Ende November wurde im Rechtsauschuss der Regierungsentwurf zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) angenommen. Heute wurde nun das neue UWG im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und tritt morgen am 30.12.2008 in Kraft. Damit wird die EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-Richtlinie) umgesetzt und u.a. eine "schwarze Liste" mit 30 verbotenen Geschäftspraktiken eingeführt.
Drohen Shop-Betreibern nun neue Abmahnfallen durch diese Gesetzesänderung?
Das neue Wettbewerbsrecht bringt für Shop-Betreiber eine Reihe relevanter Änderungen mit sich, von denen wir hier nur einige nennen.
Der Begriff der Wettbewerbshandlung wird in der Reform ersetzt durch den Begriff der “Geschäftspraktiken”, weil es nicht mehr allein um Wettbewerb gehen soll, sondern vor allem auch um Konsumentenschutz. Der neue Begriff deckt jede Handlung, Unterlassung, Verhaltensweise oder Erklärung, kommerzielle Mitteilung einschließlich Werbung und Marketing eines Gewerbetreibenden ab, die unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung eines Produktes an den Verbraucher zusammenhängt.
Damit wird anders als bislang ausdrücklich auch ein Verhalten des Unternehmers nach Vertragschluss, nachdem der Kunde schon gewonnen ist, einbezogen. Klare Folge schon jetzt in der Rechtssprechung ist der Umstand, dass rechtswidrige AGB ohne Rücksicht darauf abgemahnt werden können, ob Sie vorvertraglich im Wettbewerb um den Kunden wirken oder erst nach Vertragsschluss.
Die Herausstellung, dass ein gesetzliches Recht etwas ganz Besonderes eines bestimmten Angebotes ist, gilt künftig als unlauter. So ist die Gewährleistungspflichten des Unternehmers in den §§ 437 ff. BGB in detaillierter Form geregelt. Jeder Händler steht in dieser gesetzlichen Pflicht. Gemäß Nr. 10 Anhang zu § 3 UWG wird nun deutlich festgelegt, dass eine explizite Werbung mit diesem Gewährleistungsrecht eine Unlauterkeit darstellt.
Das bedeutet, dass man als Händler zwar noch - z.B. im Rahmen seiner AGB - auf die Gewährleistungsrechte hinweisen darf, allerdings darf er nicht auf der Startseite besonders hervorgehoben mit der Gewährleistung werben. Schreiben Sie in Ihren AGB aber etwas zu den Gewährleistungsrechten des Verbrauchers, dann muss dies zwingend korrekt sein. Schreiben Sie etwas fehlerhaftes, dann ist dies unlauter i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 7 UWG.
Gleiches gilt auch für das Widerrufsrecht. Ein einfacher Link mit der Bezeichnung “Widerrufsrecht” ist vollkommen unproblematisch. Ein in Leuchtfarben blickender, übermäßig großer Link, platziert an prominenter Stelle im Shop erfüllt jedoch den Tatbestand der Werbung mit gesetzlichen Selbstverständlichkeiten und ist damit wettbewerbswidrig.
Der UWG-Entwurf entleiht weitere Informationspflichten dem Fernabsatzrecht und nennt als wesentliche, sozusagen immer zu nennende Information bei konkreten Angeboten noch die Identität und Anschrift “einschließlich der Identität und Anschrift des Unternehmers, für den er handelt”. Diese Offenbarungspflicht zu den “Hintermännern des Geschäfts” geht allerdings viel weiter als bisher verlangte Angaben zu Vertretern.
Neben Endpreisen und Zusatzkosten (Fracht, Lieferung, Zölle etc.) und den “Zahlungs-, Liefer-, und Leistungsbedingungen hat man jetzt zu informieren über “ein Verfahren zum Umgang mit Beschwerden”. In § 5a Abs. 4 werden dann in einem Rundumschlag als wesentliche Informationsanforderungen für kommerzielle Kommunikation (also Werbung) “die auf Rechtsvorschriften zur Umsetzung gemeinschaftlicher Richtlinien oder auf gemeinschaftsrechtlichen Verordnungen beruhen” einbezogen.
Damit sind alle EU-Richtlinien und die Gesetze ihrer Umsetzung mit ihren Info-Pflichten plötzlich ohne jede Möglichkeit, Bagatellfälle auszuschließen informationspflichtig, da sie als wesentlich “gelten” (§ 5a Abs. 3). Da hüpft das Herz des Abmahners, nachdem gerade Gerichte begonnen hatten, häufiger zu entscheiden, dass bestimmte Verletzungen als Bagatellfälle nicht verfolgbar sind. Das wird sich wieder ändern.
