Schadensersatzpflicht des Händlers bei Abbruch einer eBay-Auktion

Bei eBay eingestellte Angebote sind verbindlich. Der Vertrag kommt durch Abgabe des Höchstgebotes durch den Kunden zustande. Bricht der Verkäufer nach Abgabe eines Höchstgebotes die Auktion aber ab und liefert die Ware nicht, macht er sich dem Käufer gegenüber schadenersatzpflichtig. Diesen Grundsatz hat das AG Bremen bekräftigt.

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"Vertrag ist Vertrag", hört man oft. Dieser Grundsatz gilt auch bei eBay.

Der beklagte Verkäufer bot bei eBay ein iPhone 3 GS im Auktionsformat an. Der klagende Käufer bot 1,00 Euro für das Telefon und war damit der Höchstbietende.

Mit der Einstellung des Verkaufsangebotes gab der Verkäufer ein verbindliches Angebot i.S.d. § 145 BGB ab.

"Dabei lag jedenfalls ein potentielles Erklärungsbewusstsein des Beklagten vor. Angesichts dessen wäre es unerheblich, ob sich der Beklagte bei Abgabe seiner Willenserklärung und Freischaltung der Angebotsseite des verbindlichen Charakters seiner Erklärung bewusst war oder nicht.

Dieses Angebot enthielt darüber hinaus die Erklärung, dass der Beklagte bereits zu diesem Zeitpunkt das höchste wirksam abgegebene Gebot annehmen wird. Der Kläger nahm dieses Angebot durch sein Gebot vom 07.07.2012 an.

Unter Zugrundelegung der Allgemeinen X-Bedingungen und einer daraus resultierenden Auslegung der vom Kläger und Beklagten abgegebenen Willenserklärungen wird deutlich, dass sich die Parteien darüber einig waren, dass auch bei vorzeitiger Beendigung des Angebots zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Mobiltelefons wirksam wird."

Auktionsabbruch

Am 7.7.2012, als dem Tag, an dem der Käufer sein Gebot abgab, brach der Verkäufer die Auktion ab. Hierzu war er aber nicht berechtigt. Die Fälle, in deinen ein Verkäufer Auktionen abbrechen darf, sind klar in den eBay-AGB geregelt. Alternativ kann eine Auktion abgebrochen werden, wenn ein Anfechtungsgrund i.S.d. §§ 119 ff. BGB vorliegt.

"Eine Abbruchmöglichkeit im Sinne der Allgemeinen X-Bedingungen wäre nur gegeben, wenn der Artikel ohne Verschulden des Anbieters verloren gegangen, beschädigt worden oder anderweitig nicht mehr zum Verkauf verfügbar wäre.

Solche Gründe hat der Beklagte nicht vorgetragen. Vielmehr war der Gegenstand noch immer verfügbar, was sich aus der Tatsache ergibt, dass der Beklagte das Gerät in einer Folgeauktion veräußerte.

Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten ist der Kaufvertrag auch nicht durch eine Anfechtung in Folge eines Erklärungsirrtums gem. § 119 Abs. 1, 2. Alt. BGB von Anfang an nichtig, § 142 Abs. 1 BGB."

Der Verkäufer trug im Verfahren vor, dass er 20 Minuten nach Einstellung des Angebots bemerkt habe, dass er kein Mindestgebot eingegeben hatte.

Worin allerdings der Irrtum - und nur der würde zur Anfechtung berechtigen - gelegen haben soll, hat der Verkäufer nicht dargelegt.

"So wurde nicht vorgetragen, dass sich der Beklagte während des Einstellvorgangs vertippt hat oder aber sich andere Gedanken über sein erstelltes Angebot gemacht hat.

Die Tatsache, dass der Beklagte dann zu einem späteren Zeitpunkt die Angabe eines Mindestgebotes im eigenen Angebot vermisste, rechtfertigt für sich allein keine Anfechtung infolge eines Erklärungsirrtums.

Ein relevanter Irrtum liegt nur vor, wenn dieser in der ursprünglichen Erklärungshandlung verankert ist; derartiges ist jedoch nicht vorgetragen worden.

Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn bereits der äußere Erklärungstatbestand offensichtlich nicht dem Willen des Erklärenden entspricht. Dies kann angenommen werden in Fällen, in denen der Anbieter versehentlich die „Sofort-Kaufen-Option“ zu einem Preis von 1,- € aktiviert.

In derartigen Konstellationen ist für den Bieterregelmäßig erkennbar, dass der Verkäufer einem Irrtum unterlegen sein muss, weil keine Aussicht darauf besteht, dass der Verkaufspreis durch die weitere Auktionsdauer hochgetrieben wird."

Neue Auktion

Am 14.7.2012 hatte der Verkäufer das iPhone letztlich anderweitig verkauft. Eine Übergabe und Übereignung des iPhones an den ursprünglichen Käufer wurde damit unmöglich. Diese Unmöglichkeit hatte der Verkäufer auch zu vertreten, da er das iPhone vorsätzlich weiterveräußerte.

Dadurch hat er sich schadensersatzpflichtig gemacht.

"Der Kläger ist im Wege des Schadensersatzes statt der Leistung grundsätzlich so zu stellen, wie er stünde, wenn der Beklagte den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt hätte. Dann hätte der Kläger in seiner Person das Mobiltelefon weiterveräußern können.

Abzüglich eigener Ausgaben beläuft sich daher der Schaden auf Klägerseite auf insgesamt 215,10 €, da das Mobiltelefon tatsächlich zu einem Preis von 220 € verkauft worden ist."

