Werbung für E-Zigaretten und Tabakprodukte ist durch den Gesetzgeber stark reguliert. Das LG Essen entschied (Urt. v. 25.10.2019 – 41 O 13/19), dass Liquid für E-Zigaretten nicht mit dem Slogan „Genuss ohne Reue“ und als „apothekenrein“ beworben werden darf.

Die Beklagte stellt u.a. Nachfüllflüssigkeiten und Nachfüllbehälter für E-Zigaretten her und vertreibt diese. In ihrem Online-Shop bewarb sie diese als „apothekenreine Premium eLiquids“ und auf einem Plakat mit dem Slogan „Genuss ohne Reue“. Die Wettbewerbszentrale sah hierin einen Verstoß und mahnte die Beklagte ab. Diese Abmahnung wurde von ihr als unbegründet zurückgewiesen.

Das LG Essen entschied, dass es sich bei dem Slogan „Genuss ohne Reue“ um unzulässige gesundheitsbezogene Werbung handle und bei der Aussage „apothekenreine Premium eLiquids“ um unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten.

Strenger Maßstab bei gesundheitsbezogener Werbung

Das Gericht entschied, dass die Werbung gegen das Irreführungsverbot nach § 5 Abs. 1 UWG verstoße. Bei dem Hinweis „Genuss ohne Reue“ handle es sich um eine gesundheitsbezogene Werbung, bei der ein strenger Maßstab anzulegen ist.

Wegen der nach allgemeiner Auffassung der menschlichen Gesundheit zukommenden besonderen Bedeutung können Erzeugnisse, die zu ihrer Erhaltung oder Förderung beitragen, erfahrungsgemäß mit gesteigerter Wertschätzung rechnen, so dass sich eine an die Gesundheit anknüpfende Werbemaßnahme als besonders wirksam erweist. Überall dort, wo die Gesundheit ins Spiel gebracht wird, müssen daher besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Klarheit und Eindeutigkeit der Aussagen gestellt werden; dies gilt im besonderen Maße bei Genussmitteln. Deshalb verstößt eine werbende Aussage, die pauschal auf gesundheitsfördernde oder gesundheitlich unbedenkliche Wirkungen hindeutet, grundsätzlich gegen die guten Sitten im Wettbewerb […]. Um eine solche werbende Aussage handelt es sich hier.

Werbung streitet Gesundheitsgefahren ab

Die angesprochenen Verkehrskreise, die e-Liquids als Ersatz für Nikotinkonsum durch Zigaretten sehen, werden durch die Werbung davon ausgehen, dass das beworbene Produkt eben nicht die bekannten Gefahren des Rauchens aufweist.

Eine solche Werbung ist irreführend, denn jedenfalls gehen von den [Liquids] insoweit Gesundheitsgefahren aus, als sie zur Nikotinabhängigkeit führen könnten, in deren Folge womöglich auch auf andere -eindeutig gesundheitsgefährdende- Produkte wie etwa Zigaretten zurückgegriffen wird. Zwar wird auf den Plakaten auf die Gefahr der Nikotinabhängigkeit an anderer Stelle hingewiesen, nämlich als Abdruck auf den abgebildeten Packungen. Damit wird aber die Blickfangwerbung, die ca. 40% des oberen Teils des Plakates ausmacht und über den abgebildeten Produkten herausgehoben steht, in ihrer Wirkung auf die Verkehrskreise nicht aufgehoben. Im Übrigen stellt die Widersprüchlichkeit der Aussagen ebenfalls eine Irreführung und keine Klarstellung dar. Denn ein Genuss, der zur Nikotinabhängigkeit führen kann, sollte bei dem „Durchschnittsverbraucher“ sehr wohl eine Reue auslösen. Sich über die Gesundheitsgefahren um des Genusses willen ohne Reue hinwegzusetzen mag mit „lifestyle“ bezeichnet werden, eine Werbung hiermit fällt allerdings nicht unter die bei der Zigarettenplakatwerbung – noch – geduldete „Lifestylewerbung“, die sich auf die Suggestion eines bloßen Lebensgefühls beschränkt und nicht die von dem Produkt ausgehende Gesundheitsgefahr verschleiert.

Liquids dürfen ohnehin nur reine Inhaltsstoffe enthalten

Zudem stehe dem Kläger auch der Unterlassungsanspruch gegen die Aussage „apothekenreine Premium Qualität“ zu. Anforderungen an die Inhaltsstoffe von E-Zigaretten enthält § 13 Abs. 1 Nr. 2 TabakerzG und bestimmt hierzu u.a. Folgendes:

(1) Elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter dürfen nur in den Verkehr gebracht werden, wenn

[…]

2.bei der Herstellung der zu verdampfenden Flüssigkeit nur Inhaltsstoffe von hoher Reinheit verwendet werden, wobei bis auf technisch unvermeidbare Spuren keine anderen Stoffe als diese reinen Inhaltsstoffe enthalten sein dürfen,

Bei dieser Aussage handle es sich um eine irreführende Werbung mit Selbstverständlichkeiten, denn das Gesetz bestimme, dass nur Inhaltsstoffe von hoher Reinheit verwendet werden dürfen, wobei bis auf technisch unvermeidbare Spuren keine anderen Stoffe als diese reinen Inhaltsstoffe enthalten sein dürfen.

„Apothekenrein“ = hoher Reinheitsgrad

Bei dem Begriff „apothekenrein“ handle es sich um eine Wortschöpfung, die nicht gesetzlich definiert ist. Der Verbraucher verbinde hiermit einen hohen Reinheitsgrad, der jedoch gesetzlich vorgeschrieben ist. Zwar werden die Liquids in identischer Zusammensetzung, aber unter einer anderen Marke auch in Apotheken verkauft, im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch nur um die Beschreibung einer Selbstverständlichkeit. Diese Selbstverständlichkeit entfalle auch nicht dadurch, dass die Liquids einiger Mitbewerber verunreinigt sind und diese sich nicht an die Vorgabe des § 13 Abs. 1 Nr. 2 TabakerzG halten.

Der durchschnittliche Verbraucher wird mit der Wortzusammensetzung nicht mehr verbinden, als eine hohe Reinheitsstufe, die allerdings als gesetzlich vorgeschriebene Eigenschaft allen Produkten dieser Art immanent sein muss und keinen besonderen Vorteil darstellt. Soweit die Beklagten darauf abstellen, dass die E-Liquids in identischer Zusammensetzung auch unter der Marke „NikoMed“ über Apotheken vertrieben werde und für den Vertrieb über Apotheken die E-Liquids der Beklagten eine Pharmazentralnummer der Informationsstelle für A. GmbH erhalten habe, nachdem die Reinheit durch einen qualifizierten Apotheker bestätigt worden sei, mag dies eine freiwillig erbrachte Leistung sein, die womöglich als solche beworben werden dürfte. Allerdings hat die Beklagte zu 1) mit dem Begriff „Apothekenrein“ einen pauschalen Zusatz gewählt, der eben diese Tatsachen nicht erkennen lässt, sondern nach dem Verständnis der Verbraucherkreise nur eine Produktbeschreibung darstellt, die selbstverständlich ist. Die Selbstverständlichkeit dieser Beschreibung entfällt nicht dadurch, dass sich einige Mitbewerber mit ihrer Produktion nicht an § 13 I Ziffer 2 TabakerzG halten und sich damit einem selbstverständlichen Handeln entziehen.

Damit standen der Klägerin die geltend gemachten Unterlassungsansprüche zu.

Alexander Kirch/Shutterstock.com

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