Seit Januar 2016 sind alle Online-Händler mit Sitz in der EU dazu verpflichtet, auf die Online-Streibeilegungsplattform zu verlinken. Das OLG Hamburg hat nun - wie schon viele Gerichte zuvor - entschieden, dass dieser Link auch klickbar sein muss. Auch die Mitgliedschaft in einer Anti-Abmahninitiative konnte das Urteil nicht verhindern.
Seit ihrer Inbetriebnahme sorgt die OS-Plattform unter Online-Händlern für großen Unmut. Obwohl jeder Händler auf die Plattform verlinken muss, wird sie in der Praxis nur wenig genutzt. Vor allem ist sie Grund unzähliger Abmahnungen, weil das Einfügen der Verlinkung auf Marktplätzen z.B. wegen Feldbegrenzungen nach wie vor schwierig ist bzw. sogar mit deren Link-Policies kollidiert.
Nach dem OLG München und dem OLG Hamm hat nun auch das OLG Hamburg entschieden, dass der Link auf die OS-Plattform klickbar sein muss. Eine Text mit "http://", der aber kein Link ist, genügt nicht. Hierbei nimmt es ausdrücklich Bezug auf den Beschluss des OLG Hamm und übernimmt teilweise auch dessen Begründung.
Die Gegner des Antrags auf einstweilige Verfügung verkaufen Kraftfahrzeugteile im Internet. Bei ihrem Angebot auf eBay hatten sie auf die OS-Plattform hingewiesen. Allerdings hatten sie hierbei den Link auf die Plattform nur in Textform angegeben, statt tatsächlich die Link-Funktion einzurichten.
Ein Mitbewerber hatte hierin einen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 S. 1 der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 (ODR-Verordnung) gesehen und die Konkurrenten abgemahnt. Nachdem diese Abmahnung keinen Erfolg hatte, versuchte der Antragsteller, seinen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gerichtlich durchzusetzen.
Gegen die Beurteilung des Landgerichts, dass der Verstoß nicht geeignet sei, die Interessen der Verbraucher zu beeinträchtigen, weil es auch ohne klickbaren Link möglich sei, die Internetseite zu erreichen, legte der Antragsteller sofortige Beschwerde ein.
In der Begründung vertrat er die Ansicht, dass ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 S. 1 der ODR-Verordnung in jedem Fall spürbar im Sinne des § 3a UWG sei, weil damit gegen Unionsrecht verstoßen würde. Dieses Argument konnte das LG nicht überzeugen, da es durch die Angabe eines Links in Textform keinen Verstoß gegen die zitierte Norm sah. Die Internetadresse der OS-Plattform sei korrekt angegeben.
Das OLG war anderer Meinung:
"Die bloße textliche Wiedergabe der Internetadresse (URL) der OS-Plattform ohne eine Verlinkungs-Funktionalität stellt jedoch keinen "Link" im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 1 VO (EU) Nr. 524/2013 dar.
Ein "Link" setzt nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eine entsprechende Funktionalität voraus, nämlich dass die im Link angegebene Zielseite per Klick erreicht wird.
Die Regelung von Art. 14 Abs. 1 S. 1 VO (EU) Nr. 524/2013 beschränkt sich gerade nicht darauf, dass der Unternehmer die Internetadresse der OS-Plattform lediglich mitteilen muss.
Die Verordnung verlangt vielmehr, dass ein Link zur OS-Plattform eingestellt wird, der zudem für den Verbraucher auch leicht zugänglich sein muss."
Außerdem sei der Verstoß bereits aus Rechtsgründen wesentlich im Sinne von § 5a Abs. 4, § 2 Abs. 1 Nr. 8 UWG und damit auch als spürbar im Sinne des § 3a UWG, weil die Verlinkungspflicht auf unionsrechtlicher Regelung beruhe.
Darüber hinaus stellte das Gericht klar, dass die Verlinkungspflicht nicht nur auf eigens betriebenen Webseiten, sondern auch auf Verkaufsplattformen Geltung haben kann:
"Die Verpflichtung zur Einstellung des Links zur OS-Plattform besteht auch für das Angebot der Antragsgegner auf der Internetplattform eBay, denn unter den in Art. 14 Abs. 1 S. 1 VO (EU) Nr. 524/2013 verwendeten Begriff der 'Webseite' fällt auch das streitgegenständliche Angebot der Antragsgegner auf der Internetplattform eBay."
Anders hatte dies einmal das OLG Dresden entschieden, das eine Pflicht nur auf selbst betriebenen Websites annimmt.
Besonderheit des Falls: Die beteiligten Parteien waren Mitglieder der Initiative "Fair Commerce-Initiative", die Abmahnungen reduzieren will. Aus diesem Grund hatten die Antragsgegner die Abmahnung vorgerichtlich zurückgewiesen. Gemäß § 4 der Satzung der Initiative hätte der Wettbewerber vor der Einleitung kostenpflichtiger Maßnahmen auf die beanstandete Rechtsverletzung hinweisen müssen.
Den Einwand der Antragsgegner, dass die Abmahnung daher rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG sei, Tat der Antragsteller damit ab, dass die Antragsgegner auf ihrer Internetseite - entgegen § 3 der Teilnahmeregeln - nicht auf ihre Mitgliedschaft in der Initiative hingewiesen hatten.
Für das Gericht kam es auf diesen Umstand gar nicht an.
"Die Mitgliedschaft beider Parteien in der Fair-Commerce-Initiative stehe der Geltendmachung des vorliegenden Unterlassungsanspruchs nicht entgegen.
Denn gemäß § 4 Abs. 2 lit. b) Abs. 2 der Teilnahmeregeln sind die in § 4 der Teilnahmeregeln enthaltenen Verhaltenspflichten im Hinblick auf die Abmahnung anderer Mitglieder der Initiative schon nicht mit einem Verzicht auf die mit der Rechtsverletzung verbundenen Unterlassungsansprüche verbunden."
Dass der Link auf die OS-Plattform auch auf Plattformen klickbar sein muss, ist obergerichtlich ausgeurteilt. Abweichende Rechtsprechung konnte sich nicht durchsetzen. Über den Sinn mag man streiten, es hilft aber nicht, da Verstöße immer abgemahnt werden können. Ist also das Setzen eines Links auf einer Verkaufsplattform technisch nicht möglich, ist hiervon rechtlich unbedingt abzuraten, da ein Unterlassungsanspruch dann den Handel auf diesem Kanal vollständig verhindert.
Anti-Abmahninitiativen sind von der Idee her gut, schützen aber nur bedingt. Denn gegen gerichtliche Unterlassungsanordnungen und damit verbundenen Kosten helfen sie nicht. Ob dies den Mitgliedern immer klar ist, erscheint zweifelhaft, ansonsten wäre ein solcher Fall wohl nicht zum OLG getrieben worden. Ein besserer Schutz gegen Abmahnungen ist daher, inhaltlich erst gar keine Angriffspunkte zu bieten und für den Fall des Falles die Kosten der Verteidigung abzusichern.