Werbung per E-Mail ist grundsätzlich nur mit Einwilligung zulässig. Das AG Bonn hat sich mit einem Fall beschäftigt, in dem eine Kundenbefragungmper E-Mail versehentlich dem Rechtsanwalt eines Kunden zugeschickt wurde. Hier liegt ein rechtswidriger Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Betrieb des Anwalts vor, so das Gericht.

Der Versand von Werbung an einen Rechtsanwalt eines Kunden kann einen rechtswidrigen Grundrechtseingriff darstellen. Das hat das AG Bonn (Urt. v. 9.5.2018, 111 C 136/17) entschieden. Ein Telekommunikationsunternehmen hatte versehentlich eine Kundenbefragung per E-Mail an den Rechtsanwalt eines Kunden gesendet. Tatsächlich hatte die E-Mail aber an den Kunden selbst gehen sollen. Die Klage des Anwalts auf Unterlassung hatte Erfolg.

Kundenbefragung ist Werbung

Wie zu erwarten stellte das Gericht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung fest, dass eine Kundenbefragung Werbung darstellt.

“Werbung ist jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern.

Direktwerbung ist gegeben, wenn der Werbende einen unmittelbaren Kontakt zu einem bestimmten Adressaten herstellt, sei es durch persönliche Ansprache, Briefsendung oder durch den Einsatz von Telekommunikationsmitteln wie Telefon, Telefax oder E-Mail.

Die Aufforderung zur Teilnahme an Produktumfragen der Beklagten fällt unter diese Definition, da sie der Absatzförderung ihrer Produkte dienen kann und soll.

Die Beklagte betreibt durch solche Produktumfragen mindestens mittelbare Absatzförderung, um ihre Kunden an sich zu binden und die Chance für zukünftige Absätze zu erhöhen.”

Mittlerweile hat dies auch der BGH entschieden.

Irrtum ohne Bedeutung

Das Gericht maß der Tatsache, dass die Werbung den Kläger nur irrtümlich erreicht hatte, keine Bedeutung zu. Einzig maßgeblicher Umstand sei der Versand von Werbung an die geschäftliche E-Mail-Adresse des Klägers.

Außerdem sei es unerheblich, dass die E-Mail größtenteils Ausführungen zu der Abmahnung des Klägers enthalten hatte. Nur in der Signaturzeile der Mitteilung hatten sich Hinweise auf Kunden-Zufriedenheitsumfragen, aktuelle Handys, Tarife und Produktempfehlungen befunden.

Eine E-Mail sei nicht immer nur ganz oder gar keine Werbung. Vielmehr erfülle die E-Mail zwei Gebrauchszwecke. Zum einen diente sie der geschäftlichen Kommunikation und zum anderen der Zusendung von Werbung. So verstehe es dann auch der Empfänger der Nachricht.

Eingriff war rechtswidrig

Die Beklagte konnte nichts vorbringen, das an der Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens hätte zweifeln lassen.

Auch sonst wäre eine Interessenabwägung zu ihrem Nachteil ausgegangen, wie das Gericht ausführt:

“Der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt.

Das Interesse des Klägers an seinem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb überwiegt das Interesse der Beklagten, dem Kläger Werbung mit elektronischer Post ohne sein Einverständnis zuzuleiten.

Nach der Rechtsprechung des BGH gilt hier, dass der Schutz der geschäftlichen Sphäre, insbesondere die Ungestörtheit der Betriebsabläufe, vorrangig gegenüber dem wirtschaftlichen Gewinnstreben von anderen Unternehmen oder Gewerbetreibenden ist und dass die berechtigten Interessen der gewerblichen Wirtschaft, ihre Produkte werbemäßig anzupreisen, es angesichts der Vielfalt der Werbemethoden nicht erfordern, mit der Werbung in die internen Betriebsabläufe einzudringen.

Auch wenn die Beklagte hier mit den ersten beiden Werbe-E-Mails nicht gezielt Werbung an den Kläger verschicken wollte, ist die fälschliche Adressierung des Klägers nicht geeignet, das Ergebnis der Interessenabwägung zu verändern.”

Hinzu kommt, dass ein Rechtsanwalt verpflichtet ist, alle seine E-Mails sorgfältig zu lesen. Das heißt, dass eine unerwünschte Werbe-Mail bei einem Rechtsanwalt eine größere Störungswirkung entfaltet als bei anderen Berufsgruppen.

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