Im Mai hatten wir über den Regierungsentwurf des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs - auch bekannt als "Anti-Abmahngesetz" - bereichtet. Der Entwurf wurde schon Ende Juli in den Bundestag eingebracht. So geht es nun weiter.
Nachdem das Bundesjustizministerium einen sogenannten Referentenentwurf erstellt hatte, legte die Bundesregierung einen überarbeiteten Entwurf vor, der am 31. Juli ins Parlament eingebracht wurde.
Die FDP-Fraktion hatte daraufhin eine kleine Anfrage gestellt, in der sie die Bundesregierung fragt, welche Daten zum Abmahnmissbrauch vorliegen. Viele Verbände hatten sich in ihren Stellungnahmen maßgeblich auf unsere Abmahnstudie 2018 gestützt.
Die Bundesregierung antwortet nun, dass ihr keine "offiziellen" Zahlen zum Abmahnmissbrauch vorliegen. Auch wir wurden nach Erstellung unserer 2018er Studie mit über 3000 Teilnehmern von der Anwaltslobby angegriffen, weil es keine repräsentative "Studie" sei. Das mag sein, allerdings begründet die EU regelmäßig den Bedarf neuer Regulierung mit Umfragen unter 300 Personen oder weniger. Hier stellt sich die Frage, was repräsentativer ist.
So führt auch die Bundesregierung in ihrer Antwort aus, der Missstand sei allgemein bekannt, und Petitionen von Bürgern und Betroffenen befassten sich in letzter Zeit überwiegend mit diesem Thema:
Die zahlreichen Eingaben von Betroffenen und die Berichte von Verbänden und Industrie- und Handelskammern, die die Bundesregierung erhalte, belegten jedoch, dass der Missbrauch von Abmahnungen eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen weiterhin erheblich belastet. Nach Auffassung der Bundesregierung stelle es einen nicht hinnehmbaren Missstand dar, wenn Abmahnungen wegen geringfügiger Verstöße zur Erzielung von Gebühren und Vertragsstrafen ausgesprochen werden.
Dies gelte für die Bundesregierung im Übrigen auch unabhängig davon, ob missbräuchliche Abmahnungen von Vereinen oder Mitbewerbern ausgesprochen werden. Daher habe die Bundesregierung in dem Regierungsentwurf nicht nur Regelungen im Hinblick auf Wettbewerber getroffen, sondern darüber hinaus auch die Anforderungen an die Anspruchsberechtigung für Wirtschaftsverbände und qualifizierte Einrichtungen erhöht.
Auf diese Weise werde dafür Sorge getragen, dass nur solche Verbände abmahnberechtigt sind, die nachweisen können, dass sie im Interesse des rechtstreuen Wettbewerbs oder zum Schutz kollektiver Verbraucherinteressen und nicht zur Generierung von Einkünften tätig werden. Nach den Informationen der Bundesregierung hätten Eingaben von Personen und Berichte von Verbänden und den Industrie- und Handelskammern weit überwiegend Abmahnungen wegen Verstößen im Online-Handel zum Gegenstand.
Der Regierungsentwurf des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs ist grundsätzlich zu begrüßen. Positiv sind insbesondere die Einschränkung der Aktivlegitimation auf nicht nur gelegentlich tätige Konkurrenten und eingetragene Wirtschaftsverbände sowie die Vermutungsregelungen bei missbräuchlichen Abmahnungen und die Deckelung von Vertragsstrafen. Die Abschaffung des „fliegenden Gerichtsstandes“ sowie Herausnahme bestimmter DSGVO-Verstöße sind u.E. nicht notwendig aber unschädlich.
Zu befürchten ist allerdings, dass der IDO-Verband die Kriterien für legitimierte Verbände erfüllt und quasi mit staatlicher Anerkennung weiterhin tätig ist. Die Abschaffung der Kostenerstattungspflicht bei Abmahnungen sämtlicher Verstöße gegen Informationspflichten in Telemedien durch Konkurrenten schießt über das Ziel hinaus und dient nicht der Eindämmung von Missbrauch, sondern gefährdet u.E. den Verbraucherschutz.
Am 23.10.2019 wird zu dem Regierungsentwurf eine Expertenanhörung im Rechtsausschuss des Bundestages stattfinden. Neben Befürwortern des Gesetzes wie dem DIHK/HDE werden natürlich auch die Gegner aus der Anwaltslobby gehört, die bis zum Schluss gegen ein solches Gesetz kämpfen. Dass ein Gesetz kommt, und zwar wahrscheinlich noch dieses Jahr, steht u.E. jedoch außer Frage. Es geht nur noch um wenige Details. Wir halten Sie hier auf dem Laufenden.