Computerbildschirme und Fernseher, aber auch Navigationsgeräte werden aktuell in der Größe Zoll (inch) bezeichnet. Die Einheit Zoll, auch mit " abgekürzt, ist somit für den Verbraucher eine übliche Größe, wenn es darum geht, eine Bildschirmgröße richtig einordnen zu können. Dies war nicht immer so. In den neunziger Jahren hat die Rechtsprechung angenommen, dass eine Zollangabe eine Irreführung des Verbrauchers darstellen würde. Es wurde damals umfangreich abgemahnt. Diese Zeiten können nun bald wiederkommen.
Warum? Das erklärt RA Johannes Richard in seinem Gastbeitrag.
Hintergrund ist die "Ausführungsverordnung zum Gesetz über die Einheiten im Messwesen und die Zeitbestimmung" (Einheitenverordnung), die in § 3 Folgendes regelt:
§ 3 Verwendung nicht gesetzlicher Einheiten
Soweit nach den §§ 1, 2 des Einheiten- und Zeitgesetzes Größen in gesetzlichen Einheiten anzugeben sind, ist die zusätzliche Verwendung anderer als der gesetzlichen Einheiten verboten. Abweichend von Satz 1 ist die zusätzliche Verwendung bis zum 31. Dezember 2009 gestattet, wenn die Angabe in der gesetzlichen Einheit hervorgehoben ist.
Die Rechtslage des Jahres 2009 lässt somit eine Zollangabe zu, wenn hervorgehoben (!) auch über die Bildschirmdiagonale in Zentimetern informiert wird. Dies bedeutet, dass die Zentimeter-Angabe größer und deutlicher gestaltet sein muss, als die Zollangabe.
Ab dem 01.01.2010 wird hiermit Schluss sein. Die hessische Eichdirektion hat mit Schreiben vom 09.12.2008 darauf hingewiesen, dass die Verwendung nicht gesetzlicher Einheiten in Werbematerialien ab dem 01.01.2010 nicht mehr zulässig ist.
Schon jetzt wird wieder eine neue Abmahnwelle prognostiziert. Ob die Verwendung von Zollangaben für Monitor-Größen ab dem 01.01.2010 jedoch tatsächlich wettbewerbswidrig sein wird, bleibt jedoch abzuwarten.
Eine Irreführung des Verbrauchers dürfte nicht zwangsläufig gegeben sein, da der Verbraucher über die Jahre an die Zollangaben gewöhnt ist und sofort weiß, was ein 17 Zoll-Monitor ist, aber nicht auf ersten Blick unterscheiden kann, welche gewohnte Größe ein Computermonitor mit einer Diagonalen von 43,18 cm im Verhältnis zu einem Monitor von 48,26 cm Diagonale hat. Es handelt sich im Übrigen einmal um einen 17 Zoll, zum anderen um einen 19 Zoll-Monitor.
Der Verbraucher ist nach unserer Auffassung somit bspw. in den Bereichen IT-Technik oder Unterhaltungselektronik eher an Zoll, als denn an Zentimeter-Angaben gewöhnt. Dies dürfte ein Argument dafür sein, dass eine Irreführung gemäß § 5 UWG nicht zwangsläufig gegeben sein dürfte.
Es wäre somit rechtlich ohnehin zu überlegen, ob Zollangaben, gerade im IT-Bereich oder im Sanitärbereich, nicht eher als Qualitäts- oder Eigenschaftsangaben einzuordnen sind. Zu denken ist bspw. an den fest eingeführten Begriff der 3,5 Zoll Diskette.
So wird bspw. im Bund-Länder-Ausschuss gesetzliches Messwesen die Ansicht vertreten, dass in der Informationstechnik die Einheit "Zoll" eher als Qualitätsmerkmal, als denn als Längenangabe genutzt wird, mit der Folge, dass ein in § 1 Abs. 1 des Einheiten- und Zeitgesetzes bestimmter Anwendungsbereich für eine Verwendung im geschäftlichen Verkehr gar nicht gegeben sei.
Dies wäre ein weiteres Argument dafür, dass auch zukünftig wie bisher mit Zollangaben dort gearbeitet werden darf, wo dies bereits jetzt der Fall ist. Es spricht somit vieles dafür, dass die 8,89 cm Diskette nicht kommen wird.
Die Regelung in § 3 Eichverordnung zur Ende gedacht, wird es auch zukünftig kein 1/2 Zoll Zubehör für Heizungen mehr geben, sondern nur noch bspw. ein Sicherheitsventil mit einem 1,27 cm - Anschluss. Auch der nicht ganz unübliche 3/8 Drehmomentschlüssel wird zukünftig ein 0,95 cm Drehmomentschlüssel werden.
Ob der Verbraucher diesen auf ersten Blick von einem 1,27 cm Drehmomentschlüssel (1/2 Zoll) wird unterscheiden können, bleibt abzuwarten. Wir bezweifeln, ob der Verbraucher mal eben im Kopf die Umrechnungsformel 1 Zoll = 0,0254 m im Kopf haben wird.
Über die Jahre hat sich jedenfalls die Zollangabe eingebürgert und wir sind gespannt, wie die Rechtsprechung hierauf reagieren wird. Letztlich stellt die Regelung ein weiteres Beispiel dar, wie Verbraucherschutz nach hinten losgehen kann.
Über den Autor
Rechtsanwalt Johannes Richard ist Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz. Er betreut in der Kanzlei Langhoff, Dr. Schaarschmidt & Kollegen (www.internetrecht-rostock.de) die rechtliche Gestaltung von Internetshops und berät bei wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen im Internet.
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