OLG München: Widerrufene Werbeeinwilligung steht nicht erteilter Einwilligung gleich

Das Verschicken
von E-Mail-Werbung ist grundsätzlich nur mit Einwilligung zulässig. Das OLG
München (Urt. v. 21.2.2019 – 29 U 666/18) entschied nun, dass auch der Widerruf
einer zuvor erteilten Einwilligung einer nicht erteilten Einwilligung
gleichsteht.

Eine Händlerin wurde von der Wettbewerbszentrale wegen unzulässiger E-Mail-Werbung abgemahnt. Die Empfängerin hatte ursprünglich in den Empfang von Werbe-Mails eingewilligt, ihre Einwilligung vor dem Versand der Werbe-Mail jedoch widerrufen. Die Wettbewerbszentrale mahnte die Beklagte ab. Sie gab jedoch weder die geforderte Unterlassungserklärung ab noch zahlte sie die Abmahnkosten. Die Wettbewerbszentrale klagte daher auf Zahlung und Unterlassung.

Das LG München I (Urt. v. 11.12.2017 – 4 HK O 9327/17) gab ihrer Klage statt. Hiergegen legte die Beklagte Berufung ein.

Widerruf der Einwilligung ist mit nicht erteilter Einwilligung gleichzusetzen

Das Gericht stellte zunächst klar, dass – abgesehen von der Ausnahme für Bestandskundenwerbung nach § 7 Abs. 3 UWG – jede Werbung unter Verwendung elektronischer Post nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG eine unzumutbare Belästigung darstelle.

Die Vorschrift setzte Art. 13 RL 2002/58/EG um und sei daher richtlinienkonform auszulegen:

(1) Die Verwendung von automatischen Anrufsystemen ohne menschlichen Eingriff (automatische Anrufmaschinen), Faxgeräten oder elektronischer Post für die Zwecke der Direktwerbung darf nur bei vorheriger Einwilligung der Teilnehmer gestattet werden. […]

(3) Die Mitgliedstaaten ergreifen geeignete Maßnahmen, um - gebührenfrei für die Teilnehmer - sicherzustellen, dass außer in den in den Absätzen 1 und 2 genannten Fällen unerbetene Nachrichten zum Zweck der Direktwerbung, die entweder ohne die Einwilligung der betreffenden Teilnehmer erfolgen oder an Teilnehmer gerichtet sind, die keine solchen Nachrichten erhalten möchten, nicht gestattet sind; welche dieser Optionen gewählt wird, ist im innerstaatlichen Recht zu regeln.

Die Beklagte vertrat jedoch die Auffassung, dass der Widerruf einer zuvor erteilten Einwilligung nicht mit dem Versand ohne Einwilligung gleichzusetzen sei.

Die seitens der Beklagten vertretene Rechtsauffassung, dass es sich bei dem hier tatsächlich erfolgten Widerruf einer zuvor erteilten Einwilligung unter Berücksichtigung des Unionsrechts nicht um einen Fall des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG handeln könne, der ohne Prüfung weiterer einzelfallbezogener Umstände als unzumutbare Belästigung anzusehen wäre, überzeugt nicht. Maßgeblich ist, dass Ziel nicht nur von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG, sondern auch von Art. 13 der ePrivacy-Richtlinie ist, den Versand unerbetener Werbenachrichten zu verhindern. Dies ergibt sich zum einen aus Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie, wonach die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen ergreifen sollen, um sicherzustellen, dass außer in den in Art. 13 Abs. 1 und 2 genannten Fällen unerbetene Nachrichten zum Zwecke der Direktwerbung, die ohne die Einwilligung der betreffenden Teilnehmer oder Nutzer erfolgen oder an Teilnehmer oder Nutzer gerichtet sind, die keine solchen Nachrichten erhalten möchten, nicht gestattet sind. Zum anderen enthält § 7 Abs. 3 Nr. 3 UWG als eine Voraussetzung für eine Ausnahme zu § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG die Vorgabe, dass der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat.

Daraus ergebe sich, so das Gericht, dass der Fall einer nicht erteilten Einwilligung vor dem Versand dem einer widerrufenen Einwilligung gleichstehe.

Beauftragung zum
Versand reicht aus

Das Gericht
stellte zudem fest, dass es nach § 8 Abs. 2 UWG zudem nicht darauf ankomme, ob
die Beklagte die E-Mail selbst versendet habe oder ob dies durch einen
Beauftragten erfolgt sei. Ebenso unerheblich war, dass die Beklagte nach dem Versand
der streitgegenständlichen E-Mail weitere Werbe-Mails an sie verschickt hatte.

Unerheblich ist auch, ob die Beklagte nach dem Versand der E-Mail gem. Anlage weitere Werbe-E-Mails an den betreffenden Adressaten versandt hat, da bereits der eine erfolgte Verstoß zu dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch führt […].

Auch das zwischenzeitliche Inkrafttreten der DSGVO änderte nichts an der Unzulässigkeit der Werbung.

Ob sich […] die Anforderungen an eine wirksame Einwilligung mit Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung geändert haben mögen, ändert daran nichts: Streitgegenstand ist der Versand einer E-Mail ohne Einwilligung, die sowohl nach altem, als auch nach neuem Recht unzulässig ist.

Der Klägerin
stand damit der Anspruch auf Unterlassung und auf Ersatz der Abmahnkosten zu.

MIND AND
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16.07.19