Trotz der Reform des UWG, beklagt der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (bevh) die fortdauernde Belastung des Online-Handels durch das Abmahnunwesen. Er hat ein Forderungspapier vorgelegt, in dem er Vorschläge für die Reform des wettbewerblichen Abmahnrechts unterbreitet.
Abmahnungen, eigentlich gedacht als Mittel der außergerichtlichen Streitbeilegung, würden „durch die Pervertierung dieses Instruments“ ihrer Wirksamkeit beraubt, so der Verband. Und in der Tat wird der Druck durch die gängige Abmahnpraxis von kleinen und mittleren Online-Händlern als existenzbedrohend empfunden.
Dies belegt die aktuelle „Trusted Shops Abmahnstudie 2015“. Fast jeder Zweite befragte Shopbetreiber sieht seine unternehmerische Existenz durch Abmahnungen gefährdet.
Auch das Bundesjustizministerium verwies schon 2013 in der Regierungsbegründung zum Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken darauf, dass die wirtschaftliche Belastung durch Abmahnungen für betroffene Kleinunternehmer und Existenzgründer häufig existenzbedrohende Ausmaße annehme.
Der bevh hat in einem Positionspapier einige Vorschläge für eine Reform des Abmahnwesens erarbeitet:
Ob die Forderungen des bevh Erfolg versprechend sind und wie es um das Abmahnwesen im deutschen Online-Handel wirklich steht, darüber haben wir mit Dr. Carsten Föhlisch, Justiziar bei Trusted Shops gesprochen.
shopbetreiber-blog: Wie existenzbedrohend sind Abmahnungen für Shopbetreiber wirklich?
Dr. Carsten Föhlisch: Nach der Trusted Shops Abmahnstudie 2015 sieht sich etwa die Hälfte der Abgemahnten in ihrer Existenz gefährdet. Nach meinem subjektiven Eindruck verlagern sich gerade die Themen: Früher wurde häufig das Widerrufsrecht abgemahnt, heute sind es Spezialgesetze wie die Biozidverordnung oder Energiekennzeichnugsvorschriften. D.h. in einem Bereich mögen die Abmahnungen rückläufig sein, dafür sind gerade neue Bereiche im Kommen.
shopbetreiber-blog: Wie bewerten Sie die Forderungen des bevh? Gehen Sie weit genug oder schießen sie über das Ziel hinaus?
Föhlisch: Ich begrüße die erneute Initiative, Abmahnungen einzudämmen. Viele Forderungen sind überwiegend so oder ähnlich schon einmal vorgebracht worden. Insgesamt handelt es sich um eine Maßnahmensammlung, die sicher nicht komplett umgesetzt werden kann, aber wenn einige Punkte durchdringen, ist allen geholfen.
shopbetreiber-blog: Inwieweit lässt sich der Missbrauch der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung nachhaltig eindämmen?
Föhlisch: Derzeit ist es zu schwer für den Abgemahnten, dem Abmahner nachzuweisen, dass er nicht aus lauteren Motiven handelt. Hier wäre ein Trendwechsel zu begrüßen, d.h. nicht der Abgemahnte sollte sich rechtfertigen müssen, sondern in erster Linie der Abmahner.
shopbetreiber-blog: Ist es die gängige Abmahnregelung die zum Missbrauch führt oder sind es nicht eher die Gesetze, die dem Abmahnunwesen Vorschub leisten?
Föhlisch: Beides. Die Abmahnregelung ist an sich ja nicht verkehrt, aber es ist zu leicht, sie zum reinen Geldverdienen zu missbrauchen. Zudem haben selbst Verbraucherschützer erkannt, dass es so viele Informationspflichten gibt, dass der Verbraucher die wesentlichen Informationen oft übersieht. Über eine unklare und verworrene Rechtslage kann man aber nicht klar und verständlich informieren.
shopbetreiber-blog: Wie kann sich der Shopbetreiber denn wirksam gegen Abmahnungen schützen?
Föhlisch: Auf keinen Fall sollten Rechtstexte einfach per copy und paste von irgendwo übernommen werden. Mit dem Trusted Shops Rechtstexter können sie kostenlos rechtssicher erstellte werden. Und wer sich bei speziellen Produktinformationen nicht sicher ist, sollte sich vorab qualifiziert beraten lassen. Das zahlt sich wirtschaftlich auf jeden Fall aus.
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