Ein wichtiger Bestandteil des neuen UWG ist die “Schwarze Liste”. Die Idee dahinter: Diese Handlungen in der gesamten EU einheitlich und ohne Interpretationsspielraum verboten sein. Insgesamt 30 Tatbestände von der viel diskutierten Werbung, die sich an Kinder richtet über Gewinnchancen bei Gewinnspielen, die sich nicht durch Warenbezug erhöhen dürfen bis hin zu Angabe, dass der Arbeitsplatz oder Lebensunterhalt des Unternehmers gefährdet sei, wenn der Verbraucher die Ware nicht abnimmt, werden sanktioniert.
Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Abs. 3 UWG sind
1. die unwahre Angabe eines Unternehmers, zu den Unterzeichnern eines Verhaltenskodexes zu gehören;
2. die Verwendung von Gütezeichen, Qualitätskennzeichen oder Ähnlichem ohne die erforderliche Genehmigung;
3. die unwahre Angabe, ein Verhaltenskodex sei von einer öffentlichen oder anderen Stelle gebilligt;
4. die unwahre Angabe, ein Unternehmer, eine von ihm vorgenommene geschäftliche Handlung oder eine Ware oder Dienstleistung sei von einer öffentlichen oder privaten Stelle bestätigt, gebilligt oder genehmigt worden, oder die unwahre Angabe, den Bedingungen für die Bestätigung, Billigung oder Genehmigung werde entsprochen;
5. Waren- oder Dienstleistungsangebote im Sinne des § 5a Abs. 3 zu einem bestimmten Preis, wenn der Unternehmer nicht darüber aufklärt, dass er hinreichende Gründe für die Annahme hat, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge zum genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen (Lockangebote). Ist die Bevorratung kürzer als zwei Tage, obliegt es dem Unternehmer, die Angemessenheit nachzuweisen;
6. Waren- oder Dienstleistungsangebote im Sinne des § 5a Abs. 3 zu einem bestimmten Preis, wenn der Unternehmer sodann in der Absicht, stattdessen eine andere Ware oder Dienstleistung abzusetzen, eine fehlerhafte Ausführung der Ware oder Dienstleistung vorführt oder sich weigert zu zeigen, was er beworben hat, oder sich weigert, Bestellungen dafür anzunehmen oder die beworbene Leistung innerhalb einer vertretbaren Zeit zu erbringen;
7. die unwahre Angabe, bestimmte Waren oder Dienstleistungen seien allgemein oder zu bestimmten Bedingungen nur für einen sehr begrenzten Zeitraum verfügbar, um den Verbraucher zu einer sofortigen geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, ohne dass dieser Zeit und Gelegenheit hat, sich auf Grund von Informationen zu entscheiden;
8. Kundendienstleistungen in einer anderen Sprache als derjenigen, in der die Verhandlungen vor dem Abschluss des Geschäfts geführt worden sind, wenn die ursprünglich verwendete Sprache nicht Amtssprache des Mitgliedstaats ist, in dem der Unternehmer niedergelassen ist; dies gilt nicht, soweit Verbraucher vor dem Abschluss des Geschäfts darüber aufgeklärt werden, dass diese Leistungen in einer anderen als der ursprünglich verwendeten Sprache erbracht werden;
9. die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, eine Ware oder Dienstleistung sei verkehrsfähig;
10. die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, gesetzlich bestehende Rechte stellten eine Besonderheit des Angebots dar;
11. der vom Unternehmer finanzierte Einsatz redaktioneller Inhalte zu Zwecken der Verkaufsförderung, ohne dass sich dieser Zusammenhang aus dem Inhalt oder aus der Art der optischen oder akustischen Darstellung eindeutig ergibt (als Information getarnte Werbung);
12. unwahre Angaben über Art und Ausmaß einer Gefahr für die persönliche Sicherheit des Verbrauchers oder seiner Familie für den Fall, dass er die angebotene Ware nicht erwirbt oder die angebotene Dienstleistung nicht in Anspruch nimmt;
13. Werbung für eine Ware oder Dienstleistung, die der Ware oder Dienstleistung eines Mitbewerbers ähnlich ist, wenn dies in der Absicht geschieht, über die betriebliche Herkunft der beworbenen Ware oder Dienstleistung zu täuschen;
