Die Preisgestaltung nach der Preisangabenverordnung (PAngV) stellt Shopbetreiber, die sich mit ihren Angeboten an Endverbraucher wenden, vor viele Probleme. Ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs beleuchtet einen wichtigen Teilbereich der Preisangabenpflichten, nämlich die Darstellung des sog. Grundpreises.
Lesen Sie mehr zum Thema Grundpreisangabe in einem Gastbeitrag von Dr. Helmut Hoffmann.
Erst kürzlich erschien hier im Shopbetreiber-Blog ein Gastbeitrag von RA Rolf Albrecht zum Thema Preiswerbung und deren Fallstricke. Nun liegt ein aktuelles Urteil des BGH (Urteil v. 26.02.2009, Az: I ZR 163/06 - Dr. Clauder's Hufpflege) zum Thema Grundpreisangabe vor.
Allgemein bekannt ist: Angebote für Waren und Dienstleistungen sind nur mit Angabe des Endpreises zulässig. Darunter sind die Preise zu verstehen, die einschl. der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (§ 1 Abs. 1 PAngV).
Viele Produkte werden nicht nach Stückzahl bepreist, sondern nach Gewicht oder Volumen. In diesen Fällen muss der Händler bei seinen Angeboten neben dem Endpreis für die Verpackungseinheit auch den Grundpreis je Mengeneinheit angeben (Kilogramm, Liter usw.; bei kleineren Verpackungseinheiten 100 Gramm oder Milliliter).
Die Frage ist, an welcher Stelle der Grundpreis auf einer Webseite angegeben werden muss, um eine Abmahngefahr und nach erfolgter Abmahnung eine Vertragsstrafe auszuschließen.
Der Bundesgerichtshof hat in einem erst am 20.8.2009 bekannt gegebenen Urteil vom 26.2.2009 (Aktenzeichen: I ZR 163/06) die Hoffnung begraben, dass dies per Link auf eine Unterseite geschehen darf.
Es reicht auch nicht aus, wenn der Verbraucher den Grundpreis erst nach Beginn des Bestellvorgangs, wenn er ein Produkt in den Warenkorb gelegt hat, angezeigt bekommt.
Die Betreiberin eines Internet-Shops für Tierpflegeprodukte hatte doppelt Pech: Zunächst war sie von der Wettbewerbszentrale abgemahnt worden weil sie eine 500 ml-Packung „Dr. Clauder’s Hufpflege“ ohne Angabe des Preises pro 100 ml angeboten hatte, und musste sich zu einer Vertragsstrafe für den Wiederholungsfall verpflichten.
Neben Gerichts- und Anwaltskosten sind jetzt 3.000 € Vertragsstrafe fällig, weil sie den Grundpreis von 0,80 € je 100 ml nur auf einer Seite angegeben hat, zu der man durch Anklicken des Produkts gelangte.
Die bisher manchmal großzügige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs half ihr nichts. Zwar hatte das Gericht für ein Internet-Reservierungssystem entschieden:
Wenn der Kunde bereits im Rahmen der Werbung klar und unmissverständlich darauf hingewiesen wurde, dass die bei einer Flugreise neben dem Flugtarif anfallenden Steuern und Gebühren vom jeweiligen Flugziel und der Flugroute abhängen und der endgültige Flugpreis daher erst nach der Auswahl der gewünschten Flugverbindung angezeigt werden kann, verstößt dies nicht gegen die PAngV (BGH 3.4.2003, Az. I ZR 222/00).
Nach einer anderen Entscheidung muss die Angabe der Versandkosten bei Internet-Bestellungen nicht notwendig in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Preis des Produkts erfolgen (BGH 04.10.2007, Az. I ZR 143/04).
Diese Fälle sind aber, so das Gericht, mit der Grundpreisangabe nicht vergleichbar: Verbrauchern ist zwar allgemein bekannt, dass im Versandhandel regelmäßig auch Versandkosten berechnet werden, und zwar nicht auf das einzelne bestellte Produkt sondern auf die Gesamtbestellung bezogen. Ihnen ist aber oftmals die gesetzliche Verpflichtung, den Grundpreis anzugeben, nicht so bekannt.
Deshalb müssen hier strengere Maßstäbe angelegt werden. Dies ergibt sich auch aus dem unterschiedlichen Wortlaut der jeweiligen Rechtsvorschriften: Beispielsweise sieht § 5 Telemediengesetz Pflichtangaben vor, die „leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten“ sein müssen.
Der Bundesgerichtshof hat schon vor längerer Zeit entschieden, dass zwei Klicks bei eindeutiger Beschriftung der Linkschaltflächen ausreichend sein können (BGH 20.7.2006, Az. I ZR 228/03). Der Wortlaut des § 2 PAngV ist aber strenger:
Der Grundpreis muss „in unmittelbarer Nähe des Endpreises“ angegeben werden.
Schon nach allgemeinem Sprachgebrauch ist die „Nähe“ etwas anderes als die bloße „Erreichbarkeit“. Daraus folgt für den Bundesgerichtshof, wie er wörtlich in einem formuliert:
„Beide Preise müssen auf einen Blick wahrgenommen werden können“.
Weil sich für abmahnwillige Konkurrenten und Wettbewerbsverbände dies relativ leicht überprüfen lässt, besteht ab sofort, nachdem diese Entscheidung sich auf jeden Fall bald herumsprechen wird, ein besonders hohes Abmahnrisiko.
Dr. Helmut Hoffmann
Dr. Helmut Hoffmann ist Richter am Oberlandesgericht Stuttgart. Ein ausführlicher Aufsatz zu Rechtsfragen des E-Commerce, Domains und Haftungsfragen erscheint am 28.8.2009 in der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW), Heft 36. Aktuelle Seminare zum Internetrecht werden aufgeführt auf seiner Website http://www.jura-seminare.de/page3.php