Die bis zum 31.3.2008 geltende Muster-Widerrufsbelehrung enthält bekanntermaßen eine Reihe von Fehlern und Ungenauigkeiten, so auch zu der sog. Transportgefahr. Das KG Berlin (Beschluss v. 16.11.2007 - 5 W 341/07) hatte die Frage zu entscheiden, ob ein unvollständiger Passus zu der Frage, wer das Risiko des Paketverlustes bei der Rücksendung der Ware trägt, zur Wettbewerbswidrigkeit der Belehrung führt. Erfreulicherweise drang der Abmahner mit dieser Begründung nicht durch. Eine Aufklärung über alle Details sei nicht erforderlich, so das Gericht - allerdings mit einer sehr wackeligen Begründung.
Lesen Sie mehr über die Tücken der alten Muster-Belehrung und warum Sie das aktuelle Muster verwenden sollten.
Im entschiedenen Fall veräußert ein Händler Computerkomponenten über das Internet. In seinen AGB, sowie unter den Überschriften „Widerrufsbelehrung / Widerrufsrecht für amazon-, ebay-Kunden“ heißt es:
„Paketversandfähige Sachen sind üblicherweise zurückzusenden. Sie haben die Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn Sie bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilzahlung erbracht haben. Andernfalls ist die Rücksendung für Sie kostenfrei.“
Der Händler wurde von einem Mitbewerber mit der Begründung abgemahnt, dass die verwendete Widerrufsbelehrung nicht darauf hinweise, dass die Ware im Fall des Widerrufs auf Gefahr des Verkäufers zurückgesandt werden könne. Somit liege ein Verstoß gegen § 312 c Abs. 1 und 2 BGB vor.
Hierzu regelt das Gesetz in § 357 Abs. 2 S. 2 BGB:
"Kosten und Gefahr der Rücksendung trägt bei Widerruf und Rückgabe der Unternehmer."
D.h. geht ein Paket bei Rücksendung durch den Verbraucher verloren oder wird die Ware beschädigt, ist dies das Problem des Händlers. Er muss trotzdem den vollen Kaufpreis erstatten. Etwas anderes gilt nur, wenn der Verbraucher die Ware nicht ordentlich (gegen Beschädigungen geschützt) verpackt hat.
Das - für Normalsterbliche kaum zu durchdringende - Problem: der Hinweis auf die Gefahrtragung ist in der alten Musterwiderrufsbelehrung zwar vorhanden. Wenn aber die sog. "40-EUR-Klausel" eingesetzt wird, verschwindet er, vermutlich, weil das Bundesjustizministerium diesen Punkt übersehen hat. In der neuen Belehrung ist dieser Fehler korrigiert.
Das KG Berlin hat im entschiedenen Fall zunächst dem Antragsteller zugestimmt, dass die Widerrufsbelehrung die Rechtsfolgen des Widerrufs nicht lückenlos darstelle:
„Im Fall des Widerrufs ist der Verbraucher nach § 357 Abs. 2 Satz 1 BGB zur Rücksendung verpflichtet, wenn die Sache durch Paket versandt werden kann. Der Antragsteller weist insoweit zu Recht darauf hin, dass der Unternehmer nach § 357 Abs. 2 Satz 2 BGB die Gefahr der Rücksendung zu tragen hat, und zwar auch dann, wenn der Unternehmer von der in § 357 Abs. 2 Satz 3 BGB vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, die Kosten der Rücksendung unter den dort genannten Voraussetzungen dem Verbraucher aufzuerlegen.“
Allerdings sei es nach Auffassung des Kammergerichts zweifelhaft, ob ein Verstoß gegen § 312 c Abs. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV vorliege. Das Gesetz enthalte keine weiteren konkreten Angaben über den Inhalt und Umfang der Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs.
„Legt man diese Bestimmung nach ihrem Sinn und Zweck aus, erscheint die Forderung, die Rechtsfolgen des Widerrufs in allen nach dem Gesetz denkbaren Alternativen und Varianten vollständig und in allen Einzelheiten darzustellen, zu weitgehend.“
Hinter § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV in der heutigen Fassung stehe der Leitgedanke des Gesetzgebers, den Verbraucher bei den für ihn mit erheblichen Risiken Distanzgeschäften mit umfassenden Informationen zu versorgen, so das KG. Zugleich sollte mit den zu erteilenden Informationen weder den Verbraucher überfordert noch die Unternehmer zu übermäßig belastet werden:
„Es dürfte davon auszugehen sein, dass eine in alle Einzelheiten gehende Darstellung der Rechtsfolgen des Widerrufs ihren Informationszweck verfehlt, weil sie der Verständnismöglichkeit und Auffassungsbereitschaft des durchschnittlichen, juristisch nicht vorgebildeten Verbrauchers nicht mehr gerecht wird, sondern eine Überforderung beider Seiten darstellt, die der Gesetzgeber – wie bereits ausgeführt, vermeiden wollte...