14. die Einführung, der Betrieb oder die Förderung eines Systems zur Verkaufsförderung, das den Eindruck vermittelt, allein oder hauptsächlich durch die Einführung weiterer Teilnehmer in das System könne eine Vergütung erlangt werden (Schneeball- oder Pyramidensystem);
15. die unwahre Angabe, der Unternehmer werde demnächst sein Geschäft aufgeben oder seine Geschäftsräume verlegen;
16. die Angabe, durch eine bestimmte Ware oder Dienstleistung ließen sich die Gewinnchancen bei einem Glücksspiel erhöhen;
17. die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, der Verbraucher habe bereits einen Preis gewonnen oder werde ihn gewinnen oder werde durch eine bestimmte Handlung einen Preis gewinnen oder einen sonstigen Vorteil erlangen, wenn es einen solchen Preis oder Vorteil tatsächlich nicht gibt, oder wenn jedenfalls die Möglichkeit, einen Preis oder sonstigen Vorteil zu erlangen, von der Zahlung eines Geldbetrags oder der Übernahme von Kosten abhängig gemacht wird;
18. die unwahre Angabe, eine Ware oder Dienstleistung könne Krankheiten, Funktionsstörungen oder Missbildungen heilen;
19. eine unwahre Angabe über die Marktbedingungen oder Bezugsquellen, um den Verbraucher dazu zu bewegen, eine Ware oder Dienstleistung zu weniger günstigen Bedingungen als den allgemeinen Marktbedingungen abzunehmen oder in Anspruch zu nehmen;
20. das Angebot eines Wettbewerbs oder Preisausschreibens, wenn weder die in Aussicht gestellten Preise noch ein angemessenes Äquivalent vergeben werden;
21. das Angebot einer Ware oder Dienstleistung als "gratis", "umsonst", "kostenfrei" oder dergleichen, wenn hierfür gleichwohl Kosten zu tragen sind; dies gilt nicht für Kosten, die im Zusammenhang mit dem Eingehen auf das Waren- oder Dienstleistungsangebot oder für die Abholung oder Lieferung der Ware oder die Inanspruchnahme der Dienstleistung unvermeidbar sind;
22. die Übermittlung von Werbematerial unter Beifügung einer Zahlungsaufforderung, wenn damit der unzutreffende Eindruck vermittelt wird, die beworbene Ware oder Dienstleistung sei bereits bestellt;
23. die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, der Unternehmer sei Verbraucher oder nicht für Zwecke seines Geschäfts, Handels, Gewerbes oder Berufs tätig;
24. die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, es sei im Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als dem des Warenverkaufs oder der Dienstleistung ein Kundendienst verfügbar;
25. das Erwecken des Eindrucks, der Verbraucher könne bestimmte Räumlichkeiten nicht ohne vorherigen Vertragsabschluss verlassen;
26. bei persönlichem Aufsuchen in der Wohnung die Nichtbeachtung einer Aufforderung des Besuchten, diese zu verlassen oder nicht zu ihr zurückzukehren, es sein denn, der Besuch ist zur rechtmäßigen Durchsetzung einer vertraglichen Verpflichtung gerechtfertigt;
27. Maßnahmen, durch die der Verbraucher von der Durchsetzung seiner vertraglichen Rechte aus einem Versicherungsverhältnis dadurch abgehalten werden soll, dass von ihm bei der Geltendmachung seines Anspruchs die Vorlage von Unterlagen verlangt wird, die zum Nachweis dieses Anspruchs nicht erforderlich sind, oder dass Schreiben zur Geltendmachung eines solchen Anspruchs systematisch nicht beantwortet werden;
28. die in eine Werbung einbezogene unmittelbare Aufforderung an Kinder, selbst die beworbene Ware zu erwerben oder die beworbene Dienstleistung in Anspruch zu nehmen oder ihre Eltern oder andere Erwachsene dazu zu veranlassen;
29. die Aufforderung zur Bezahlung nicht bestellter Waren oder Dienstleistungen oder eine Aufforderung zur Rücksendung oder Aufbewahrung nicht bestellter Sachen, sofern es sich nicht um eine nach den Vorschriften über Vertragsabschlüsse im Fernabsatz zulässige Ersatzlieferung handelt, und
30. die ausdrückliche Angabe, dass der Arbeitsplatz oder Lebensunterhalt des Unternehmers gefährdet sei, wenn der Verbraucher die Ware oder Dienstleistung nicht abnehme.
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