Die Liste der Abmahngründe für Online-Shops oder eBay-Händler ist schier unendlich lang. Das LG Leipzig hat nun in einer Entscheidung klargestellt, dass sämtliche Verstöße gegen Informationspflichten im Fernabsatz und elektronischen Geschäftsverkehr abmahnbar sind. Immerhin entschied das Gericht aber auch, dass die Nennung einer Telefonnummer im Impressum nicht gesetzlich erforderlich ist.
Derzeit ist zwar nicht abschließend geklärt, ob sämtliche Verstöße gegen Informationspflichten im Fernabsatz und elektronischen Geschäftsverkehr abgemahnt werden können oder ob es sich teilweise um Bagatellverstöße handelt. Spätestens seit 12.12.2007 ist jedoch die europäische Lauterkeitsrichtlinie zu berücksichtigen, die den Gerichten hier keinen Spielraum mehr lässt.
In diesem Sinne hat auch das LG Leipzig nicht nach der Art und Schwere der Verstöße differenziert und mit Beschluss vom 03.03.2008 (04 HK 0 597/08) einem eBay-Anbieter untersagt, Artikel gegenüber Verbrauchern anzubieten
„a) ohne über die persönliche Identität, Anschrift, EMail-Adresse oder eine andere Möglichkeit der unmittelbaren Kommunikationzu informieren;
b) ohne über die Schritte zu informieren, die zum Vertragsschluss füren, insbesondere durch welche Erklärung der Käufer eine Bindung eingeht und durch welche Handlungder Vertrag zustande kommt;
c) ohne dabei im Rahmen der Widerrufsbelehrung für Verbraucher auf die Widerrufsfrist von einem Monat ab Zugang der Ware und einer gesonderten Widerrufsbelehrung in Textform sowie den Widerrufsempfänger hinzuweisen
d) und dabei das Widerrufsrecht für Verbraucher unzulässig einzuschränken
- für im Rahmen des Anzeigenformates “Auktion” erworbene Waren
- für geöffnete und getragene Warendurch den Hinweis: “Die Widerrufserklärung bzw. die Rücksendung ist vorher per E-Mail anzumelden”
e) und dabei darauf hinzuweisen, dass unfreie Ware nicht zurückgenommen wird
f) und dabei darauf hinzuweisen, die Rücksendung der Ware im Falle des Widerufs erfolge auf Gefahr des Käufers
g) ohne darüber zu informieren, ob und wie der Vertragstext nach dem Vertragsschluss gespeichert wird und ob er dem Käufer zugänglich ist
h) ohne beim Verkauf von Textilien die gesetzlich vorgeschriebene Rohstoffgehaltsangabe mitzuteilen
i) ohne auf die Rücknahme- und Verwertungspflicht bezüglich der Verkaufs- und Transportverpackungen, die nicht das Zeichen eines Systems der flächendeckenden Entsorgung tragen, nach der Verpackungsverordnung hinzuweisen.“
Diese Pflichten ergeben sich aus den §§ 312c und 312e BGB i.V.m. §§ 1 und 3 BGB-InfoV, der Textilkennzeichnungsverordnung und der aktuell gentenden Verpackungsverordnung. Dies zeigt einmal mehr, dass die Liste der Abmahngründe schier unendlich lang ist.
Außerdem hat das Gericht aber entschieden, dass es bei Angabe einer E-Mail-Adresse nicht zwingend sei, auch eine Telefonnummer oder eine andere Möglichkeit der unmittelbaren Kommunikation anzugeben:
„Es ist in der deutschen Rechtsprechung höchst streitig, ob neben der E-Mail-Adresse noch (zwingend) eine Telefonnummer anzugeben ist...
Obgleich der Wortlaut von § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG prima facie dafür spricht, dass neben der E-Mail-Adresse ein zweiter Kommunikationsweg eröffnet werden muss, ist dies Gegenstand des vorerwähnten vorlagebeschlusses des BGH. Auch wenn man dies indes bejaht, sprechen nach Ansicht der Kammer erhebliche Bedenken gegen die Annahme, dass dies (zwingend) durch die Angabe einer Telefonnummer geschehen müsse...
