Viele Händler haben bei eBay mit Bietern zu tun, die kein ernsthaftes Kaufinteresse haben. Da ist es verständlich, dass sich Händler gegen solche Bieter wehren wollen. In vielen Angeboten liest man daher Klauseln, mit denen Spaßbietern eine Art Strafgebühr auferlegt werden soll. Aber ist das zulässig?
Das OLG Frankfurt a.M. (Urt. v. 12.5.2016, 22 U 205/14) hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob einem eBay-Verkäufer eine Vertragsstrafe zustehen kann, wenn der Käufer die gekaufte Ware nicht abnimmt.
Der Kläger bot einen PkW über eBay im Auktionsformat zum Kauf an. In der Beschreibung hieß es: "TÜV/AU neu", der Kilometerstand war mit 128.500 km angegeben. Das Fahrzeug wurde als "taschentuch-gepflegt", "fehlerfrei" und "Marke ...-Scheckheft-gepflegt" beschrieben. Unter der detaillierten Ausstattungsbeschreibung waren folgende Hinweise aufgelistet:
Keine Nachverhandlung
Spaßbieter zahlen 20% des KP
Probefahrt in Stadt1, nicht für JEDEN
Bilder http://www....de
Fragen? ...
Die Auktion endete und der Beklagte war mit seinem Gebot in Höhe von 25.100 Euro der Höchstbietende.
Nach Abschluss der Auktion stellte der Kläger das Fahrzeug beim TÜV vor. Im Prüfbericht hieß es "geringe Mängel". Außerdem wurden noch Mängel detaillierter aufgelistet.
Der Kilometerstand betrug zwischenzeitlich außerdem 129.121 km.
Der Beklagte teilte dem Kläger daraufhin mit, dass er vom Kaufvertrag zurücktrete. Gründe seien der erhöhte Kilometerstand (650 km mehr als ursprünglich angegeben) sowie die bei der TÜV-Untersuchung festgestellten Mängel.
Der Kläger war nun der Meinung, dass er Anspruch auf Zahlung von 20% des Kaufpreises hätte. Schließlich sei wirksam die Zahlung einer Vertragsstrafe vereinbart worden.
Das Gericht bestätigte zunächst, dass die Klausel "Spaßbieter zahlen 20% des KP" als Vereinbarung einer Vertragsstrafe anzusehen ist.
"Die Vertragsstrafe ist eine meist in Geld bestehende Leistung, die der Schuldner für den Fall der Nichterfüllung oder der nicht gehörigen Erfüllung einer Verbindlichkeit verspricht.
Sie hat eine doppelte Zielrichtung: Sie soll einmal als Druckmittel den Schuldner zur ordnungsgemäßen Erbringung seiner versprochenen Leistung anhalten; zum anderen soll sie dem Gläubiger im Verletzungsfall die Möglichkeit einer erleichterten Schadloshaltung ohne Einzelnachweis eröffnen.
Genau das ist hier beabsichtigt. Mit der Klausel sollen Kaufinteressenten dazu angehalten werden, nur ernstgemeinte Angebote abzugeben und sich an den aufgrund dieser Angebote zustande gekommenen Vertrag zu halten. Gleichzeitig kann der Verkäufer aufgrund dieser Klausel von einem vertragsreuigen Käufer den Betrag in Höhe von 20 % des Kaufpreises verlangen, ohne dass er einen entsprechenden Schaden darlegen müsste."
Weitere Voraussetzung für die Zahlungsverpflichtung einer vereinbarten Vertragsstrafe ist natürlich der Vertragsschluss. Das war hier aber klar der Fall.
Allerdings, so das Gericht weiter, ist die Klausel in dem vorliegenden Fall nicht wirksam vereinbart worden.
Die Klausel sei deswegen nicht wirksam vereinbart worden, weil sie intransparent sei, so das Gericht. Es bleibe unklar, was ein "Spaßbieter" sein soll. Den Begriff könne man unterschiedlich interpretieren.
"So könnte als "Spaßbieter" (nur) ein Bieter gemeint sein, der ein Gebot abgibt, obwohl er den Gegenstand gar nicht kaufen will; so ist die Auffassung des Landgerichts.
Nicht erfasst könnte aber ein Käufer sein, der den Gegenstand zunächst tatsächlich erwerben will, den dann aber Vertragsreue überfällt oder der aus rechtlich nicht anerkannten Gründen den Vertrag nicht einhalten will.
