Nach derzeitiger Rechtslage können eBay-Händler anders als Online-Shop-Betreiber vom Kunden keinen Wertersatz für Verschlechterungen der Ware infolge der sog. "bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme" (z.B. Einsetzen einer Tintenpatrone) verlangen. Viele Händler ließen daher den entsprechenden Passus aus der Widerrufsbelehrung ganz weg. Aber auch das sei nicht rechtens, wie das OLG Zweibrücken mit Urteil vom 15.11.2007 (4 U 98/07) entschied.
Lesen Sie mehr über die Pflicht zur Aufklärung über die Wertersatzpflicht in der Widerrufsbelehrung.
Im entschiedenen Fall vertreiben die Parteien regelmäßig Produkte aus dem Computersegement im Internet auf der Handelsplattform eBay Die Beklagte veröffentlichte am 14. April 2007 das Angebot für ein Notebook. Dieses sollte per Sofort-Kauf oder aber auch durch Ersteigerung zum Abschluss eines Kaufvertrages führen. Es enthielt eine Widerrufsbelehrung, die aber keine Angaben über eine mögliche Verpflichtung des Käufers zur Leistung von Wertersatz im Falle der Verschlechterung oder des Unterganges des empfangenen Gegenstandes erhielt.
Denkbar ist eine Wertersatzpflicht des Kunden nicht nur bei "bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme", sondern nach den allgemeinen Rücktrittsregelungen auch z.B. bei unsachgemäßen Beschädigungen, Verbrauch oder Verlust der Kaufsache. Wer eine online gekaufte Ware aus Versehen beschädigt, kann dann bei Rückgabe natürlich nicht den vollen Kaufpreis zurück verlangen. Obwohl dies für viele Verbraucher selbstverständlich ist, sieht das OLG Zweibrücken eine Aufklärungspflicht:
„Gemäß § 312 c BGB i.V.m § 1 Abs. 1 Zf. 10 BGB-InfoVO sind die Verbraucher bei den Fernabsatzverträgen über sämtliche Rechtsfolgen eines ausgeübten Widerrufsrechts zu belehren. Der Verbraucher soll durch die Belehrung in der Lage sein, die Vor- und Nachteile einer Rückabwicklung eines Vertrages beurteilen zu können ...
Die danach erforderliche Belehrung ist durch die Verfügungsbeklagte nicht erfolgt. Die Verfügungsbeklagte hat nicht darauf hingewiesen, dass der Verbraucher beim Widerruf Wertersatz zum Ausgleich für die Verschlechterung der Ware zu leisten hat, die durch einen bestimmungsgemäßen Gebrauch eingetreten ist (§ 346 Abs. 2 BGB). Der Rechtsbruchstatbestand ist damit erfüllt.“
Damit liege ein Verstoß gegen die Marktverhaltensregel ist des § 312c BGB vor, der den Konkurrenten zur Unterlassung berechtige, so der Senat. Ähnlich hat kurz zuvor das KG Berlin mit Beschluss vom v. 9.11.2007 (5 W 276/07) entschieden:
„Zu den ... erforderlichen Angaben zählen Informationen über die Rechtsfolgen des Widerrufs. Der Ag. nennt in seiner Widerrufsbelehrung als Widerrufsfolgen lediglich die Verpflichtungen, die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben und erfasst damit die Rechtsfolgen des Widerrufs nicht vollständig, da jedenfalls Hinweise auf eine mögliche Haftung auf Wertersatz wegen einer Verschlechterung der Sache oder ihres Untergangs fehlen.
