Update 25.3.2021: Der BGH (Urt. v. 25.3.2021 – I ZR 203/19) hat heute entschieden, dass die Erhebung eines Entgelts für die Nutzung der Zahlungsmöglichkeiten Sofortüberweisung und PayPal nicht gegen § 270a BGB verstoße. Die Erhebung eines Entgelts für zusätzliche Leistungen werde nicht von § 270a BGB erfasst.
Update 15.12.2020: Die mündliche Verhandlung im Revisionsverfahren vor dem BGH (Az. I ZR 203/19) hat am 10.12.2020 stattgefunden. Den Verkündungstermin hat das Gericht für den 25.3.2021 anberaumt.
Seit dem 13.1.2018 sind gem. § 270a BGB Vereinbarungen über zusätzliche Gebühren für eine Zahlung per SEPA-Lastschrift, SEPA-Überweisung oder Zahlungskarte unwirksam. Nachdem das LG München entschieden hatte, dass diese Regelung auch in Bezug auf die Zahlungsarten PayPal und Sofortüberweisung gelte, kam die Berufung nun zu einem anderen Ergebnis. Das OLG München (Urt. v. 10.10.2019 – 29 U 4666/18) entschied, dass die Erhebung eines Entgelts für die Nutzung der Zahlungsmöglichkeiten Sofortüberweisung und PayPal nicht gegen § 270a BGB verstoße.
Die Beklagte, die FlixMobility GmbH, die unter anderem Fernbusreisen anbietet, stellte auf ihrer Internetseite die Zahlungsarten EC-Karte, Kreditkarte, Sofortüberweisung und PayPal zur Verfügung. Für letztere beiden erhob sie ein zusätzliches Entgelt. Hierin sah die Wettbewerbszentrale einen Verstoß gegen § 270a BGB und nahm das Unternehmen auf Unterlassung in Anspruch. Das LG München gab der Klage in vollem Umfang statt. Hiergegen legte die Beklagte Berufung ein.
Das OLG München entschied, dass diese beiden Zahlungsarten nicht von § 270a BGB erfasst werden. Sie fallen weder unter den Wortlaut der Vorschrift noch seien sie nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes mit den vom Verbot erfassten Zahlungsarten gleichzusetzen.
Zunächst stellte das Gericht beide Zahlungsarten dar. Bei der Verwendung von PayPal handle es sich um eine sog. E-Geld-Zahlung.
PayPal transferiert lediglich E-Geld zwischen Nutzern von PayPal, ohne dass es darauf ankommt, ob der PayPal-Nutzer E-Geld gegen Zahlung eines Geldbetrages, durch Empfang von E-Geld oder durch Zugriff von PayPal auf eine andere Zahlungsquelle des Nutzers erhält. Da auch in letzterem Fall der Betrag, auf den PayPal zugreift, erst in E-Geld umgewandelt werden muss, ist es nach zutreffender Auffassung unerheblich, ob PayPal gegenüber seinem Nutzer im Wege einer SEPA-Basislastschrift vorgeht. Auch dann handelt es sich nur im Verhältnis zu PayPal – und nicht im Verhältnis von Gläubiger und Schuldner – um die Verwendung einer SEPA-Lastschrift […].
Der Sofortüberweisung liege zwar eine SEPA-Überweisung zugrunde, diese werde jedoch durch einen Zahlungsdiensteanbieter und nicht vom Zahler ausgelöst.
Allerdings wird diese nicht vom Schuldner als Zahler selbst zum Zwecke der Erteilung einer Gutschrift auf das Zahlungskonto des Zahlungsempfängers zulasten des Zahlers in Ausführung eines oder mehrerer Zahlungsvorgänge durch den Zahlungsdienstleister, der das Zahlungskonto des Zahlers führt, ausgelöst (mithin also nicht als eine “Push-Zahlung”, bei der die Initiative vom Schuldner durch Einleitung des Zahlungsauftrags an seine kontoführende Bank ausgeht), sondern vom Betreiber des Zahlungsdienstes “Sofortüberweisung”, also durch einen Zahlungsauslösedienst […].
Das erhobene Entgelt werde demnach nicht für die Nutzung der in § 270a BGB genannten Zahlungsarten erhoben, sondern jeweils für die Einschaltung eines Dritten.
Das hier streitgegenständliche Entgelt für die antragsgegenständlichen Zahlungsmodalitäten ist demnach keines, welches für die Nutzung der in § 270 a BGB genannten Zahlungsarten vereinbart werden soll, sondern wird jeweils für die Einschaltung eines Dritten erhoben, der – im Fall von PayPal – im Valutaverhältnis Gläubiger/Schuldner die Zahlungsabwicklung mittels Übertragung von E-Geld vornimmt bzw. – bei der Sofortüberweisung – anstelle des Schuldners den Zahlungsvorgang als solchen einleitet […].
Das OLG München folgte ausdrücklich nicht der Ansicht der Vorinstanz, dass das Verbot des § 270a BGB trotzdem greife, da beiden Zahlungsarten SEPA-Zahlungsvorgänge zugrunde liegen. Zwar habe der Gesetzgeber durchaus erwogen, das Surcharging-Verbot etwa auch auf PayPal-Zahlungen zu erstrecken, hiervon jedoch Abstand genommen. Vor diesem Hintergrund sei eine über die explizit genannten Zahlungsarten hinausgehende Anwendung eines Verbots von vornherein zweifelhaft. Dies ergebe auch ein Vergleich mit § 312a Abs. 4 BGB, wonach für Verbraucher zumindest eine gängige und zumutbare entgeltliche Zahlungsmöglichkeit bestehen muss.
