Die Verwendung bestimmter Keywords oder Keyword-Optionen in den Google AdWords birgt noch immer erhebliche rechtliche Risiken. Seit dem letzten ausführlichen Beitrag hierzu sind weitere AdWords-Entscheidungen veröffentlicht worden, die jedoch im Ergebnis wenig neue Erkenntnisse liefern und vor allem auch weiterhin keine Ende der Debatte um die rechtliche Beurteilung der AdWords in Aussicht stellen.
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Bereits am 26.09.2007 hatte das OLG Karlsruhe (Az. 6 U 69/07) darüber zu entscheiden, ob einem Werbenden untersagt werden kann, seine AdWords-Anzeige so zu gestalten, dass diese auch dann erscheint, wenn als Suchbegriff die Internetadresse oder Firmenbezeichnung eines Wettbewerbers eingegeben wird.
Die Klägerin richtete sich in dem Verfahren gegen eine Abmahnung der Beklagten, in der diese beanstandete, dass bei der Eingabe der Suchbegriffe „stellen-online.de“ oder „stellen-online.de AG“ die AdWords-Anzeige der Klägerin eingeblendet wurde. Diese verwendete die AdWords-Option „weitgehend passende Keywords“ in Verbindung mit Keywords, die beschreibende Begriffe beinhalteten, die auch im Firmennamen und der Domain der Beklagten enthalten sind.
Eher ungewöhnlich in diesem Verfahren war, dass vom Gericht ausschließlich eine wettbewerbsrechtliche Prüfung vorgenommen wurde, denn obwohl die Beklagte ihr Recht am Unternehmenskennzeichen verletzt sah, machte Sie in der streitgegenständlichen Abmahnung keinerlei markenrechtliche Ansprüche geltend.
Offenbar ging die Beklagte davon aus, dass dem Unternehmenskennzeichen „stellen-online.de AG“ die nötige Unterscheidungskraft fehlt, um markenrechtliche Ansprüche zu begründen, daher stützte sich ihr Unterlassungsbegehren allein auf den Vorwurf des wettbewerbswidrigen Umleitens von potentiellen Kunden.
Das OLG stellt hierzu zwar fest, dass ein solches Verhalten grundsätzlich einen eigenständigen Wettbewerbsrechtsverstoß darzustellen vermag, der auch neben oder an Stelle eines Anspruchs aus dem Markenrecht geltend gemacht werden kann, jedoch sah es im Verhalten der Klägerin einen solchen Verstoß nicht begründet:
"Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt in dem Verhalten der Kläger keine wettbewerbswidrige Behinderung. (...) Die verwendeten keywords bestehen durchweg aus allgemeinen, rein beschreibenden Begriffen, die zum Teil mit Ortsangaben kombiniert sind. In der Verwendung solcher keywords durch einen Anbieter, der in der betreffenden Branche tätig ist, liegt weder eine unzulässige Behinderung von Wettbewerbern noch ein wettbewerbswidriges Umleiten von Kunden."
Nach Ansicht des Gerichts könne Wettbewerbern die Verwendung von rein beschreibenden Begriffen als Keywords grundsätzlich nicht untersagt werden:
"Gerade weil es sich um allgemeine und beschreibende Begriffe handelt, muss es vielmehr grundsätzlich jedem Wettbewerber möglich sein, sich dieser Begriffe als keywords zu bedienen."
Über einen etwas anders gelagerten Sachverhalt hatte das OLG München am 06.12.2007 (Az. 29 U 4013/07) zu entscheiden. Streitgegenstand war hier eine Abmahnung der Klägerin, in der diese als Inhaberin einer geschützten und eingetragenen Marke beanstandete, dass nach Eingabe der Marke als Suchbegriff bei Google die AdWords-Anzeige der Beklagten erschien. Die Klägerin sah hierin ihre Markenrechte verletzt.
