Manche Abmahner sparen sich den Anwalt und mahnen massenhaft mit eigenen Mitarbeitern ab. Hierdurch entstehen keine gesonderten Kosten, wenn lediglich vorgefertigte Standardschreiben verwendet werden. So entschied es zumindest das LG Braunschweig (Urteil vom 8. 8. 2007 - 9 O 482/07) in einem Fall einer Tochtergesellschaft der BUG AG, die vor kurzem Insolvenzantrag gestellt hatte. Das Gericht beschäftigte sich auch einmal mehr mit Kriterien für die Rechtsmissbräuchlichkeit einer Abmahnung.
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Im entschiedenen Fall wurde ein eBay-Händler von Computerhardware wegen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung abgemahnt. Diese sah eine Widerrufsfrist von lediglich zwei Wochen vor. Die Klägerin, eine Tochtergesellschaft der BUG AG, verkauft über das Internet Computerartikel. Alleinige Gesellschafterin der Klägerin ist die BUG AG. Der Geschäftsführer der Klägerin ist Gründer, alleiniger Aktionär und der alleinige Vorstand der BUG AG.
Beim LG Braunschweig sind in der letzten Monate vor dem Urteil von der Klägerin insgesamt 20 Unterlassungsverfahren anhängig gemacht worden. Innerhalb des letzten Jahres hat die BUG AG 30 Verfahren mit demselben Gegenstand bei dem LG Braunschweig anhängig gemacht.
Das LG Braunschweig hat die Klage abgewiesen. Zunächst entschied das Gericht, dass § 12 Abs. 2 Satz 2 UWG, der den Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Abmahnungen regelt, nur die erforderlichen, tatsächlich entstandenen Aufwendungen erfasse:
„Im vorliegenden Fall macht die Klägerin eine Abmahnpauschale für die eigene Abmahntätigkeit geltend. Dabei handelt es sich nicht um tatsächlich entstandene Kosten, weil die Abmahntätigkeit durch einen Mitarbeiter des klägerischen Unternehmens keine gesonderten Kosten verursacht.
Aus der Rechtsprechung zu der Erstattungsfähigkeit von Abmahnpauschalen bei Verbänden ... ergibt sich nichts anderes. Denn auch in diesen Fällen sind die echten Kosten des Verbands zu ermitteln, in die zusätzlich die Ausstattung des Verbands für die Abmahntätigkeit einbezogen werden kann... .“
Nach Auffassung des LG Braunschweig sei hier auch ein Abmahnungsmissbrauch zu bejahen. Das Gericht benennt eine umfangreiche Abmahntätigkeit, ein Missverhältnis zwischen Abmahntätigkeit und eigentlicher Geschäftstätigkeit, die Verwendung von denselben Textbausteinen in sämtlichen Abmahnungen sowie erhöhte Gegenstandswerte und ein unverhältnismäßiges Kostenrisiko als Anhaltspunkte für eine unzulässige Serienabmahnung:
Das LG Braunschweig hat auch entschieden, dass das Fehlen jeglichen örtlichen Bezugs für eine Geltendmachung des Anspruchs vor dem erkennenden Gericht möglicherweise auf missbräuchliche Massenabmahnungen zurückzuführen sei:
„Daher liegt es nahe, dass die Erkennbarkeit der systematischen Vorgehensweise bei den Abmahnungen durch Streuung verschleiert werden soll und dass die Hemmschwelle für einen Widerspruch durch die höheren Kosten heraufgesetzt werden soll.“
Das LG Braunschweig hat auch den Hinweis des Beklagten auf die persönliche und wirtschaftliche Verflechtung zwischen dem klägerischen Unternehmen und der BUG AG als zutreffend gesehen:
„Das von der Beklagten vorgelegte Abmahnschreiben ist ein Indiz dafür, dass die Abmahntätigkeit nicht nur von der B-AG durchgeführt wird, sondern auch von Klägerseite, und zwar durch dieselbe Anwaltskanzlei, nämlich die Prozessbevollmächtigten der Klägerin.
Die falsche Parteibezeichnung (B-AG) am Anfang des Abmahnschreibens ist symptomatisch für die Vorgehensweise bei einer Vielzahl von Abmahnungen.“
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