Die Rechtsfolgen des Widerrufs beschränken sich jedoch nicht darauf, dass der Verbraucher nach § 357 I 1 BGB i.V. mit § 346 I BGB die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Leistungen herauszugeben hat. Nach § 357 I 1 BGB i.V. mit § 346 II 1 Nr. 3 und III 1 Nr. 3 BGB ist statt der Rückgewähr Wertersatz zu leisten. Der Wertersatzanspruch gilt etwa auch dann, wenn der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat, ohne dass Ursache der Verschlechterung die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme des Gegenstands war, und die Verschlechterung darauf zurückzuführen ist, dass der Verbraucher nicht die Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
Nach Ansicht des OLG Zweibrücken ist ein solcher Verstoß auch geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und der Verbraucher nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen:
„Auch ein verständiger und informierter Durchschnittsverbraucher wird bei seiner Kaufentscheidung regelmäßig den Unternehmer bevorzugen, der über die Möglichkeit des Widerrufs belehrt, aber keine Aussagen über mögliche Wertersatzpflichtungen trifft.
Durch die entsprechende Werbung werden die Verbraucher zu der Annahme verleitet, dass der Unternehmer, der entgegen den gesetzlichen Vorschriften nicht über die für den Verbraucher nachteiligen Folgen eines ausgeübten Widerrufs belehrt, auch nicht berechtigt ist, entsprechende Ansprüche geltend zu machen und somit gegenüber dem Unternehmer erscheint, der zu schlechteren Konditionen anbietet. Nach § 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB verhält es sich aber so, dass bei nicht bestimmungsgemäßem Gebrauch die Haftung des Widerrufsberechtigten unabhängig von einer erfolgten Belehrung besteht.“
Diese Beeinträchtigungen seien schon allein wegen der damit verbundenen Nachahmungsgefahr erheblich. Wenn das rechtswidrige Verhalten sanktionslos bliebe, wären die Mitbewerber geradezu aufgefordert, dies nachzuahmen, um den Wettbewerbsvorsprung einzuholen. Der Rechtsverstoß würde dann zur Regel werden, so das OLG Zweibrücken.
Diese Sichtweise ist zweifelhaft, weil Unternehmer den Wertersatzpassus bei eBay-Verkäufen nicht weglassen, um einen Wettbewerbsvorteil zu haben, sondern weil das alte Belehrungsmuster (gültig bis 31.3.2008) insoweit fehlerhaft war und die unveränderte Übernahme der Passage zu Abmahnungen führte. Es fehlte schlichtweg an einem korrekten Muster, das nun jedoch seit 1.4.2008 in Kraft ist.
Auch der durchschnittliche Verbraucher wird im Regelfall nicht davon ausgehen, dass er bei Beschädigung der Ware nichts zahlen muss, wenn die Widerrufsbelehrung hierzu keine Aussage enthält.
Anders hat diese Erheblichkeitsfrage daher auch das KG Berlin mit Beschluss vom v. 9.11.2007 (5 W 276/07) entschieden:
„Da einerseits anzunehmen ist, dass sich aufgrund dieser Unklarheit nur in Ausnahmefällen ein Verbraucher davon abhalten lässt, nach Belieben mit der gekauften Sache zu verfahren, und gegebenenfalls von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen, und andererseits zu berücksichtigen ist, dass die Forderung nach einer lückenlosen Aufklärung des Verbrauchers über die Rechtsfolgen des Widerrufsrechts sowohl den Unternehmer wie auch den Verbraucher, für den die Belehrung verständlich bleiben soll, überfordert, erscheint ein etwaiger Verstoß des Antragsgegner gegen eine Markverhaltensvorschrift hier als nicht verfolgenswerte Bagatelle.“
Wegen des fliegenden Gerichtsstandes ist das Urteil des OLG Zweibrücken jedoch ernst zu nehmen. Händler sollten daher auf keinen Fall an der Musterwiderrufsbelehrung herumbasteln, sondern das seit 1.4.2008 gültige Muster unverändert übernehmen. In dieser Neufassung wurden die Fehler korrigiert und es ist eine differenzierte Wertersatzbelehrung je nach Vertriebsweg (eBay oder Shop) enthalten. Mit Neufassung des Widerrufsrechts im Oktober 2009 wird sich dieses Problem ohnehin erledigen, weil dann sowohl bei eBay als auch bei Shops der gleiche Wertersatz verlangt werden kann. (cf)