Der sog. "fliegende Gerichtsstand" wurde in der Vergangenheit häufig für rechtsmissbräuchliche Abmahnungen ausgenutzt. So wurde vom Abmahner das Gericht gewählt, das seine Rechtsansicht vertritt, den höchsten Streitwert zuspricht oder möglichst weit vom Sitz des Abgemahnten entfernt ist, damit möglichst hohen Kosten und Risiken entstehen. Das Bundesjustizministerium (BMJ) schlägt nun neue Regelungen zum Gerichtsstand im Internet vor, um Missbräuche zu verhindern.
Können Klagen gegen Internet-Rechtsverletzer bald nur noch an bestimmten Orten geltend gemacht werden?
Auf Anregung des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages prüft das Bundesjustizministerium (BMJ) derzeit, ob gesetzgeberischer Handlungsbedarf bei dem sog. "fliegenden Gerichtsstand" im Internet besteht. Hierzu gab es zuvor zahlreiche Beschwerden über Missbrauch.
Der sog. fliegende Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO wird in der Praxis gerade bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten (z.B. Beleidigungen in Forenbeiträgen) in größerem Maße dazu genutzt, ein Verfahren durch das sog. "Forum-Shopping" an die Gerichte zu bringen, die in der konkreten Materie als besonders antragstellerfreundlich gelten.
"Es soll auch vorkommen, dass Rechtssachen sogar parallel an verschiedenen Gerichten anhängig gemacht werden."
Aus eigener Erfahrung wissen wird, dass ein solches Vorgehen bei rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen üblich ist, um ein möglichst hohes Kostenrisiko zu generieren.
Das BMJ weist darauf hin, dass die Dringlichkeit der Regelung durch einstweilige Verfügung von den Gerichten sehr unterschiedlich gehandhabt wird. Teilweise sollen Antragsteller erst geraume Zeit nach Eintritt der behaupteten Rechtsverletzung zu einem ihnen günstig erscheinenden Zeitpunkt eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz beantragen.
Aber auch inhaltlich wurde in letzter Zeit der fliegende Gerichtsstand häufig ausgenutzt, um etwa eine bestimmte Rechtsposition durchzusetzen, die nur einige Gerichte vertreten, oder auch um den Streitwert, der für die Anwaltsgebühren maßgeblich ist, in die Höhe zu treiben.
Diese Entwicklungen geben für das BMJ Anlass, über folgende Änderungen in der Zivilprozessordnung (ZPO) nachzudenken:
Das BMJ hat seine Ideen an zahlreiche Verbände geschickt und diese aufgefordert, sich bis zum 31. Januar 2009 dazu zu äußern, ob aus deren Sicht ein entsprechender Handlungsbedarf besteht, dem mit den vorgenannten Überlegungen begegnet werden kann.
Unklar ist allerdings, ob Onlinehändler von möglichen Änderungen profitieren, da die Regelung des § 14 Abs. 2 UWG, in der der fliegende Gerichtsstand im Wettbewerbsrecht geregelt ist, derzeit nicht zur Diskussion steht. Vielmehr geht es derzeit um die Regelung des § 32 ZPO, die z.B. bei unwahren Tatsachenbehauptungen in Foren einschlägig ist.
Auch bei Wettbewerbsverstößen im Internet könnte eine Einschränkung des fliegenden Gerichtsstandes allerdings viele Missbrauchsfälle verhindern, so dass eine Änderung auch dieser Regelung sinnvoll wäre. (cf)
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