Dem Informationsbedürfnis des durchschnittlichen Verbrauchers dürfte eine zusammenfassende, sich auf die wesentlichen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien konzentrierende Darstellung der Rechtsfolgen des Widerrufs weitaus gerechter werden. Diese Einschätzung liegt offensichtlich auch der Musterwiderrufsbelehrung in der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV zugrunde.“
Aus dem in der Musterwiderrufsbelehrung enthaltenen Satz: „Paketversandfähige Sachen sind auf unsere Kosten und Gefahr zurückzusenden.“ könne allerdings geschlossen werden, dass die Frage, wer die Gefahr der Rücksendung der Ware trägt, zu den wesentlichen Rechtsfolgen des Widerrufs gehöre, über die eine Belehrung erforderlich sei.
Es sei jedoch der Gestaltungshinweis Nr. 7 zur (alten) Musterwiderrufsbelehrung zu beachten, der vorsieht, die in der Musterwiderrufsbelehrung in eckige Klammern gesetzten Wörter „auf unsere Kosten und Gefahr“ wegzulassen und die von der Antragsgegnerin verwendeten Sätze:
„Sie haben die Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn Sie bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilzahlung erbracht haben. Andernfalls ist die Rücksendung für Sie kostenfrei.“
aufzunehmen, wenn – wie hier - auf der Grundlage des § 357 Abs. 2 Satz 3 BGB die Übernahme der Versandkosten durch den Verbraucher vereinbart ist.
Es komme nicht darauf an, ob der Unternehmer seinen Belehrungspflichten stets durch Verwendung des genauen Wortlautes dieser Muster nachkomme. Im Hinblick auf § 1 Abs. 4 Satz 2 BGB-InfoV sei er aber auch nicht verpflichtet, mehr Informationen zu erteilen, als in diesen Mustern enthalten sind.
Da keine nähere Informationen über die Gefahrtragung bei Rücksendung der Sache in den Musterbelehrungen des Bundesjustizministeriums enthalten seien, könne der Unternehmer nicht verpflichtet werden, den Verbraucher darüber aufzuklären. Ähnlich hat zuvor auch das OLG Hamburg entschieden. Anders entschied noch das LG Berlin.
Diese Bewertung ist nicht nachvollziehbar, enthält das Muster durchaus einen Hinweis auf die Gefahrtragung, der jedoch infolge eines Redaktionsversehens des Gesetzgebers fehlt, sobald die sog. 40-EUR-Klausel umgesetzt wird. Dieser Fehler wurde jedoch in dem neuen, zum 1.4.2008 in Kraft getretenen Muster korrigiert. In früheren Entscheidungen verlangte das KG Berlin dem Händler auch sehr wohl ab, klüger zu sein als der Gesetzgeber und die Fehler der Musterbelehrung zu korrigieren.
Wohl wegen dieser Bedenken argumentiert der Senat hilfsweise damit, dass selbst wenn man einen Verstoß gegen Belehrungspflichten annehme, nur eine Bagatelle vorliege:
„Dieser Verstoß wäre hier jedenfalls nicht geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer im Sinne von § 3 UWG mehr als nur unerheblich zu beeinträchtigen. ...
Es reicht nicht aus, dass der Verstoß lediglich geeignet ist, irgendeinen geringfügigen Wettbewerbsvorsprung zu begründen. Von Bedeutung sind vielmehr die jeweiligen Marktverhältnisse, wie die Größe des Unternehmens und die Zahl der Mitbewerber auf dem Markt sowie die Art, Schwere, Häufigkeit oder Dauer des Wettbewerbsverstoßes. In Bezug auf die Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer ist darauf abzustellen, ob ihre Informationsinteressen, ihre Entscheidungsfreiheit und ihre sonstigen durch das Gesetz geschützten Interessen spürbar beeinträchtigt sein können.“
Es sei anzunehmen, dass sich aufgrund des unterlassenen Hinweises über die Verteilung der Gefahr der Rücksendung nur in Ausnahmefällen ein Verbraucher davon abhalten lasse, gegebenenfalls von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen.
Auch diese Argumentation ist fragwürdig, da gerade bei wertvollen Waren der Verbraucher durchaus überlegen wird, ob er sein Geld zurück erhält, wenn die von ihm zurück geschickte Ware unterwegs verloren geht. Vielen Verbrauchern dürfte die Gefahrtragungsregelung ebensowenig bekannt sein wie einigen Shops, die wahlweise versicherten und unversicherten Versand anbieten in dem Glauben, beim unversicherten Versand habe der Kunde weniger Rechte.
Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass die Details der Widerrufsbelehrung für einen juristischen Laien nicht mehr nachvollziehbar sind und auch die Gerichte sich mittlerweile untereinander und sogar in verschiedenen Entscheidungen zum gleichen Thema widersprechen. Es kann daher nur jedem Händler empfohlen werden, die aktuelle Musterbelehrung zu verwenden, die in der BGB-InfoV für rechtens erklärt wird. (cf)