OLG Düsseldorf: Vertragsstrafe bei gleichem Verstoß auf unterschiedlichen Webseiten mehrfach fällig

Jeder, der schon einmal abgemahnt wurde, kennt die eigentliche Gefahr dahinter – die strafbewehrte Unterlassungserklärung. Darin wird erklärt, für jeden zukünftigen Verstoß gegen diese Unterlassungserklärung einen bestimmten Geldbetrag zu zahlen. Das OLG Düsseldorf (Urt. v. 29.8.2019 – I-2 U 44/18) entschied, dass bei gleichen Verstößen auf unterschiedlichen Webseiten die Vertragsstrafe mehrfach anfalle.

Der Beklagte, ein Immobilienmakler, wurde abgemahnt, da er auf Facebook kein ordnungsgemäßes Impressum vorhielt. Es fehlten die Angabe des Handelsregisters und der Handelsregisternummer. Daraufhin wurde er abgemahnt und gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Anschließend veröffentlichte der Beklagte weitere Anzeigen auf anderen Plattformen ohne ein vollständiges Impressum anzugeben. Der Kläger forderte daraufhin Unterlassung und verlangte die Zahlung von zwei Vertragsstrafen je 5.100,00 €. Das LG Düsseldorf gab der Klage statt und verurteilte den Beklagten entsprechend. Hiergegen legte der Beklagte Berufung ein.

Das OLG Düsseldorf bestätigte jedoch das erstinstanzliche Urteil, die Berufung sei unbegründet. Das LG habe den Beklagten zu Recht zur Unterlassung und Zahlung einer Vertragsstrafe i. H. v. 10.200 € verurteilt. Die Verstöße seien nicht als eine Zuwiderhandlung anzusehen.

Auslegung des
Unterlassungsvertrags entscheidend

Zunächst
stellte das Gericht klar, dass die Parteien bei der inhaltlichen Ausgestaltung
eines Unterlassungsvertrags frei seien. Die Auslegung richte sich daher nach
den allgemeinen Grundsätzen der Vertragsauslegung.

Maßgebend für die Reichweite einer vertraglichen Unterlassungsverpflichtung ist der wirkliche Wille der Vertragsparteien (§§ 133, 157 BGB), zu dessen Auslegung neben dem Inhalt der Vertragserklärungen auch die beiderseits bekannten Umstände, insbesondere die Art und Weise des Zustandekommens der Vereinbarung, ihr Zweck, die Wettbewerbsbeziehung zwischen den Vertragsparteien und ihre Interessenlage heranzuziehen sind […]. Ein unmittelbarer Rückgriff auf die Grundsätze, die für die Auslegung eines in gleicher Weise formulierten Unterlassungstitels gelten, kommt dagegen nicht in Betracht, weil einem Unterlassungsvertrag der Charakter eines vollstreckbaren Titels fehlt […]. Selbst der Umstand, dass sich ein Unterlassungsvertrag seinem Wortlaut nach nur auf einen bestimmten Werbesatz bezieht, bedeutet nicht, dass sich die vertragliche Unterlassungspflicht auf diesen beschränken muss.

Zweck eines Unterlassungsvertrags sei es regelmäßig, nach einer Verletzungshandlung die Vermutung der Wiederholungsgefahr durch eine vertragsstrafenbewehrte Unterlassungsverpflichtung auszuräumen, um ein Gerichtsverfahren zu vermeiden. Die Wiederholungsgefahr werde jedoch nicht allein für die genau identische Verletzungshandlung vermutet, sondern umfasse auch alle im Kern gleichartigen Verletzungsformen.

Auch andere Plattformen erfasst

Erfahrungsgemäß spreche daher regelmäßig der Zweck dafür, dass die Vertragsparteien durch den Unterlassungsvertrag auch im Kern gleichartige Verletzungsformen erfassen wollten, sofern nicht seine Auslegung ergebe, dass dieser bewusst eng auf die bezeichnete konkrete Verletzungsform bezogen ist. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall. Der Unterlassungsvertrag sei dahin auszulegen, dass die darin genannten Impressumsangaben auch auf anderen Plattformen zu erfolgen haben.

