Auch wenn sich die "herrschende" Rechtsprechung zur Monatsfrist bei eBay mittlerweile herumgesprochen hat, fragen uns Shopbetreiber immer wieder, warum die Widerrufsfrist dort denn eigentlich viel länger ist als bei "normalen" Shops. Gute Frage, denn eine sachliche Rechtfertigung für diesen Unterschied sehen auch wir nicht. Für unsere Leser haben wir daher noch einmal die aktuellen Urteile zu dieser Frage, abweichende Meinungen aus der Rechtswissenschaft und die aktuell geplanten Änderungen des Gesetzgebers in dieser Frage zusammengestellt.
Lesen Sie mehr über die "Lex eBay" und warum die Widerrufsfrist dort (noch) mehr als doppelt so lang ist wie in "normalen" Shops.
Die Frage, ob die Widerrufsfrist zwei Wochen oder einen Monat beträgt, hängt davon ab, wann der Kaufvertrag mit dem Kunden geschlossen wird. Der derzeit geltende Paragraph 355 Abs. 2 S. 2 BGB bestimmt, dass sich die Frist auf einen Monat verlängert, wenn die Textform-Belehrung erst “nach Vertragsschluss” mitgeteilt wird:
“Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist, die auch Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, und einen Hinweis auf den Fristbeginn und die Regelung des Absatzes 1 Satz 2 enthält. Wird die Belehrung nach Vertragsschluss mitgeteilt, beträgt die Frist abweichend von Absatz 1 Satz 2 einen Monat.“
Hier gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten:
Bei Kaufverträgen, die über die Plattform eBay geschlossen werden, erfolgt die Textform-Belehrung stets nach Vertragsschluss. Denn bei eBay ist bereits das Warenangebot ein verbindliches Vertragsangebot, das durch die Bestellung (Höchstgebot) des Kunden angenommen wird, so dass in diesem Moment der Vertrag geschlossen ist. Eine E-Mail (Textform) mit der Widerrufsbelehrung kann jedoch erst nach diesem Vorgang verschickt werden. Herunterladbare Texte genügen nach ständiger Rechtsprechung nicht im Textformerfordernis (siehe dazu gleich weiter unten).
In einem Onlineshop kann der Vertragsschluss jedoch verschieden gestaltet werden. In der Regel handelt es sich bei dem Warenangebot hier noch nicht um ein verbindliches Vertragsangebot, sondern um eine so genannte invitatio ad offerendum. In diesem Fall unterbreitet der Kunde mit seiner Bestellung zunächst ein verbindliches Vertragsangebot. Der Händler kann dieses dann annehmen oder nicht, und erst in diesem Moment ist der Vertrag geschlossen.
Teilt der Händler dann in der Zugangs Bestätigung E-Mail oder in der Auftragsbestätigung E-Mail an die Widerrufsbelehrung in Textform mit, erfolgt diese Mitteilung nicht nach Vertragsschluss, sondern vor Vertragsschluss oder bei Vertragsschluss. Daher greift die Vorschrift des Paragraphen 355 Abs. 2 S. 2 BGB schon nach dem Wortlaut nicht, so dass es bei der Zweiwochenfrist verbleibt.
Die Regelung des Paragraphen 355 BGB soll sich im Oktober 2009 ändern. Nach dem derzeitigen Entwurf des Bundesjustizministeriums (kein geltendes Recht!) soll die Vorschrift § 355 Abs. 2 BGB-E dann wie folgt lauten:
"(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage, wenn dem Verbraucher spätestens bei Vertragsschluss eine den Anforderungen des § 360 Abs. 1 entsprechende Widerrufsbelehrung in Textform mitgeteilt wird. Bei Fernabsatzverträgen steht eine unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform mitgeteilte Widerrufsbelehrung einer solchen bei Vertragsschluss gleich, wenn der Unternehmer den Verbraucher gemäß Artikel 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche unterrichtet hat. Wird die Widerrufsbelehrung dem Verbraucher nach dem gemäß Satz 1 oder Satz 2 maßgeblichen Zeitpunkt mitgeteilt, beträgt die Widerrufsfrist einen Monat. Dies gilt auch dann, wenn der Verbraucher über das Widerrufsrecht gemäß Artikel 246 § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu einem späteren als dem in Satz 1 oder Satz 2 genannten Zeitpunkt unterrichtet werden darf."
