Widerrufsfrist: "mit", "am Tag nach" oder "nach"? So formulieren Sie richtig.

ampelEine fehlerhafte Widerrufsbelehrung hat unangenehme Folgen: der Kunde kann die Ware unbefristet zurückgeben und es besteht Abmahngefahr. Das OLG Hamm hat sich mit dem Fristbeginn beim Rückgaberecht befasst und gemeint, dass die Frist "am Tag nach dem Erhalt" der Ware beginne. Das LG Braunschweig meint hingegen, diese Formulierung sei sogar irreführend, es müsse "mit" heißen. In der neuen Muster-Widerrufsbelehrung heißt es nun "nach". Wer hat denn nun Recht?

Lesen Sie mehr über zwei Gerichte und drei Meinungen zu der "richtigen" Belehrung über den Fristbeginn.

Im entschiedenen Fall des OLG Hamm (Urteil vom 18.10.2007 - 4 U 126/07) wurde ein gewerblicher ebay-Händler von einem Konkurrenten abgemahnt, weil er in seiner Rückgabebelehrung darauf hinweist, dass die Frist

"frühestens mit Erhalt der Ware und dieser Belehrung in Textform"

beginnt. Nach einer erfolglosen Abmahnung machte der Mitbewerber einen Unterlassungsanspruch nach aus §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 356, 355, 312d, 312c BGB vor dem Gericht geltend.

OLG Hamm: "frühestens mit" ist falsch 

Das OLG Hamm gab dem Abmahner inhaltlich Recht:

„Die Belehrung ist ... insoweit unvollständig, als die Regelung des §  187 Abs. 1 BGB nicht einbezogen worden ist. Danach wird bei der Berechnung einer Frist, deren Beginn vom Eintritt eines bestimmten Ereignisses abhängt, der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis fällt.

Die Frist beginnt also in Fällen wie dem vorliegenden frühestens mit dem Tag nach dem Erhalt der Ware und der Belehrung in Textform.“

Lediglich ein Bagatellverstoß, aber verlängerte Frist 

Aus Sicht der Verbraucher, die die Regelung des § 187 BGB nicht kennen, werde insofern ein unzutreffender Fristbeginn angegeben. Ein solcher Gesetzesverstoß sei jedoch nicht geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und Verbraucher i.S.d. § 3 UWG mehr als nur unwesentlich zu beeinträchtigen:

„Der so belehrte Verbraucher kann dem Hinweis allenfalls die Fehlvorstellung entnehmen, die Frist beginne an dem Tag zu laufen, an dem die Belehrung in Textform und die Ware bei ihm eingetroffen sind. ... Sie haben zwar effektiv einen Tag weniger, um die erhaltene Ware ohne Angabe von Gründen zurückzusenden, wenn ihnen zugleich auch das Rückgaberecht in Textform eingeräumt worden ist.

Dabei bleibt ihnen aber der Zeitraum von zwei Wochen dafür, der nach ihrer Fehlvorstellung mit dem Erhalt von Ware und Belehrung oder Einräumung des Rückgaberechts beginnt. Dieser Zeitraum reicht als solcher auch aus, um die erforderliche Entscheidung zu treffen, wie der kürzeren Frist des Art. 6 Abs. 1 der umgesetzten EU-Fernabsatz-Richtlinie von 7 Werktagen zu entnehmen ist.

Es kommt auch praktisch nie vor, dass ein Verbraucher sich am letzten Tag der gesetzlichen Frist noch zur Rückgabe entschließen will, aber meint, die Frist sei abgelaufen, und er deshalb von seinem Vorhaben Abstand nimmt....

Zu vernachlässigen ist auch, dass ein solcher Kunde gerade wegen des fehlenden Tages nicht widerruft und deshalb nicht bei der Ast. kaufen kann. Im Gegensatz zu einem fehlenden oder falschen Hinweis auf das Widerrufsrecht kann sich der Verstoß hier als Wettbewerbsvorteil praktisch nicht auswirken.“

Auch wenn die Belehrung nicht abgemahnt werden kann, führt die Einstufung der Formulierung als falsch allerdings dazu, dass sich die Widerrufsfrist des Kunden verlängert. 

