Sofern Händler ihre Produkte nicht sofort liefern können, sind sie dazu verpflichtet, die Lieferzeit auf der Produktseite anzugeben. Dies ist nicht immer eindeutig möglich, da sich Lieferzeiten durch unterschiedliche Postlaufzeiten verlängern können. Aus diesem Grund schreiben viele Händler voraussichtliche Lieferzeiten. Genau diese Formulierung wurde aber vom OLG Bremen für unwirksam erklärt.
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Die Parteien vertreiben auf der Handelsplattform amazon Bar- und Partyartikel und stritten vor dem OLG Bremen (U.v. 05.10.2012, 2 U 49/12) um die von dem Beklagten verwendete AGB –Klausel
"Voraussichtliche Versanddauer: 1-3 Werktage"
Zunächst stellten die Bremer Richter fest, dass es sich bei dieser Angabe um eine AGB-Klausel und nicht, wie der Beklagte argumentierte, um einen bloßen Hinweis oder eine Werbeaussage handele.
"Der Vertragspartner des Verwenders kann diese Angabe nach den insoweit maßgeblichen §§ 133, 157 BGB nicht anders als eine Regelung, die den Vertragsinhalt gestalten soll, verstehen. Das ergibt sich bereits aus dem räumlichen Zusammenhang, in welchem die Angabe zu finden ist. So stehen im unmittelbaren Kontext z. B. auch Hinweise zu Garantie, Rücknahme- und Erstattungsrichtlinien und Versandkosten."
Eine ausdrückliche Bezeichnung als „allgemeine Geschäftsbedingung“ sei hierfür ebenso wenig notwendig wie die Eingliederung in eine derartige Rubrik.
Und eben diese AGB-Klausel ist unwirksam, denn mit dieser Angabe behalte sich der Beklagte eine nicht hinreichend bestimmte Frist für die Erbringung der Leistung vor.
"Damit werden, was die Vorschrift verhindern soll, die dem Kunden im Falle einer Fristüberschreitung zustehenden Rechte, vor allem die aus §§ 281, 323 und 280 Abs. 2 i. V. m. § 286 BGB ausgehöhlt. Der Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot erschwert es dem Kunden insbesondere, das Fristende selbst zu erkennen oder zu errechnen."
Durch den relativierenden Zusatz "voraussichtlich" könne der Kunde nicht zuverlässig einschätzen, wann die Voraussetzungen der Fälligkeit (und damit die Möglichkeit, den Verkäufer in Verzug zu setzen) gegeben sind. Der Verkäufer ziehe sich auf eine zeitliche Prognose zurück, die von einer subjektiven Einschätzung abhänge und auf deren - auch nur ungefähres – Eintreffen er sich nicht festlegen will.
"Vergleichbar dem ebenfalls unter dem Gesichtspunkt des § 308 Nr. 1 BGB zu beanstandenden Zusatz „in der Regel“ [...] fehlt es hier an der dem Verbraucher hinreichende Verlässlichkeit verschaffenden Bestimmtheit oder zumindest Eingrenzbarkeit, weil Ausnahmefälle nicht definiert sind und für diese auch nichts geregelt ist."
Bereits 2009 hatte das OLG Bremen die Lieferzeitangabe “In der Regel 1-2 Werktage bei DHL-Versand” unter diesen Gesichtspunkten für unzulässig erklärt.
Positiv ist anzumerken, dass die Bremer Richter Angaben wie "Lieferfrist ca. 3 Tage" ausdrücklich für zulässig halten, da der Kunde hier die Lieferzeit hinreichend zuverlässig eingrenzen könne.
"Die "ungefähre" Festlegung, die die Abkürzung "ca." bedeutet, ermöglicht dem Verbraucher ein Verständnis, wonach die Frist - wenn auch unter dem Vorbehalt gewisser Schwankungen - im Wesentlichen festgelegt ist und die tatsächliche Lieferzeit von dem mitgeteilten Zeitrahmen (z. B. 3 Tage) nur in einem geringfügigen Maße (vielleicht 1-2 Tage) abweichen darf."
Die Lieferzeit auf den Tag genau zu bestimmen ist nicht immer möglich, da der Shopbetreiber keinen Einfluss auf die Schnelligkeit der Post hat. In diesem Fall empfiehlt es sich, auf Circa-Angaben zurückzugreifen. Vermieden werden sollten auf jeden Fall Wörter wie "gewöhnlich", "im Allgemeinen", "Lieferzeiten sind unverbindlich", "in der Regel" oder "normalerweise", denn all diese bedeuten am Ende das gleiche wie "voraussichtlich".
Übrigens: Mit Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie muss nicht mehr nur die Lieferzeit angegeben werden, sondern ein Termin, bis zu dem sich der Unternehmer verpflichtet, die Ware zu liefern. Dann dürfen wohl auch keine ca-Angaben mehr gemacht. (mr)
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