Damit wären dann Online-Shop-Betreiber und gewerbliche eBay-Händler gleichgestellt, was völlig sachgerecht ist. Schade nur, dass dieses Gesetz erst im Oktober 2009 kommen soll. In der Vergangenheit hat dieser sachlich nicht nachvollziehbare Unterschied zu zahlreichen Abmahnungen und Gerichtsentscheidungen geführt.
Die alten Musterbelehrungen des Bundesjustizministeriums (gültig bis 31.3.2008) enthielten zahlreiche Ungenauigkeiten und Fehler und waren nicht für die vorvertraglichen Information (Information auf der Internetseite) konzipiert. Insbesondere führte ihre Verwendung bei eBay zur fehlerhaften Belehrung über Fristbeginn und Fristlänge des Widerrufsrechts und war Gegenstand zahlreicher Abmahnverfahren.
In einem vom OLG Naumburg entschiedenen Fall (Urteil v. 13.07.2007, 10 U 14/07) stritten zwei Internethändler von Computerartikeln. Die Beklagte bot am 18. Oktober 2006 über eBay einen Tintenstrahldrucker der Marke „Canon PIXMA iP 6220 D“ an und verwandte dabei im Internet folgende Widerrufsbelehrung:
„Sie können ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung der Sache widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs oder der Sache. ...“
Das OLG Naumburg hat entschieden, dass die angegriffene Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist gegen § 312c Abs. 1 BGB, Art. 240 EGBGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV verstoße, weil sie nicht darüber belehrt, dass die Widerrufsfrist nicht vor Erhalt der Belehrung in Textform beginnt. Dieser Fehler ist in dem neuen Muster (gültig ab 1.4.2008) korrigiert. Die Abrufbarkeit der Widerrufsbelehrung auf der „Mich“-Seite des Anbieters stelle keine „Mitteilung in Textform“ i.S.v. § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB dar:
„Gemäß § 126b BGB erfordert Textform, dass die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise abgegeben ist. Der Sache nach verlangt diese Vorschrift daher eine Perpetuierung der Erklärung.
Durch einen Internetauftritt ist die Perpetuierungsfunktion, die § 126b BGB fordert, allein noch nicht erfüllt. Denn der Text verbleibt in diesem Fall nur dann dauerhaft beim Verbraucher, wenn dieser aufgrund eigenen zusätzlichen Willensentschlusses ihn ausdruckt oder abspeichert.
Vom Gesetzeszweck her ist es nicht möglich, danach zu differenzieren, ob es im Nachhinein zu einer solchen Perpetuierung kommt oder nicht. Denn die Länge der Widerrufsfrist würde sich dann danach richten, wie sich der Verbraucher verhält bzw. wie er technisch ausgestattet ist. Dies führte zu einer unerträglichen Rechtsunsicherheit.“
Auch das OLG Stuttgart vertritt mit Beschluss v. 04.02.2008 (2 U 71/07) diese Ansicht zur "Textform", die für eine korrekte Widerrufsbelehrung ausschlaggebend ist:
„Wenn der Gesetzesgeber fordert, dass dem Verbraucher eine Belehrung in Textform „mitgeteilt“ wird, so bringt er damit – wie auch die Entstehungsgeschichte eindeutig zeigt … – eindeutig zum Ausdruck, dass die Widerrufsbelehrung nicht nur in der vorgesehenen Textform erstellt, sondern in dieser dem Verbraucher auch zugehen muss … , denn es ist zwischen Einhaltung der Textform und Zugang der Belehrung zu unterscheiden …
Bei einer bloßen Kenntnisnahme der Veröffentlichung der Belehrung auf der eBay-Seite fehlt es aber an einer „Mitteilung in Textform“, also dem Zugang einer entsprechend perpetuierten Erklärung, denn die Belehrung muss dem Verbraucher in einer zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Form auch zugehen, und dieser muss auf die unveränderte Erklärung zugreifen können, wann es ihm beliebt … .“
Unerheblich sei daher nach Ansicht des OLG Stuttgart, dass das Angebot im Konto des Käufers gespeichert werde und vom Unternehmer nicht mehr verändert werden könne, denn eBay sei dem Verbraucher gegenüber grundsätzlich nicht zu dessen Speicherung verpflichtet.