LG Braunschweig: "frühestens mit" ist richtig

Einen vergleichbaren Fall hatte auch das LG Braunschweig (Urteil v. 06.11.2007, 21 O 1899/07) zu entscheiden. Hier boten zwei Händler Computer-Artikel auf der Internet-Plattform eBay an. Der Abgemahnte bot in der Vergangenheit seine Artikel im Internet mit einer fehlerhaften Information zum Widerrufsrecht des Käufers an.

Der Konkurrent mahnte ihn deswegen zweimal ab. Der ersten Abmahnung unterwarf sich der Verfügungsbeklagte, der zweiten nicht. Mittlerweile belehrt der Verfügungsbeklagte potenzielle Käufer seiner Waren über die Widerrufsfrist dahin, sie beginne 

"frühestens mit Erhalt der Ware und einer in Textform mitzuteilenden Widerrufsbelehrung"

Verbraucher kann Frist korrekt errechnen 

Die 21. Kammer des LG Braunschweig hat einen Unterlassungsanspruch des Klägers aus § 8 Abs. 1 UWG i. V. mit den §§ 3, 4 Nr. 11 UWG abgelehnt und die zurzeit verwendeten Information zum Widerrufsrecht für  korrekt und gesetzesmäßig erklärt:

Diese Belehrung versetzt den Verbraucher in die Lage, den Lauf der Widerrufsfrist korrekt zu errechnen. Eine Information dahingehend, dass die Widerrufsfrist am Tag nach Erhalt der Ware und der Widerrufsbelehrung in Textform beginne, entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen und würde einen Verbraucher eher verwirren.

Denn bei der Fristberechnung wird ein Laie regelmäßig nicht in das Gesetz gucken, sondern bei der Ein-Monats-Frist korrekt davon ausgehen, dass diese Frist einen Monat später mit dem Tag endet, dessen Zahl demjenigen Tag entspricht, an dem er Ware und Widerrufsbelehrung erhalten hat.

Würde dem Laien hingegen – wie vom Verfügungskläger gefordert – mitgeteilt, dass die Frist erst am Tag "nach" Erhalt von Ware und Widerrufsbelehrung beginnt, bestünde die Gefahr, dass er den Fristablauf mit der oben genannten Methode falsch ermittelt und dadurch seinen Widerruf eventuell einen Tag zu spät erklärt.“

Der Beklagte habe hier seine Information korrekt abfasst,  so dass kein Wettbewerbsverstoß vorliege, so das LG Braunschweig.

Muster-Widerrufsbelehrung: "nach Erhalt" ist vorzugswürdig

In der seit 1. April 2008 geltenden Muster-Widerrufsbelehrung des Bundesjustizministeriums heißt es nun:

"Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform..."

Nach der Begründung des Bundesjustizministeriums soll die Belehrung durch diese Formulierung zum einen auf die Regelung in §187 Abs.1 BGB abgestimmt und zum anderen ihre Verwendbarkeit zur Erfüllung der vorvertraglichen Informationspflicht gemäß §312c Abs.1 Satz 1 BGB in Verbindung mit §1 Abs.1 Nr. 10 BGB-InfoV (Bestehen eines Widerrufsrechtes) sichergestellt werden.

Wie geht es denn nun richtig?

Nach § 187 Abs.1 BGB wird bei der Berechnung einer Frist, für deren Anfang ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend ist, der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Bezogen auf die Widerrufsfrist bedeutet dies, dass sie nicht mit Erhalt der Belehrung, sondern erst am darauf folgenden Tag beginnt (so BGH, NJW 1994, 1800, 1801). Dieser Rechtslage trägt die geänderte Formulierung des Bundesjustizministeriums Rechnung.

Zudem wird die Muster-Belehrung in der BGB-InfoV und ab 2009 im EGBGB für rechtens erklärt. Der Händler kann sich auf diese Privilegierung berufen. Daher ist die Verwendung des aktuellen Musters aus unserer Sicht der sicherste Weg. Aber vollständige Rechtssicherheit gibt es erst ab 2009. (cf)

25.07.08