In den Ziffern 1 bis 3 der Unterlassungserklärung wird demgemäß explizit auch auf den Internetauftritt des Beklagten auf [Facebook] am 26.08.2016 Bezug genommen, wobei diese aber nur „insbesondere“ in Bezug genommen wird. Mit Recht hat das Landgericht vor diesem Hintergrund angenommen, dass die vertraglichen Unterlassungsverpflichtungen damit auch Angebote des Beklagten auf dieser Internet-Plattform, also auf einer von einem Dritten betriebenen Internet-Plattform, erfassen. Wenn dem so ist, fallen nach dem Willen der Vertragsparteien aber auch vergleichbare Angebote auf anderen von Dritten betriebenen Internet-Plattformen unter den Unterlassungsvertrag. […] Denn der Wortlaut der Vereinbarung sieht eine Einschränkung des Unterlassungsgebots des Beklagten auf Angebote auf Facebook nicht vor. […]

Abgesehen davon sind die Unterlassungsverpflichtungen in den Ziffern 1 bis 3 des Unterlassungsvertrags allgemein formuliert. Der Beklagte hat sich nach dem Wortlaut der Unterlassungserklärung verpflichtet, es zu unterlassen, „Telemedien im Sinne des § 1 TMG anzubieten“, ohne innerhalb dieser angebotenen Telemedien die in den Ziffern 1 bis 3 genannten Angaben in der dort angegeben Art und Weise zu machen. Auf den hier in Rede stehenden Internet-Plattformen bzw. –Portalen hat der Beklagte jeweils solche Telemedien als Diensteanbieter angeboten.

Kein
Zusammenhang der Verstöße

Vorliegend
konnten die Verstöße nicht als eine Zuwiderhandlung angesehen werden.
Ausgangspunkt für die Beurteilung, ob und inwieweit mehrere oder wiederkehrende
Verstöße zu einer rechtlichen Einheit zusammenzufassen sind, sei zunächst der
Vertragswortlaut. Hier hatten die Parteien vereinbart, dass für jeden Fall der
Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe fällig sei. Auch diese Vereinbarung könne dahin
ausgelegt werden, dass mehrere zeitlich nicht zu weit auseinanderliegende
fahrlässige Einzelverstöße als eine einzige Zuwiderhandlung angesehen werden.
Bei einer Mehrzahl von Verstößen müsse zunächst geprüft werden, ob diese eine
natürliche Handlungseinheit und damit nur eine Handlung darstellen.

Sie zeichnet sich durch einen engen Zusammenhang der Einzelakte und durch eine auch für Dritte äußerlich erkennbare Zugehörigkeit zu einer Einheit aus […]. Wenn keine solche Handlungseinheit vorliegt, kann die Auslegung des Unterlassungsvertrags ergeben, dass mehrere fahrlässig begangene und zeitlich nicht zu weit auseinanderliegende Zuwiderhandlungen, die in der Weise zusammenhängen, dass sie gleichartig und unter Außerachtlassung derselben Pflichtenlage begangen worden sind, nur als ein Verstoß zu werten sind […].

Eine
solche natürliche Handlungseinheit scheide jedoch vorliegend aus. Für Dritte
sei die Zugehörigkeit der Einzelakte zu einer Einheit von außen nicht
erkennbar.

Die einzelnen Zuwiderhandlungen haben nämlich auf drei verschiedenen Internet-Plattformen stattgefunden (vgl. OLG München, MMR 2015, 111 = BeckRS 2014, 21628; vgl. hierzu ferner OLG Hamm, MMR 2013, 100 = BeckRS 2012, 25508). Einer Einstufung der auf den verschiedenen Plattformen begangenen Zuwiderhandlungen als nur einem einzigen Verstoß steht entgegen, dass der Beklagte auf den Internet-Plattformen 123makler.de und Google+  – im Unterschied zu seinen Angeboten auf der Plattform Immobilienscout24 – nicht nur das Handelsregister und die Handelsregister nicht angegeben hat, sondern auch die zuständige Aufsichtsbehörde.

Durch die fehlenden Impressumsangaben und die damit begangenen Verstöße gegen die Unterlassungserklärung habe der Beklagte zwei Vertragsstrafen verwirkt.

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31.01.20