LG Berlin: 14 Monate Haft für Abmahnanwalt Gravenreuth

gefangenDer umstrittene Münchner Rechtsanwalt Günther Freiherr von Gravenreuth, seit den 80er Jahren berüchtigt durch Tausende Abmahnungen, unterlag vor dem Landgericht Berlin in der Berufung eines Verfahrens gegen die Tageszeitung taz. Das Gericht verurteilte ihn am 17. September 2008 zu einer Haftstrafe von 14 Monaten - ohne Bewährung.

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Hintergrund ist eine langjährige Auseinandersetzung, deren Ausgangspunkt im Versand einer Bestätigungs-eMail zur Newsletteranmeldung durch die taz liegt. Zur Vermeidung von Missbrauch wurde hierbei das Double-Opt-In-Verfahren verwendet, bei dem nach der Anmeldung zu einem Newsletter erst eine Mail versendet wird, in der zur Bestätigung der Anmeldung aufgefordert wird. 

Angeblich unerlaubte E-Mail-Werbung 

Eine solche Bestätigungsaufforderungs-Mail empfand Gravenreuth als unerlaubte Werbe-eMail und mahnte die Tageszeitung aus Berlin im Mai 2006 ab. Der Verlag überwies dem Anwalt daraufhin 663,71 Euro, welche dieser jedoch nie erhalten haben will, und der dann schließlich die Pfändung der Domain "taz.de" beantragte.

Einer Strafanzeige der taz wegen versuchten Betrugs folgte eine Hausdurchsuchung der Kanzleiräume Gravenreuths, die schließlich Beweise für den Geldeingang lieferte. Angebliches Chaos in der Kanzlei habe es ihm unmöglich gemacht, ein Fax und den Zahlungseingang der taz zur Kenntnis zu nehmen.

Chaos in Kanzlei oder einfach nur Betrug?

Dieser Behauptung schenkte die zuständige Richterin keinen Glauben. Im September 2007 sprach ihn das Amtsgericht Tiergarten des Betrugs schuldig und verurteilte ihn zu 6 Monaten Haft ohne Bewährung. Gravenreuth ging in Berufung, welche in diesen Tagen entschieden wurde.

Unter Berücksichtigung weiterer bereits rechtskräftiger Urteile wegen Veruntreuung von Mandantengeldern, welche noch zur Bewährung ausgesetzt wurden, forderte die Staatsanwaltschaft nun eine Strafe von 14 Monaten. Das Gericht folgte nun dieser Forderung:

Gravenreuth habe mit hoher krimineller Energie versucht, sich durch Betrug und unwahre Behauptungen widerrechtlich am Vermögen der taz zu bereichern.

Aufgrund der zahlreichen Vorstrafen sei außerdem nicht mit einer Besserung zu rechnen, weshalb die Strafe diesmal nicht zur Bewährung ausgesetzt werden könne.

"Hohe kriminelle Energie"

Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Gravenreuth bleibt nun eine Woche Zeit, Revision beim Kammergericht zu beantragen, was er laut WELT ONLINE nach der Entscheidung ankündigte.

"Dort stehen seine Chancen aber wohl eher schlecht, weil es in der Revision lediglich um Fragen der Rechtsanwendung geht und nicht Tatsachen", zitiert die Zeitung einen Prozessbeobachter.

Es bleibt abzuwarten, was für Folgen das Verfahren für den Rechtsanwalt Gravenreuth hat. Ihm drohe gar ein Entzug der Anwaltszulassung durch die zuständige Anwaltskammer, vermutet WELT ONLINE.

Drohender Entzug der Anwaltszulassung?

In der Internet-Community schlug die Nachricht um die Verurteilung Gravenreuths hohe Wellen. Im bekannten Heise-Forum wurde die Meldung binnen weniger Stunden von mehr als 3.000 zumeist schadenfrohen Usern kommentiert.

Gravenreuth gilt bereits seit den 80er Jahren als einer der ersten "Abmahn-Anwälte" in Deutschland. So verschickte er seit 1995 "etliche Tausend" Abmahnungen, wie er gegenüber WELT ONLINE bekannte. Meist ging es dabei um Verletzungen des Marken- oder Urheberrechts und brachte den Betroffenen Abmahngebühren in Höhe von mehreren Hundert Euro.

Desweiteren mahnte er im Bundestagswahlkampf 2002 mehrere politische Parteien ab, weil "Unbekannte" ihm unaufgefordert Grußkarten-Mails über die Webseiten der Parteien geschickt haben sollen.

Kritiker warfen ihm daraufhin vor, die Mails selbst an seine Adresse geschickt zu haben, um dann abkassieren zu können.

Oberstaatsanwalt: "Rechts- und Tatsachenverdreher"

Zahlreiche seiner Kollegen kritisieren, Gravenreuth schade durch sein Verhalten dem gesamten Berufsstand. Bernhard Jahntz, Oberstaatsanwalt im aktuellen Strafverfahren, äußerte sich laut WELT ONLINE folgendermaßen: "Mit Gravenreuth hat es keinen Falschen getroffen". Der Anwalt sei ein Rechts- und Tatsachenverdreher.

Quellen

18.09.08