Zum selben Ergebnis ist auch das LG Karlsruhe in einem vergleichbaren Fall (Urteil v. 8.8.2007, 3 O 76/07 KfH I) gelangt. Die Informationen auf einer Webseite allein seien für eine rechtsmäßige Widerrufsbelehrung nicht ausreichend, solange sie nur im Arbeitsspeicher des Computers, im Cache des Browsers oder in sonstiger flüchtiger Form und damit nicht dauerhaft im Machtbereich des Empfängers gespeichert und zugleich dem Zugriff des Erklärenden entzogen sind, so das LG Karlsruhe.
Dieser Ansicht folgt auch das LG Dortmund (Beschluss v. 19.07.2007, 10 O 113/07) unter Berufung auf die erste Entscheidung zur Monatsfrist des (OLG Hamburg, Urteil v. 24. 8. 2006 , 3 U 103/06):
„Bei Verkäufen über die Auktionsplattform eBay ist eine ordnungsgemäße Belehrung des Verbrauchers in Textform vor Vertragsschluss ausgeschlossen. Die zusammen mit dem Warenangebot vor Vertragsschluss ins Internet gestellte Belehrung erfüllt nicht die Voraussetzungen, die an die Textform und deren Mitteilung im Sinne des § 126 b BGB zu stellen sind...“
Anders haben zu der Frage, ob Belehrungen im Internet dem Textformerfordernis genügen, nur das LG Flensburg (Urteil v. 23.08.2006 - 6 O 107/06) und das LG Paderborn (Urteil vom 28.11.2006 - 6 O 70/06) entschieden. Diese Gerichte meinen, bereits die Belehrung im Internet erfülle das Textformerfordernis. So argumentiert etwa das LG Paderborn:
„Hiervon abgesehen tritt die Kammer zur Frage der Einhaltung der Textform bei eBay-Verkäufen an Verbraucher der zwischenzeitlich nach Rücknahme der Berufung rechtskräftigen Entscheidung des Landgerichts Flensburg vom 23.8.2006 (MMR 2006, 686) bei, wonach bei Fernabsatzverträgen über die Internetplattform eBay der Textform i.S.d. § 126b BGB genügt sein dürfte, wenn die notwendigen Informationen für den Verbraucher im Rahmen des Angebots zur Verfügung gestellt werden und der Verbraucher die Möglichkeit hat, sie zu speichern und auszudrucken.
Dessen Schutzbedürfnis an einer dauerhaften Verfügbarkeit der Informationen wird dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass er sich die Informationen ohne besonderen Aufwand ausdrucken und abspeichern kann, zumal sie bei einem Zuschlag (Kauf) zusammen mit dem Angebot noch 90 Tage auf der eBay-Plattform gespeichert und für ihn abrufbar bleiben.“
Diese Rechtsprechung hat sich aber ebensowenig durchgesetzt wie eine Entscheidung des OLG Hamburg (Beschluss vom 19.6.2007, Az. 5 W 92/07). Der dritte Zivilsenat sieht zwar ebenfalls das Textformerfordernis - wie die überwiegende Zahl der Gerichte - durch Internetbelehrungen nicht erfüllt, meint aber, dass die Vorschrift des § 312c Abs. 2 BGB systematisch vorrangig sei, wonach eine Belehrung "spätestens bis zur Lieferung an den Verbraucher" ausreicht:
„Indessen enthalten die §§ 355 ff BGB nur allgemeine Vorschriften für alle Gesetze, nach denen dem Verbraucher ein Widerrufsrecht eingeräumt ist. Speziell für den Fernabsatz ist in § 312 c BGB näher festgelegt, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Form die Widerrufsbelehrung mit dem in § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV niedergelegten Inhalt zu erfolgen hat…
Die Erfüllung der Informationspflichten nach § 312 c Abs. 2 BGB hat … in Textform zu erfolgen, und zwar bei Waren - darum geht es hier - spätestens bis zur Lieferung an den Verbraucher (§ 312 c Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB). Diese Regelungen zur Widerrufsbelehrung im Fernabsatz sind als Spezialregelungen zum Zeitpunkt und zur Art und Weise der Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs anzusehen und gehen in ihrem Anwendungsbereich § 357 Abs. 3 S. 1 BGB vor (so auch LG Flensburg MMR 06, 686, 687).“
Folgt man der Ansicht dieses Senats des OLG Hamburg, wäre auch die Regelungen in § 355 Abs. 2 S. 2 BGB systematisch nachrangig gegenüber der Regelung in § 312c BGB. Nach Auffassung des fünften Zivilsenats des OLG Hamburg würde sich bei Fernabsatzverträgen trotz Belehrung erst nach Vertragsschluss die Frist also nicht auf einen Monat verlängern. Diese Auffassung wurde bereits zuvor in der juristischen Literatur vertreten und nun vom OLG Hamburg aufgegriffen.