Das Telefon ist nur eine dieser Möglichkeiten neben etwa Telefax etc. Es kann daher hier der Antragsgegnerin auch nicht vorgeschrieben werden, gleichsam die primäre ‘Angabe einer Telefonnummer, ersetzbar durch andere Möglichkeiten der unmittelbaren Kontaktaufnahme , ohne die zumindest beispielhaft zu benennen.“
Zu der Frage wird bald der EuGH entscheiden. Im Mai 2008 war der EuGH-Generalanwalt Damaso Ruiz-Jarabo Colomer in seinen Schlussanträgen bereits zu dem Ergebnis gekommen, dass die Nennung einer Telefonnummer nicht erforderlich ist. Der EuGH schließt sich der Meinung des Generalanwalts in der Regel an.
So wird dies auch in der deutschen rechtswissenschaftlichen Literatur teilweise gesehen, u.a. von mir. Der BGH begründete seinen Vorlagebeschluss an den EuGH seinerzeit wie folgt:
"In der deutschen Rechtsprechung und im Schrifttum ist umstritten, ob die Möglichkeit zu einer unmittelbaren Kommunikation zwingend voraussetzt, dass eine telefonische Kontaktaufnahme eröffnet wird (von der Notwendigkeit der Angabe einer Telefonnummer gehen aus: OLG Köln, GRUR-RR 2005, 24; Fezer/Mankowski, UWG, § 4-S 12 Rdn. 149; Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, TDG, 2004, § 6 Rdn. 25; Aigner/Hofmann, Fernabsatzrecht im Internet, Rdn. 372; Wüstenberg, WRP 2002, 782, 783; Kaestner/Tews, WRP 2002, 1011, 1013; Ernst, GRUR 2003, 759; Stickelbrock, GRUR 2004, 111, 113; a.A. Härting, DB 2001, 80, 81; Föhlisch in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht (Stand August 2006), Kap. 13.4 Rdn. 127 f.). Auch die Begründung zum Regierungsentwurf des EGG (BT-Drucks. 14/6098, S. 21) sieht es als erforderlich an, dass der Diensteanbieter eine Telefonnummer angibt, um eine unmittelbare Kommunikation zu ermöglichen.
Für diese Ansicht spricht, dass nur telefonisch und nicht per E-Mail oder Telefax eine Kommunikation in Form von Rede und Gegenrede im Sinne eines echten Dialogs möglich ist. Zudem erleichtert die Einrichtung eines Telefonanschlusses dem Nutzer die Kontaktaufnahme, der so nicht allein auf eine schriftliche Kommunikation mit dem Diensteanbieter verwiesen wird.
Andererseits könnten E-Mail, Computer- und Telefax auch den Anforderungen genügen, die an eine unmittelbare und effiziente Kommunikation zu stellen sind. Entsprechend wird in der Rechtsprechung angenommen, dass neben der E-Mail-Adresse die Angabe einer Telefaxnummer ausreicht (österreichischer OGH, Urt. v. 18.11.2003 - 4 Ob 219/03, MMR 2004, 599, 601 = CR 2004, 684).
Die Notwendigkeit, telefonische Anfragen von Interessenten zu beantworten, würde die Beklagte zwingen, ihr Geschäftskonzept einer Kundenakquisition ausschließlich über das Internet zu ändern. Die Beklagte würde in ihrer Geschäftstätigkeit eingeschränkt, obwohl die Richtlinie 2000/31/EG nach ihren Erwägungsgründen 4 bis 6 gerade auf den Abbau von Hemmnissen, auf die Weiterentwicklung der Dienste der Informationsgesellschaft in der Gemeinschaft und auf die Nutzung der Chancen des Binnenmarktes durch den elektronischen Geschäftsverkehr abzielt.
Zudem würde die Einrichtung eines Telefonanschlusses nicht notwendigerweise eine unmittelbare und effiziente Kommunikation zwischen Nutzer und Diensteanbieter erlauben. Wird die Telefonnummer als Mehrwertdienstenummer eingerichtet, könnten potentielle Nutzer durch die damit verbundenen zusätzlichen Kosten von einer Kontaktaufnahme abgehalten werden. Einschränkungen der Erreichbarkeit in zeitlicher und kapazitätsmäßiger Hinsicht könnten die Kontaktaufnahme erschweren und weitere Reglementierungen erfordern.”
Bis zur endgültigen Entscheidung durch den EuGH sollte auf jeden Fall eine Telefonnummer im Impressum genannt werden, zumal dies auch eine nicht unwesentliche vertrauensbildende Maßnahme ist.
Der Gegenstandswert für ein einstweiliges Verfügungsverfahren wurde vom LG Leipzig in diesem Fall auf 4.500,00 EUR festgesetzt. (cf)
Vielen Dank an den Kollegen Rechtsanwalt Dr. Ole Damm von www.damm-legal.de für den Hinweis auf die Entscheidung.
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