Onlinehändler werden durch das weit reichende Widerrufsrecht im Fernabsatz stark belastet. Häufig lässt sich die retournierte Ware infolge der "Prüfung" durch den Kunden nur noch mit hohen wirtschaftlichen Einbußen weiterverkaufen oder ist ganz unverkäuflich. Das AG Rotenburg Wümme (Urteil v. 26.11.2007, 5 C 350/07) hatte sich nun mit der Frage zu befassen, ob ein Handy, in das bereits Daten durch den Kunden eingegeben wurden, nach dessen Widerruf als "neu" weiterverkauft werden darf. Die Antwort der Richterin: Ja.
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In dem Verfahren klagte ein Kunde auf Kaufpreisminderung. Er hatte von einem Onlinehändler ein Mobiltelefon gekauft, das zuvor bereits einmal verkauft und dann im Rahmen des Widerrufsrechtes zurück geschickt wurde. Als der Kunde dies herausfand, wollte er nicht mehr den vollen Kaufpreis zahlen und klagte rund 100 € Minderung ein. Das Amtsgericht wies die Klage ab:
"Allein der Hinweis darauf, dass in dem fraglichen Telefon bereits für die VOIP und für den POP3 email-Dienst Daten eingegeben waren, ist nicht ausreichend, um davon ausgehen zu können, dass es nicht mehr "neu", sondern gebraucht war. Letzteres ist nicht schon dann der Fall, wenn das Gerät - wie beklagtenseits ausgeführt - durch einen vorhergehenden Widerrufskäufer anlässlich der Kaufentscheidung eingehend geprüft worden ist."
Grundsätzlich werde die Eigenschaft eines Kaufgegenstandes als "neu" nicht dadurch aufgehoben, dass er von einem potentiellen Käufer eingehend studiert wird, was bei technischen Geräten auch einen Test der vorhandenen Funktionen einschließe, so das Gericht. Die rein abstrakte Befürchtung des Klägers, das Telefon können dadurch z.B. mit Viren befallen sein, sei unerheblich. Wie sich auch aus dem gesetzlichen Muster (Anlage 2 zu § 14 der BGB-InfoV) ergibe, sei mit der "Ingebrauchnahme" nicht schon die bloße Überprüfung eines Gegenstandes im Rahmen der Kaufentscheidung gemeint, sondern erst dessen eigentumsähnliche Nutzung durch den Käufer.
"Allein aus der Eingabe der Daten kann aber nicht geschlussfolgert werden, dass der Gegenstand tatsächlich in Gebrauch genommen worden ist, zumal der Kläger nicht dargetan hat, dass eine sinnvolle Prüfung der fraglichen Funktionen ohne entsprechende Dateneingabe möglich gewesen wäre, oder sonstige Auffälligkeiten etwa Kratzer o.ä. vorhanden waren."
Das Urteil ist zwar für Händler begrüßenswert, aber mit Vorsicht zu genießen. Bei der Frage, ob ein Widerrufskaufgegenstand als neu verkauft werden darf, spielt die Art der Ware eine große Rolle. So beträgt die Wertminderung bei KFZ z.B. allein durch die Erstzulassung rund 20%, Arzneimittel dürfen nach Auslieferung nicht ein zweites Mal in Verkehr gebracht werden, selbst wenn Sie durch den Erstkäufer nicht geöffnet wurden. Es muss also immer der Einzelfall geprüft werden. Die Kehrseite der Medaille ist in diesem Fall, dass wegen der "Prüfung" des Mobiltelefons vom Widerrufskäufer auch kein Wertersatz nach § 357 Abs. 3 BGB verlangt werden kann. (cf)