§ 270 a BGB sieht nach zutreffender Auffassung […] vielmehr kein generelles Surcharging-Verbot vor, was im Übrigen ein Vergleich mit § 312 a Abs. 4 BGB zeigt. Nach dieser Vorschrift (dort Nr. 1) ist klargestellt, dass Unternehmer in Verbraucherverträgen zumindest eine gängige und zumutbare unentgeltliche Zahlungsmöglichkeit vorsehen müssen. Würde man aus § 270 a BGB ein generelles Surcharging-Verbot ableiten, liefe § 312 a Abs. 4 BGB leer. Dass dies seitens des Gesetzgebers beabsichtigt war, ist nicht zu erkennen.
Weder PayPal noch Sofortüberweisung seien mit den in § 270a BGB genannten Zahlungsarten vergleichbar, weshalb eine analoge Anwendung nicht in Frage komme. Für eine analoge Anwendung auf PayPal fehle es bereits ersichtlich an der erforderlichen planwidrigen Regelungslücke, da sich der Gesetzgeber dazu entschlossen habe, PayPal-Zahlungen nicht einzubeziehen. Er habe von der Möglichkeit, ein entsprechendes Verbot auch auf andere Zahlungsarten anzuwenden, gerade keinen Gebrauch gemacht.
Zudem werden E-Geld-Zahlungen nicht von Art. 62 Abs. 4 RL (EU) 2015/2366, der § 270a BGB zugrunde liegt, erfasst.
Nach dem Wortlaut der Richtlinie gilt das dort vorgesehene Entgeltverbot lediglich für solche Zahlungsdienstleistungen, auf die die VO (EU) Nr. 260/2012 (SEPA-Verordnung) anwendbar ist. Zahlungsvorgänge, bei denen E-Geld gemäß der Definition in Art. 2 Nr. 2 der RL 2009/110/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. 9. 2009 über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geld-Instituten übermittelt wird, fallen nicht in den Anwendungsbereich der SEPA-Verordnung, sofern solche Vorgänge nicht zu einer Überweisung oder einer Lastschrift zugunsten und zulasten eines durch BBAN oder IBAN identifizierten Zahlungskontos führen (Art. 1 Abs. 2 lit. f SEPA-VO). Dass die hier streitgegenständliche “PayPal”-Zahlung eine Übermittlung von E-Geld i. S. v. Art. 2 Nr. 2 der RL 2009/110/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. 9. 2009 ist, steht außer Frage.
Allein der Umstand, dass eine solche Übermittlung im Regelfall auch mit einer SEPA-Zahlung zusammenhängen könne, etwa dadurch, dass das E-Geld-Konto des Nutzers aufgeladen bzw. das des Empfängers „geleert“ wird, führe nicht dazu, diese als vom Entgeltverbot des Art. 62 Abs. 4 RL (EU) 2015/2366 erfasst anzusehen, denn die E-Geld-Übermittlung führe nicht zu einem SEPA-Vorgang der dort beschriebenen Art. Vielmehr erfordere ein solcher Vorgang einen von der E-Geld-Übermittlung grundsätzlich unabhängigen weiteren Akt.
Auch auf die Sofortüberweisung komme eine analoge Anwendung nicht in Frage. Ein Entgelt für eine Überweisung sei nicht vergleichbar mit einem solchen Entgelt, das für eine Zahlung vereinbart wird, die durch einen Zahlungsauslösedienst veranlasst wird.
Nach Art. 2 Nr. 1 SEPA-VO ist eine “Überweisung” ein vom Zahler ausgelöster inländischer oder grenzüberschreitender Zahlungsdienst zum Zwecke der Erteilung einer Gutschrift auf das Zahlungskonto des Zahlungsempfängers zulasten des Zahlungskontos des Zahlers, in Ausführung eines oder mehrerer Zahlungsvorgänge durch den Zahlungsdienstleister, der das Zahlungskonto des Zahlers führt. Ein Entgelt für einen derartigen Zahlungsdienst ist jedoch nicht vergleichbar mit einem solchen Entgelt, welches für eine Zahlung vereinbart wird, die – wie hier – durch einen Zahlungsauslösedienst initiiert wird.
Der Auffassung der Vorinstanz, dass zwischen Zahler und Zahlungsdienst kein Vertragsverhältnis bestehe und die Einschaltung eines solchen Zahlungsdienstes nur den Interessen des Unternehmers diene, schloss sich das OLG ausdrücklich nicht an. Sie könne durchaus auch dem Interesse des Zahlers dienen.
Diesem liegen entgegen der Auffassung des LG vertragliche Beziehungen auch zwischen dem Zahlungsauslösedienst und dem Zahler zugrunde (Geschäftsbesorgungsvertrag i. S. v. § 675 c BGB), und die Wahl eines solchen Zahlungsdienstes kann durchaus auch dem Interesse des Zahlers dienen. So trägt die Beklagte unwidersprochen vor, dass die hinter der “Sofortüberweisung” stehende Sofort-GmbH eine Bonitätsprüfung vornimmt und den Gläubiger direkt unterrichtet, so dass sich ein Abwarten des Zahlungseingangs vor Leistungserbringung erübrigt.
Die Entscheidung des OLG München ist nicht rechtskräftig. Die Wettbewerbszentrale hat die vom OLG zugelassene Revision eingelegt, um die Frage, ob solche Zahlungsentgelte zulässig sind, beim BGH klären zu lassen.
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