Bewertungen im Internet spielen eine große Rolle. Neben Bewertungssystemen, die von Händlern selbst zu Marketingzwecken genutzt werden, existieren auch zahlreiche Bewertungsplattformen. Das OLG München (Urt. v. 13.11.2018 – 18 U 1280/16 Pre) entschied nun, dass die Aussonderung eines Großteils der Bewertungen im Widerspruch zum Wesen eines Bewertungsportals steht.
Im entschiedenen Fall ging es um das Bewertungsportal Yelp. Die Klägerin betreibt mehrere Fitnessstudios und ging gegen deren Bewertung auf yelp.de vor. Grund hierfür war, dass nicht alle abgegebenen Bewertungen bei der Gesamtbewertung berücksichtigt wurden, sondern nur solche, die mit dem Prädikat „empfohlen“ ausgezeichnet wurden. Dies führte dazu, dass mehr als 95 % der abgegebenen Bewertungen ausgesondert wurden, ohne dass dies für die Nutzer erkennbar war oder die maßgeblichen Gewichtungskriterien offengelegt wurden. Es wurden nur zwei von 76 und drei von 78 Bewertungen berücksichtigt. Dadurch erhielten die Fitnessstudios nur eine Bewertung von 2,5 bis 3 Sternen. In den nicht berücksichtigten Bewertungen wurden jedoch überwiegend 4 bis 5 Sterne vergeben, was zu einer besseren Gesamtbewertung geführt hätte.
Die maßgeblichen Leser verstünden die plakativ ausgewiesene Gesamtbewertung dahin, dass es sich um das Ergebnis einer Auswertung aller abgegebenen Bewertungen handle. Erst nach den Angaben zum Studio und nach allen empfohlenen Beiträgen erschien ein optisch unauffälliger Hinweis, dass es noch andere Bewertungen gibt.
Dadurch entsteht kein hilfreiches, sondern ein verzerrtes Gesamtbild. Die von der Beklagten mit Hilfe ihrer Bewertungssoftware ausgewiesene Gesamtbewertung steht letztlich zum Wesen eines Bewertungsportals im Widerspruch. Die Bewertung fußt auf Bewertungen von Nutzern, spiegelt aber nicht das Gesamtbild der abgegebenen Bewertungen wider und ist deshalb nicht repräsentativ.
Die nicht berücksichtigten Beiträge hatten alle gemeinsam, dass die Bewertenden nicht auf der Plattform vernetzt waren und überwiegend nur eine Bewertung abgegeben hatten.
Die Beklagte haftet für die Darstellung der Gesamtbewertungen auf der von ihr betriebenen Plattform gemäß § 7 Abs. 1 TMG als unmittelbare Störerin. Anders als Betreiber eines klassischen Bewertungsportals ist die Beklagte nicht lediglich „unverzichtbare Mittelsperson“, die den Erfahrungsaustausch zwischen persönlich nicht miteinander bekannten Personen ermöglicht und zusätzlich den nach mathematischen Gesetzmäßigkeiten errechneten Durchschnitt aller für das jeweilige Unternehmen abgegebenen Bewertungen angibt. Die Beklagte wählt vielmehr unstreitig mithilfe eines von ihr eingesetzten, als Geschäftsgeheimnis nicht offengelegten Algorithmus unter allen abgegebenen Bewertungen diejenigen aus, die sie für vertrauenswürdig und nützlich hält, und errechnet den Durchschnitt nur aus diesen „empfohlenen Beiträgen“.
Wegen der Auswahl der Bewertungen stellte die jeweilige Gesamtbewertung eine eigene Äußerung der Bewertungsplattform darüber dar, welche Bewertung sie auf Grund eigener Auswahl und Beurteilung für zutreffend hielt. Diese Bewertungen verletzten die Klägerin in ihrem sozialen Geltungsanspruch als Wirtschaftsunternehmen und damit in ihrem Unternehmenspersönlichkeitsrecht und stellten zugleich einen rechtswidrigen Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Diese Rechte überwogen das Recht der Beklagten auf freie Meinungsäußerung.
Der Klägerin stand neben dem Unterlassungs- auch ein Schadensersatzanspruch zu, denn sie hatte bereits infolge der schlechten Bewertung einen Kundenrückgang erlitten.