Seit 2014 kann der Verbraucher den Widerruf auch telefonisch erklären. Seitdem nehmen mehrere Gerichte an, dass eine Pflicht besteht, in der Widerrufsbelehrung die Telefonnummer anzugeben. Ebenso entschied nun das OLG Schleswig (Urt. v. 10.1.2019 – 6 U 37/17).
Pflicht bei telefonischer Kontaktmöglichkeit
Ein Hinweis, nach dem in der Widerrufsbelehrung die Telefonnummer anzugeben ist, findet sich nur in einem Gestaltungshinweis zur Muster-Widerrufsbelehrung. Danach ist „soweit verfügbar“ die Telefonnummer anzugeben.
Die Entscheidung darüber, welche Kontaktdaten angegeben werden, darf nicht dem Unternehmer überlassen werden. Das Widerrufsrecht kann anders als nach § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F., der bis zum 29. Juli 2014 Textform vorgeschrieben hatte, nun gemäß § 355 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB durch einfache, formlose, aber eindeutige Erklärung ausgeübt werden. Ist aber die Übermittlung in Textform nicht mehr erforderlich, müssen dem Verbraucher die alternativen Übermittlungswege durch Mitteilung der Kontaktdaten jedenfalls dann eröffnet sein, wenn der Unternehmer diese dem Verbraucher auch sonst eröffnet.
Das Gericht entschied, dass eine Telefonnummer, die für die Kommunikation mit bereits vorhandenen Kunden oder für einen Kontakt zu Verbrauchern im Rahmen des Abschlusses von Fernabsatzverträgen eingerichtet wurde, in jedem Fall als Kontaktmöglichkeit anzugeben ist. Hierbei beruft sich das Gericht auf einen Fall, den der BGH dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt hat.
Außerdem sei diese Formulierung nicht so zu verstehen, dass nur diejenigen Unternehmer ihre Telefonnummer angeben müssen, die über entsprechende organisatorische Vorkehrungen zur Entgegennahme von Widerrufserklärungen über eine telefonische Kontaktmöglichkeit verfügen. Entscheidend sei allein, ob der Unternehmer den Verbrauchern im Zusammenhang mit einem geschlossenen Vertrag eine telefonische Kontaktaufnahme ermögliche oder nicht.
Eröffnet ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Abschluss oder dem Service in Bezug auf geschlossene Verbraucherverträge eine telefonische Kontaktmöglichkeit, so muss er über diesen Kommunikationsweg auch etwaige Widerrufe entgegen nehmen (actus contrarius).
Unvollständige Widerrufsbelehrung
Unstreitig verfügte die Beklagte über Telefonnummern, die Kunden u. a. zur Inanspruchnahme von Serviceleistungen anrufen konnten. Die Widerrufsbelehrung der Beklagten entsprach grundsätzlich den gesetzlichen Anforderungen, es fehlte jedoch die Angabe einer Telefonnummer, weshalb die Privilegierungswirkung der gesetzlichen Musterbelehrung nicht griff. Durch diese fehlende Angabe wurde vielmehr der Eindruck erweckt, die Widerrufserklärung könne nur in Textform erfolgen. Der Verbraucher wurde daher nicht hinreichend über sein Widerrufsrecht belehrt. Die Revision ließ das Gericht nicht zu.
Fazit
Ein Hinweis auf die Angabe der Telefonnummer findet sich nur in den Gestaltungshinweisen zur Muster-Belehrung. Allerdings werden die unterschiedlichen Erklärungsformen dort nur beispielhaft genannt. Eine spezielle Informationspflicht, dass der Widerruf auch telefonisch möglich ist, existiert ansonsten nicht. Um Abmahnungen zu vermeiden, sollten Händler die Telefonnummer jedoch in die Widerrufsbelehrung aufnehmen.
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Was bin ich eben verschrocken…
Doch gut, dass es in meiner Branche (Versicherung) dann doch nicht relevant ist, da spezialgesetzlich geregelt. Wir hatten ja schon genug Ärger mit dem Widrrufs/-spruchrecht in den vergangenen Jahen 😉
Den Kommentar kurz aber genutzt um schnell mal Danke zu sagen für viele spannende Hinweise in den Beiträgen!
LG
Hubert
Ich verstehe den Artikel noch nicht ganz:
Ich MUSS eine Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung angeben oder ich kann.
Wenn ich Widerrufe nicht via Telefon entgegennehmen will, kann dann auch die Telefonnummer fehlen? Was muss ich tun, wenn jemand seine Bestellung telefonisch widerruft?
Was, wenn ich kein Telefon habe oder keines, dessen Nummer öffentlich sein darf (ich besitze nur Handy).
Michael
Es liest sich etwas verquer, aber ok… Wer also ServiceHotline o.ä. anbietet muss auch Widerrufe entgegennehmen. Wie ist das dann wieder mit Rechtsgültigkeit? Personalienabfrage über Telefon? DSGVO? Und schon ist das nächste Problem – Wie umgehen mit sowas, was m.E. nicht ganz Rechtssicher ist (Telefonnummern können gefaked werden, Stimme auch nicht immer verständlich).
Muss ich in dem Fall nicht jedes Telefonat mitschneiden, damit hier gültig eine Aufbewahrung des Widerrufs erfolgen kann? Letztlich ist dann hier alles auf Vertrauen und im wahrsten Sinne des Wortes “Hörensagen” als Vertragsgrundlage basierend.
Wenn du die Personalien (Name, Anschrift) vom Anrufer nennen lässt, um diese abzugleichen, und nicht selbst herausgibst, ist dein konstruiertes Szenario mit gefälschten Rufnummern irrelevant.
Und im Rechtsverkehr gibt’s selten die Vorschrift einer Schriftform. Mündliche Absprachen gibt’s schon immer und solange das Gesetz nichts anderes verlangt gelten sie. Hier ist es ja sogar so, dass der Gesetzgeber ausdrücklich telefonischen Widerruf vorsieht.
Mein Rat: mach die Sache nicht unnötig kompliziert. Telefongespräche ohne Einverständnis aufzuzeichnen ist übrigens strafbar. Auch schon immer.