Eine weitere Ansicht, mit der sich die Gerichte bislang leider nicht befasst haben, wird in der rechtwissenschaftlichen Literatur vertreten und kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Frist bei eBay schon jetzt zwei Wochen beträgt.
Argumentiert wird allerdings nicht mit der Vorrangigkeit des § 312c Abs. 2 BGB, sondern damit, dass der Gesetzgeber die Monatsfrist seinerzeit gar nicht als Sanktion für Online-Händler, sondern als Entlastung für Finanzdienstleister eingeführt hat, damit diese im Falle der vergessenen Belehrung bei einer Nachholung nicht einer unendlichen Frist ausgesetzt sind.
So wird die Auffassung vertreten, dass man § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB insoweit teleologisch reduzieren muss und eine unmittelbare Belehrung in Textform „alsbald nach“ Vertragsschluss ausreicht (Becker/Föhlisch NJW 2005, 3377, 3378; Kaestner/Tews, WRP 2004, 509, 513). Ansonsten müsste man jedem (unbekannten) Bieter vorab schon einmal eine Mail mit der Widerrufsbelehrung zusenden, was nicht nur ziemlich schlecht für die Konversionsrate, sondern auch schlichtweg nicht praktikabel wäre.
Auch der Richter am OLG Stuttgart Dr. Helmut Hoffmann schrieb unmittelbar nach dem Bekanntwerden der ersten Entscheidung des OLG Hamburg zur angeblichen Monatsfrist bei eBay in der renommierten "Neuen Juristischen Wochenschrift":
"Nach Auffassung des Verfassers ist diese inzwischen wohl herrschende Rechtsprechung zur Monatsfrist in denjenigen Fällen problematisch, in denen der Verbraucher nach Ablauf der Auktion in einem automatisierten Vorgang quasi sofort die notwendigen Informationen per E-Mail übersandt erhält; unter dieser Voraussetzung kann noch von einer Information „bei“ statt „nach“ Vertragsschluss gesprochen werden." (Hoffmann, NJW 2007, 2594, 2595)
Neben Aussagen zur Widerrufsfrist enthalten die aktuellen Gerichtsentscheidungen allesamt Kritik an der im alten Belehrungsmuster enthaltenen und daher sehr häufig (immer noch) verwendeten Formulierung:
„Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“
Dies ist mittlerweile geradezu ein gefundenes Fressen für Abmahnanwälte. Nach Ansicht des LG Dortmund seien diese Angaben über den Fristbeginn unvollständig und falsch. Die Frist beginne gemäß § 355 Abs. 2, S. 1, Abs. 3 S. 2 BGB frühestens am Tag nach Erhalt der Widerrufsbelehrung in Textform und der Ware. Im Übrigen sei die Belehrung auch irreführend, da sie den Eindruck vermittelt, dass bereits die vorvertragliche Information, wie sie von dem Antragsgegner auf der Angebotsseite bereit gehalten wird, die Frist in Lauf setzt.
Ähnlich sieht dies auch das OLG Naumburg und verweist auf den Schutzzweck der Norm:
„Der Verbraucher soll durch die Belehrung nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. …
Ein Missverständnis des Verbrauchers darüber, wann die Frist in der er sein Widerrufsrecht ausüben kann, beginnt, kann die Ausübung dieses Rechts beeinträchtigen. Möglicherweise meint ein Verbraucher, die Widerrufsfrist sei bereits abgelaufen und übt das Recht daher nicht aus.“
Zu der Formulierung "mit", "am Tag nach" und "nach" gibt es allerdings auch schon wieder verschiedene Entscheidungen.
Oft wollten sich die abgemahnten Händler darauf berufen, dass sie die Muster-Widerrufsbelehrung aus der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV übernommen haben. Dieses Muster sei für eBay-Anbieter allerdings nicht konzipiert, sondern nur für die Belehrung per E-Mail geeignet, entschied etwa das LG Köln mit Beschluss v. 20.03.2007 (31 O 13/07):
„Dass für die Wettbewerbswidrigkeit nach § 4 Nr. 11 UWG maßgeblich auf § 312 d Abs. 2 BGB und nicht auf die Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV abzustellen ist, ergibt sich zudem aus dem Sinn und Zweck der bei Fernabsatzgeschäften vorgesehenen modifizierten Widerrufsfrist.
