OLG Düsseldorf: Ausnahmeregelung für E-Mail-Werbung gilt nur bei Vertragsschluss

Unter welchen Voraussetzungen Bestandskundenwerbung ohne Einwilligung zulässig ist, bestimmt § 7 Abs. 3 UWG. Eine Voraussetzung ist, dass der Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen E-Mail-Adresse erhalten hat. Das OLG Düsseldorf (Urt. v. 5.4.2018 – I-20 U 155/16) entschied, dass hierfür ein tatsächlicher Vertragsschluss erforderlich sei.

Zwei Makler stritten sich vor Gericht über einen zuvor abgeschlossenen Unterlassungsvertrag bezüglich des Versands von E-Mail-Werbung ohne Einwilligung. Der Beklagte hatte sich darin verpflichtet, es zu unterlassen, „Adressaten, zu denen eine Geschäftsverbindung besteht, mittels E-Mail zu kontaktieren, ohne diese bei der Erhebung der E-Mail-Adresse und bei jeder Verwendung darauf hinzuweisen, dass der Verwendung jederzeit widersprochen werden kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen bestehen.“

Hiergegen habe der Beklagte verstoßen, indem er in zwei Fällen Werbung per E-Mail versandt hatte, ohne darauf hinzuweisen, dass der jederzeitige Widerspruch kostenlos möglich ist.

In erster Instanz gab das LG Düsseldorf der Klage zum Teil statt und sprach dem Kläger einen Anspruch auf Zahlung von zwei Vertragsstrafen in Höhe von jeweils 500 Euro zu. Im Übrigen wies es die Klage ab. Gegen dieses Urteil wendeten sich sowohl der Kläger als auch der Beklagte mit ihren Berufungen.

Wettbewerbsverhältnis besteht

Anders als die Vorinstanz bejahte das OLG Düsseldorf hier ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten.

Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht nicht nur dann, wenn zwei Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen.

Es besteht vielmehr auch dann, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann.

Das Versenden der streitgegenständlichen Mails kann sich aber in der Weise auswirken, dass Kunden, die Bestandskunden der Klägerin sind, sich von dem Angebot des Beklagten angesprochen fühlen und daher aus dem Kundenbestand der Klägerin herausfallen, wodurch diese keine Bestandprovisionen mehr erhalten würde.

Daher lässt sich ein Wettbewerbsverhältnis nicht verneinen.

Empfängerin war keine Kundin

Das OLG Düsseldorf versagte dem Kläger aber seinen Anspruch und wies die Klage insgesamt ab. Der Versand der beiden E-Mails verstieß nicht gegen § 7 Abs. 3 UWG. Bei der Empfängerin handelte es sich nicht um eine Kundin, sondern eine Interessentin.

Die Vorschrift greift nach ihrem Wortlaut nur, wenn der Unternehmer die Adresse im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung erhalten hat. Dabei ist unter Verkauf der tatsächliche Vertragsschluss zu verstehen. Es reicht nicht aus, dass der „Kunde“ zwar Informationen über das Angebot des Werbenden eingeholt hat, aber sich dann doch nicht für das Angebot entschieden hat […].

Hieran fehlt es nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien, denn die Zeugin B. hatte die E-Mail-Adresse zwar dem Beklagten im Zuge einer Nachfrage nach einer Versicherung mitgeteilt, zum Abschluss eines Vertrages unter Vermittlung des Beklagten ist es jedoch nicht gekommen.

Einwilligung für Werbe-Mail lag vor

Die Werbung per E-Mail war nach Ansicht des OLG nicht unlauter, weil die Empfängerin in deren Erhalt eingewilligt habe. Bei der Erhebung ihrer E-Mail-Adresse habe sie nach den Feststellungen des Gerichts durch Beweisaufnahme in den Erhalt weiterer Angebote von Versicherungen und Finanzprodukten eingewilligt. Im Zuge dessen habe man sie auch über die Widerrufsmöglichkeit aufgeklärt.

Diese Einwilligung hatte sich auch auf beide E-Mails erstreckt.

Kein Verstoß gegen Unterlassungserklärung

Der Beklagte habe damit nicht gegen seine Unterlassungserklärung, die sich ersichtlich am Wortlaut des § 7 Abs. 3 UWG orientiere, verstoßen und die Vertragsstrafe nicht verwirkt.

Der Unterlassungsvertrag ist nach den allgemeinen Grundsätzen auszulegen.

Dabei ist vorliegend davon auszugehen, dass der Beklagte sich bei der Unterlassungsverpflichtung verpflichten wollte, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen.

Es kann nicht angenommen werden, dass er sich in jedem Falle zu mehr verpflichten wollte, als seiner gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen.

Das ist hier deshalb von Bedeutung, weil sich die Frage stellt, was Adressaten sind, „zu denen eine Geschäftsverbindung besteht“.

Schon der an § 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG orientierte Wortlaut spricht aber dafür, dass auch insoweit nur solche E-Mails gemeint sein können, die ohne eine ausdrückliche Einwillligung an Kunden gesandt werden, wenn der Beklagte die Adresse im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung erhalten hat.

Zu diesem Personenkreis zählt die Empfängerin nicht, so dass es auch insoweit auf die Frage nicht ankommt, ob der Hinweis in der Mail ausreichend ist oder nicht.

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30.05.19