, Rn. 26 m.w.N.; Grotelüschen/Karenfort, BB 2006, 955 (959)).

Nach einer anderen Auffassung liegt eine Marktverhaltensregelung vor (OLG Frankfurt in dem vorangegangenen Verfügungsverfahren, Urteil vom 25.07.2019, Az. 6 U 51/19 = BeckRS 2019,18523; OLG Hamm, Urteil vom 04.09.2014, Az. 4 U 77/14 = NJOZ 2015, 933 zu dem inhaltsgleichen § 7 S. 2 ElektroG a.F. und unter Verweis auf nicht veröffentlichte Entscheidungen des OLG Nürnberg, Az. 346/14 und des OLG Karlsruhe, Az. 6 U 45/14; LG Düsseldorf, Urteil vom 08.10.2019, Az.34 O 87/19 = BeckRS 2019, 29815; Köhler/Bornkamm, UWG, 38. Aufl., § 3a, Rn. 1.198 wie aus dem Kontext folgt mit offenbarem Redaktionsversehen („keine“), abweichend zur Vorauflage).

Gesetzesänderung war entscheidend

Das LG Dortmund schloss sich wie bereits das OLG Frankfurt der Ansicht an, dass es sich um eine Marktverhaltensregelung handle. Hierzu führte es ebenfalls die 2015 erfolgte Gesetzesänderung an, wenn auch mit falschem Datum. Die entsprechende Ergänzung des § 1 ElektroG erfolgte nämlich nicht zum 13.8.2005, sondern zum 20.10.2015 hin.

Jedenfalls nachdem der Gesetzgeber mit Wirkung zum 13.08.2005 § 1 ElektroG um den S. 3 („Um diese abfallwirtschaftlichen Ziele zu erreichen, soll das Gesetz das Marktverhalten der Verpflichteten regeln.“) ergänzte, kann der wettbewerbliche Zweck auch des § 9 Abs. 2 ElektroG nicht mehr negiert werden (Wüstenberg, WRP 2017, 396 (399 f)). Es ist auch entgegen der Auffassung der Beklagten nichts dafür ersichtlich, dass der damit begründete wettbewerbliche Zweck gerade bei § 9 Abs. 2 ElektroG nicht gegeben sein sollte. Berührt ist zumindest sekundär das Interesse des Verbrauchers, beim Kauf zu erkennen, ob er das Produkt im Hausmüll entsorgen kann.

Keine Kennzeichnung auf dem Produkt

Das Gericht stellte fest, dass den Produkten, um die es vorliegend ging, eine entsprechende Kennzeichnung fehlte. Die in § 9 Abs. 2 S. 2 ElektroG vorgesehene Ausnahme sei nicht einschlägig. Danach kann das Symbol statt auf dem Gerät auf der Verpackung, der Gebrauchsanweisung oder dem Garantieschein angebracht werden, wenn dies aufgrund der Größe oder der Funktion des Elektrogerätes erforderlich ist.

Eine solche Erforderlichkeit liegt vor, wenn es aufgrund von Größe und Funktion keine Möglichkeit gibt, das Symbol direkt auf dem Produkt anzubringen, was beispielsweise dann gegeben ist, wenn das Produkt zu klein ist, um das Symbol noch sichtbar anzubringen oder wenn das Symbol nur auf Bedien- oder Gelenkflächen angebracht werden könnte (Giesberts/Hilf, a.a.O., § 9, Rn. 23). Danach hätte hier das erforderliche Symbol problemlos – ohne Funktionsbeeinträchtigung – am Boden der Lampe angebracht werden können (OLG Frankfurt a.a.O.). Gleiches gilt sinngemäß auch für die Nachttischlampe und den Bodeneinbaustrahler.

Verbraucherinteressen spürbar beeinträchtigt

Das Gericht kam auch zu dem Ergebnis, dass das Fehlen des Symbols die Verbraucherinteressen spürbar beeinträchtigt habe. Eine solche Spürbarkeit liegt vor, wenn der Verbraucher die ihm vorenthaltene Information je nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Die Kammer ist mit dem OLG Frankfurt (a.a.O.) der Auffassung, dass das fehlende Symbol geeignet ist, die Kaufentscheidung von Verbrauchern insofern zu beeinflussen, als die fälschliche Annahme, er könne das Gerät nach Gebrauch im Hausmüll entsorgen, ihn zumindest von der Ausübung des Widerrufsrechtes abhalten kann.

Dem stehe auch der Umstand nicht entgegen, dass die Lampe online angeboten wurde und die Verbraucher die Bodenkennzeichnung nicht sehen konnten.

Dem steht auch nicht entgegen, dass das Symbol mit weiteren Ausführungen in der Gebrauchsanweisung angebracht ist. Denn es kann nicht angenommen werden, dass die Verbraucher die Gebrauchsanweisung überhaupt zur Kenntnis nehmen. Es liegt nahe, dass viele Verbraucher die Lampen mit intuitiver Bedienung in Gebrauch nehmen werden. Um sicherzustellen, dass der Verbraucher das Symbol zur Kenntnis nimmt, soll es nach der Vorschrift gerade direkt auf dem Gerät angebracht werden (vgl. OLG Frankfurt, a.a.O.). Dazu kann sich das Vorenthalten der Information auf eine nachfolgende weitere geschäftliche Entscheidung auswirken, nämlich ggf. einem erneuten Kauf des gleichen Produkts (LG Düsseldorf, a.a.O.).

Der Anspruch der Klägerin auf Unterlassung und Ersatz der Abmahnkosten war daher begründet.

Kein Ersatz der Kosten für den Testkauf

Unbegründet war die Klage jedoch hinsichtlich der Erstattung der Kosten für die Testkäufe. Kosten eines Testkaufs können im Rahmen der erforderlichen und zweckmäßigen Rechtsverfolgung erstattungsfähig sein, soweit sie im Rahmen eines schon vorher gefassten Entschlusses zur Rechtsverfolgung getätigt wurden. Zu der Veranlassung des Testkaufs hatte die Klägerin jedoch nicht vorgetragen. Das Gericht sah vielmehr eine zuvor von der Beklagten ergangene Abmahnung als Anlass an.

Die zeitlichen Abläufe legen nahe, dass die von der Beklagten erklärte Abmahnung Anlass gewesen sein dürfte. Soweit dies zuträfe, wäre der Kauf aber nicht durch eine Wettbewerbsverletzung der Beklagten veranlasst gewesen. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin bereits vor dem behaupteten Testkauf konkrete Veranlassung für die Annahme unzureichender Produktkennzeichnungen mit dem durchgestrichenen Mülltonnensymbol bei der Beklagten hatte.

Alexander Kirch/Shutterstock.com

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