Ein solcher hätte - jedenfalls könnte man das so verstehen - nicht zum Spaß geboten, sondern würde lediglich im Nachhinein am Vertrag, aus unterschiedlich denkbaren Gründen, nicht mehr festhalten.
Nach dem Verständnis des Klägers sind jedoch alle Personen als Spaßbieter anzusehen, die sich unbegründet nicht an den Vertrag halten wollen, so dass unter "Spaßbieter" auch Personen fallen, die zunächst ernsthaft geboten haben, dann aber keinen - ausreichenden - rechtlichen Grund für einen Rücktritt bzw. für die Verweigerung der Abnahme haben.
Dabei ist aus dem Wortlaut der Klausel auch nicht eindeutig zu entnehmen, unter welchen Umständen Einwendungen z. B. betreffend die Gewährleistung als begründet anzusehen sind oder nicht.
Es bleibt vielmehr völlig offen, welche Kriterien und welche Sichtweise dafür zugrunde zu legen sind. Diese Überlegungen machen deutlich, wie viele Auslegungen des Begriffs möglich sind.
Eine eindeutige objektive Herleitung ist auch bei Berücksichtigung der Interessenlage des Verkäufers nur eingeschränkt möglich. Wenn selbst die zur Auslegung berufenen Gerichte unterschiedlicher Meinung hinsichtlich der Wirkungen der Klausel sind, sind die Voraussetzungen des § 305c BGB hier zu bejahen."
Aber selbst wenn man das Wort "Spaßbieter" als eindeutig ansehen würde, so das Gericht weiter, hätte der Kläger in diesem Fall keinen Anspruch. Denn beim Beklagten handelte es sich nicht um einen Spaßbieter.
"Als ein solcher ist eindeutig ein Käufer anzusehen, der ganz ohne Gründe an dem geschlossenen Vertrag nicht festhalten will und diesen Vertrag also nur "zum Spaß" abgeschlossen hat.
Als "Spaßbieter" muss aber auch ein Käufer gewertet werden, der zwar Gründe anführt, warum er den Vertrag nicht einhalten will, dessen Einwendungen gegen den Vertrag aber eindeutig völlig unerheblich bzw. offensichtlich unbegründet sind. Ansonsten hätte es ein Käufer allein durch Nennung von Gründen - wie abwegig auch immer - in der Hand, ob er als "Spaßbieter" zu behandeln ist oder nicht.
Kein "Spaßbieter" kann jedoch sein, wer grundsätzlich rechtlich anerkannte Gründe dafür vorbringt, warum er an dem Vertrag nicht mehr festhalten will. Diese Gründe (Rücktritts-, Anfechtungs- oder Gewährleistungsgründe) stellt das Gesetz gerade zur Verfügung, um ein Lösen von einem eigentlich verbindlichen Vertrag aus rechtlich anerkannten Gesichtspunkten zu ermöglichen. Deswegen kann es nicht angehen, ein Berufen hierauf mittels einer "Spaßbieterklausel" zu sanktionieren.
Dabei kann die Anwendung der Klausel nicht davon abhängen, ob im Ergebnis die Rücktritts-/Anfechtungs- oder Gewährleistungsgründe tatsächlich durchgreifen. Für eine solche Prüfung sind oftmals fundierte juristische und/oder sonstige sachverständige Kenntnisse erforderlich, über die ein Laie nicht verfügt. Es muss deswegen ausreichen, um ein "Spaßbieten" zu verneinen, dass die vorgebrachten Gründe nicht offensichtlich ausgeschlossen sind."
Die Einwendungen des Klägers, mit denen er seinen Rücktritt begründete, waren vorliegend nicht offensichtlich unbegründet.
Das Besondere an dem Fall hier: Der Verkäufer war kein Unternehmer. Online-Händler, die eine ähnliche Klausel verwenden, könnten dafür sogar abgemahnt werden, weil man eine solche Klausel als Einschränkung des Widerrufsrechtes verstehen könnte. Verbraucher haben bei Fernabsatzgeschäften das Recht, sich ohne Angabe von Gründen einseitig vom Vertrag zu lösen. Eine "Strafgebühr" darf dann nicht von ihnen verlangt werden. (mr)