Viele Händler bieten ihren Kunden die Möglichkeit an, die online bestellte Ware im Ladengeschäft abzuholen. Immer wieder stellt sich dann die Frage: Besteht in dieser Konstellation ein Widerrufsrecht? Das AG Charlottenburg hat sich nun einmal mit dieser Frage beschäftigt.
Über eBay kaufte ein Verbraucher eine Uhr für 4.500 Euro. Der Verbraucher zahlte den Preis via PayPal.
Nach dem Kauf und dem Geldtransfer holte der Verbraucher die Uhr dann beim Händler im Ladengeschäft ab. Drei Tage später erklärte er den Widerruf des Kaufvertrages.
Der Händler lehnte diesen Widerruf ab mit der Begründung, dass es sich vorliegend nicht um einen Fernabsatzvertrag handle.
Kurze Zeit später erklärte der Verbraucher erneut den Widerruf, auch diesen lehnte der Händler ab.
Letztlich klagte der Verbraucher gegen den Händler auf Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe der Uhr.
"Der Kläger trägt vor, das Verpflichtungsgeschäft des Kaufvertrages, das über die eBay-Plattform von beiden Parteien geschlossen worden sei, stellte ein Fernabsatzvertrag gemäß § 312c Abs. 1 BGB dar, da die Beklagte Unternehmerin sei, er Verbraucher.
Für die Einordnung des geschlossenen Vertrages als Fernabsatzvertrag sei es unerheblich, ob der gewerbliche Verkäufer die Ware in Erfüllung seines Kaufvertrages übersende oder der Verbraucher die Ware vor Ort abhole."
Der beklagte Händler entgegnete dem, dass im Ladengeschäft weitere Verkaufsverhandlungen stattgefunden hätten. Außerdem habe der Kunde die Uhr ausführlich begutachten können.
Das AG Charlottenburg (Urt. v. 18.2.2016, 211 C 213/15) entschied, dass in diesem Fall ein Widerrufsrecht für den Verbraucher bestand.
"Denn zwischen den Parteien ist durch das Angebot des Klägers vom 5. Mai 2015, die von der Beklagten offerierte Uhr zum Preis von 4.500 Euro zu kaufen und der ausdrücklichen Annahme dieses Angebotes durch die Beklagte vom 6. Mai 2015, ein Fernabsatzvertrag gemäß den §§ 4333, 312c Abs. 1 BGB zustande gekommen."
Dass der Händler Unternehmer und der Kunde Verbraucher war, war im vorliegenden Fall unstreitig.
Der Vertrag sei außerdem ein Fernabsatzvertrag, da er unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommen sei, so das Gericht weiter.
"Ein Vertrag im Sinne des § 312c BGB liegt vor, wenn sowohl für den Vertragsantrag (§ 145 BGB) als auch für die Annahmeerklärung (§§ 146 ff. BGB) Fernkommunikationsmittel eingesetzt werden.
Das ist hier der Fall.
Für die Einordnung als Fernabsatzgeschäft ist es dagegen rechtlich unerheblich, wie die Zahlung des Kaufpreises oder die Übereignung der Ware erfolgt.
Dass der Kläger die Uhr persönlich im Geschäft des Beklagten abgeholt hat, ändert die rechtliche Einordnung des per Fernkommunikationsmittel geschlossenen Kaufvertrages als Fernabsatzvertrag nichts."
Da es sich um einen Fernabsatzvertrag handelte, war natürlich die logische Konsequenz, dass dem Verbraucher auch das Widerrufsrecht zustand. Beim Kauf einer Uhr ist keine gesetzliche Ausnahme einschlägig.
Bereits der erste Widerruf des Kunden war auch wirksam. Dem Händler stand kein Recht zu, diesen Widerruf abzulehnen.
Bei der Beurteilung, ob dem Kunden ein Widerrufsrecht zusteht oder nicht, kommt es ganz maßgeblich auf den Vertragsschluss an. Umstände, die zeitlich nach dem Vertragsschluss eine Rolle spielen, sind für die Beurteilung irrelevant.
Anders kann nach neuem Recht der Fall allerdings aussehen, wenn sich der Verbraucher zunächst umfangreich im Ladengeschäft beraten lässt und später z.B. am Telefon die Bestellung durchführt. Hier wird zwar auch der Vertrag per Fernkommunikationsmitteln geschlossen, die Vertragsverhandlungen fanden allerdings im Laden statt. Diese Fallkonstellationen erfordern immer eine Prüfung im Einzelfall. (mr)