Unklar blieb in dem Verfahren, ob die Beklagte die fremde Marke unmittelbar als Keyword verwendet hat oder durch die Option „weitgehend passende Keywords“ eine automatische Zuordnung der Marke zur AdWords-Anzeige erfolgte. Das Gericht hielt diese Frage bei Beurteilung des Markenrechtsverstoßes jedoch für unerheblich. Sowohl in der unmittelbaren Verwendung als Keyword, als auch bei Verwendung eines zum Schlüsselwort weitgehend passenden Keywords liege eine kennzeichenmäßige Benutzung und somit auch eine Markenrechtsverletzung:
"Maßgeblich dafür, dass im Streitfall eine kennzeichenmäßige Verwendung vorliegt, ist vor allem auch der Umstand, dass sich die Beklagte durch die Wahl eines zu „(...)" „weitgehend passenden Keywords" eine für Kennzeichen spezifische Lotsenfunktion zunutze machte, die darin besteht, in einem großen Angebot zutreffend gezielt zu den eigenen Waren bzw. Dienstleistungen hinzuweisen."
Bei der Bejahung der Markenrechtsverletzung stützt das Gericht seine Argumentation im Wesentlichen auf die sogenannte Metatags-Rechtsprechung des BGH:
"Hiernach lässt sich eine kennzeichenmäßige Verwendung nicht mit der Begründung verneinen, dass derartige vom Werbenden verwendete Schlüsselworte für den durchschnittlichen Internetnutzer nicht wahrnehmbar seien. (...) Durch die Verwendung des fremden Kennzeichens will das werbende Unternehmen - nicht anders als bei einem Metatag - diejenigen Nutzer erreichen, die nach dem Angebot des Kennzeicheninhabers suchen."
Damit spricht sich auch das OLG München, ebenso wie zuvor schon das OLG Braunschweig und das OLG Stuttgart, ausdrücklich für eine analoge Anwendung der BGH-Rechtsprechung zu fremden Marken in den Metatags auf die Google AdWords aus.
Ausdrücklich gegen eine Gleichbehandlung von Metatags und AdWords entschied wiederum das OLG Frankfurt/Main mit Urteil vom 26.02.2008 (Az. 6 W 17/08). In dem Verfahren ging es ebenfalls um das Erscheinen einer AdWords-Anzeige nach der Eingabe einer geschützten Marke, wobei diese nicht unmittelbar als Keyword verwendet, sondern über die Option „weitgehend passende Keywords“ der Anzeige zugeordnet wurde.
Das Gericht verneinte hier eine Markenrechtsverletzung mangels einer kennzeichenmäßigen Benutzung der Marke. An dieser fehle es selbst dann, wenn die Marke unmittelbar als Keyword verwendet werde. Entscheidend sei nicht die Ausnutzung der sogenannten „Lotsenfunktion“ einer Marke, sondern ob der Verkehr in der Benutzung der Marke einen betrieblichen Herkunftshinweis erblicke:
"Dies kann bei der Benutzung eines (fremden) Kennzeichens als AdWord nur dann angenommen werden, wenn der Werbende das Zeichen in seiner Hauptfunktion nutzt, die beworbene Ware oder Dienstleistung dem Inhaber des als AdWord genutzten Zeichens zuzuordnen. Bei der Platzierung von Werbung für das eigene Unternehmen durch die Verwendung von AdWords, die ein fremdes Kennzeichen enthalten, ist dies (...) regelmäßig nicht der Fall."
Mit dieser Auffassung reiht sich das OLG Frankfurt/Main in die Riege der Gerichte ein, die eine Markenrechtsverletzung bei der nicht sichtbaren Verwendung einer Marke in den AdWords grundsätzlich verneinen. Hierzu gehören in erster Linie ebenso das OLG Düsseldorf sowie jüngst auch das OLG Köln.
Bis zu einer endgültigen Klärung durch den BGH ist daher nach wie vor Vorsicht bei der Auswahl der Keywords für eine AdWords-Kampagne geboten, sowie insbesondere bei Verwendung der Option „weitgehend passende Keywords“. Wer hierauf aber nicht verzichten möchte, sollte zumindest prüfen, welche Keywords seiner Kampagne zugeordnet werden und fremde Marken gegebenenfalls von der Kampagne ausschließen. Erfreulicherweise werden inzwischen jedoch mindestens zwei OLG-Entscheidungen beim BGH als Revision geführt, so dass möglicherweise schon bald mit einer BGH-Entscheidung zu rechnen ist.