Die zusätzliche Voraussetzung für den Lauf der Widerrufsfrist in § 312 d Abs. 2 BGB, dass die Ware beim Kunden eingegangen ist, dient dem Schutz des Verbrauchers um sicherzustellen, dass dieser die im Internet bestellte — vor dem Kauf nicht unmittelbar besichtigte — Ware vor Ablauf der Widerrufsfrist hinreichend prüfen kann. Dementsprechend ist der Schutz von § 14 Abs. 1 BGB-InfoV zu versagen, wenn sich ein Fehler konkret zum Nachteil des Verbrauchers auswirkt… .“
Das neue Muster (gültig seit 1.4.2008) ist auch für die Belehrung im Internet konzipiert!
Das OLG Stuttgart (Beschluss v. 04.02.2008, 2 U 71/07) stellte noch einmal klar, dass sich auf die Rechtmäßigkeit des Musters allenfalls derjenige berufen kann, der das Muster unverändert und vollständig (und nicht nur einzelne Passagen daraus) verwendet:
„Auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV kann sich nämlich entgegen der vom OLG Hamburg ohne nähere Begründung vertretenen Auffassung (Beschluss vom 12.09.2007 – 5 W 129/07 ) der Unternehmer nur berufen, wenn er dass Muster unverändert (ausgenommen die Umsetzung der Gestaltungshinweise und die nach § 14 Abs. 3 BGB zugelassenen weiteren Angaben) verwendet … .
Dies folgt daraus, dass die Verwendung des Musters und nicht die einzelner Musterbedingungen privilegiert ist … . Weiter Änderungen können allenfalls dann die Schutzwirkung unberührt lassen, wenn zu Lasten des Verbrauchers gehende Unrichtigkeiten des Musters berichtigt wurden … .“
Eine falsche Widerrufsbelehrung durch Verwendung des alten Musters stelle auch keinen Bagatellfall im Sinne von § 3 UWG dar, so das OLG Naumburg (anders entschied dies das Kammergericht Berlin):
„Sind sich die Verbraucher über den Beginn und Länge der Widerrufsfrist im Unklaren, kann dies die Ausübung des Widerrufsrechts beeinträchtigen. ... Insoweit könnte sich der Unternehmer gegenüber anderen Wettbewerbern eine wirtschaftlich vorteilhafte Position verschaffen, weil er der Ausübung des Widerrufsrechts durch Verbraucher seltener ausgesetzt ist als andere.“
Bei der Vielzahl der Internet-Mitwettbewerber dürfte zwar eine unzutreffende Widerrufsbelehrung bei einem einzigen Mitwettbewerber kaum ins Gewicht fallen. Die Summe der Einzelverstöße führt dann jedoch zur einer spürbaren Benachteiligung. Auch das Interesse der Allgemeinheit an der Befolgung der Verbraucherschutzbestimmungen gebiete es, die Abmahnung von leichten Einzelverstößen zuzulassen.
„Der Gesetzgeber hat aber zum Schutz des Verbrauchers, wie § 8 Abs. 3 UWG zeigt, eine Konstruktion gewählt, die weitgehend von der persönlichen Betroffenheit des Klagenden absieht. Denn nicht nur Mitbewerbern werden die Unterlassungsansprüche nach dieser Vorschrift eingeräumt, sondern auch Institutionen, die nicht am Markt teilnehmen.“
Wenn Sie bis hierhin gelesen haben und nur noch Bahnhof verstehen, gibt es eine einfache Lösung: Angesichts dieser Vielzahl von Entscheidungen, die der alten Musterbelehrung insbesondere beim Einsatz bei eBay Fehler bescheinigen, kann nur dringend geraten werden, das aktuelle Muster zu verwenden, das seit dem 1.4.2008 gilt. Hier wurden die bekannten Fehler korrigiert, der Text ist auch für das Internet konzipiert und es wird zwischen eBay und normalen Shops differenziert.
Wer noch das alte Muster verwendet, sollte seine Widerrufsbelehrung jetzt, allerspätestens aber bis Ende September 2008 aktualisieren, denn dann läuft die Übergangsregelung des § 16 BGB-InfoV endgültig aus. Dann heißt es wieder: Feuer frei für Abmahnanwälte. (cf)
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Sowie unseren Gastbeitrag in der Internet World Business 17/2008:
Die Lex Ebay fällt! - Der Gesetzentwurf zur Neuordnung der Widerrufsvorschriften ist ein großer Wurf