Kein Rechtsmissbrauch

Der Beklagte erhob den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung i.S.d. § 242 BGB sei. Dem folgte das Gericht aber nicht.

"§ 242 BGB verpflichtet sowohl Schuldner als auch Gläubiger dazu, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Damit hat der Vertragspartner jeweils auf die berechtigten Interessen des anderen Rücksicht zu nehmen.

Eine Rechtsausübung ist regelmäßig dann unzulässig, wenn das ihm zugrundeliegende Interesse im Einzelfall aus besonderen Gründen nicht schutzwürdig erscheint.

Eine solche Aberkennung der Schutzwürdigkeit kann nur ausnahmsweise und nur nach umfassender Würdigung und Wertung der maßgeblichen Umstände erfolgen. Dafür genügt nicht jedes Ungleichgewicht, wodurch eine Partei übermäßig wirtschaftlich benachteiligt wird.

Der Einwand eines Rechtsmissbrauchs greift allein in Ausnahmefällen, in denen die Durchsetzung des eigenen Rechts zu einer grob unbilligen Benachteiligung der einen Partei führt."

Derartige Umstände seien aber vorliegend nicht ersichtlich, entschied das Gericht. Die Abwägung ergebe nicht, dass die Interessen des Klägers nicht schutzwürdig seien.

Verkäufer trägt Risiko

Zunächst stellte das Gericht fest, dass das Risiko der fehlerhaften Einstellung eines Angebotes der Verkäufer trägt.

"Insbesondere bei Internetauktionen soll der Käufer durch die Unwiderruflichkeit des Angebots vor einer etwaigen Willkür des Verkäufers geschützt werden. Dem Verkäufer ist diese Sachlage in aller Regel bewusst, d. h. er hat mit äußerster Sorgfalt entsprechende Angebote auf ebay einzustellen.

Für den Fall, dass sich der Verkäufer bei Abgabe seiner Erklärung irrt, ist dieser hinreichend durch die §§ 119 ff. BGB geschützt. In allen anderen Fällen ist er grundsätzlich nicht schutzwürdig."

Dem Gericht leuchtete insbesondere nicht ein, weshalb dem Kunden eine Rechtsverwirklichung versagt werden sollte.

Zwar hatte der Händler kein Mindestgebot eingegeben, allerdings wäre die Auktion noch einige Tage gelaufen und der Preis hätte sich durchaus nach oben entwickeln können. Zwar wäre womöglich ein geringerer Preis erreicht worden, als dem Verkäufer vorschwebte, gestiegen wäre der Verkaufspreis aber noch.

"Bei derartigen Auktionen ist es üblich, dass der Preis unmittelbar vor Ende der Auktion noch einmal erheblich „hochgeboten“ wird. Dieses Risiko hat der Verkäufer zu tragen, wenn er nicht bei Erstellung des Angebots ein Mindestgebot festlegt.

Dies bringt für den Verkäufer letztlich auch nicht nur Risiken mit sich; potenzielle Bieter werden insbesondere bei derartigen Angeboten aufmerksam, weil sie glauben, ein vermeintliches „Schnäppchen“ entdeckt zu haben.

Dennoch wird im Ergebnis zumeist durch das individuelle Bieterverhalten ein angemessener Verkaufspreis erzielt. Vorstehend genannte Risiken stehen allerdings grundsätzlich allein der Schutzwürdigkeit des Beklagten entgegen, nicht aber der des Klägers."

Auch der große Preisunterschied spreche nicht für eine unzulässige Rechtsausübung.

"Zwar lag der Verkaufspreis von 1,- € um das 220-fache unter dem später erzielten Verkaufserlös. Bei Internetauktionen kann jedoch nicht allein auf das Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung abgestellt werden, da sich die Bieter bewusst darüber sind, dass die Höhe der Gegenleistung von weiteren Faktoren als nur dem üblichen Marktwert des Artikels abhängt.

So wirkt sich insbesondere auch aus, wie geschickt der Verkäufer das Gerät einstellt, wie gut er bewertet ist, aber auch wie viele Mitbieter existent sind. Dass sich diese Faktoren auf den Endpreis auswirken, ist auch dem Bieter - und hier dem Kläger - bekannt. Es entspricht geradezu dem Wesen einer derartigen Vertragsanbahnung, dass der Bieter in der Absicht an einer Auktion teilnimmt, im richtigen Moment zu einem besonders günstigen „Schnäppchen“ zu kommen.

Diese Gegebenheit kann dem Kläger letztlich aber nicht zum Nachteil gereichen, da auch der Verkäufer sich über diesen typischen Charakter einer Auktion im Klaren ist. Dies gilt jedenfalls solange kein evident krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gegeben ist."

Eine vom Beklagten angesprochene Entscheidung des OLG Koblenz (Beschluss v. 03.06.2009 – 5 U 429/09) ändere hieran auch nichts. Dort verlangte der Kläger die Lieferung eines Porsches (Wert: ca. 75.000 Euro) gegen Zahlung von 5,50 Euro.

"Derartige Größenordnungen sind vorliegend jedoch nicht erreicht."

Fazit

Insbesondere bei der Erstellung von Angeboten im Auktionsformat bei eBay ist höchste Vorsicht geboten. Nicht jeder Fehler ist ein Grund zur Anfechtung. Ist ein Vertrag einmal geschlossen, ist es nur sehr schwer möglich, sich von diesem wieder zu lösen. (mr)

10.09.13