OLG Hamburg: Bitte um Frankierung der Rücksendung bei Widerruf zulässig

mausIm Gegensatz zu den Regelungen fast aller anderen europäischen Mitgliedsstaaten müssen Online-Händler nach deutschem Recht im Regelfall (abgesehen von der 40-EUR-Klausel) die Kosten der Rücksendung bei Ausübung des Widerrufsrechtes tragen. Zusätzliche Wettbewerbsnachteile entstehen dadurch, dass der Kunde die Ware auch "unfrei" zurückschicken kann, denn hierdurch entsteht unnötiges Strafporto.

Das OLG Hamburg hat nun erfreulicherweise mit Beschluss v. 20.4.2007 (Az.: 3 W 83/07) entschieden, dass zumindest eine Bitte an den Kunden, das Paket ausreichend zu frankieren, keine unzulässige Einschränkung des Widerrufsrechtes darstellt.

Lesen Sie mehr über die streitgegenständliche Klausel und die Begründung des Gerichts.

Artikel 6 Abs. 2 der europäischen Fernabsatzrichtlinie sieht vor, dass die Mitgliedsstaaten Regelungen treffen können, nach denen den Kunden im Falle des Widerrufs einer Online-Bestellung die Rücksendekosten tragen müssen. In der Richtlinie heißt es:

"Die einzigen Kosten, die dem Verbraucher infolge der Ausübung seines Widerrufsrechts auferlegt werden können, sind die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren."

Diese Regelung haben fast alle europäischen Mitgliedsstaaten so umgesetzt, allein in Finnland und Deutschland ist man zugunsten des Verbrauchers über die europäische Vorgabe hinausgegangen, was wegen des in dieser Richtlinie verankerten Mindestharmonisierungsprinzips möglich ist. Die deutsche Regelung des § 357 Abs. 2 S. 3 BGB, die zu Recht einmal als "bürokratisches Monstrum" kritisiert wurde, lautet insoweit:

"Wenn ein Widerrufsrecht nach § 312d Abs. 1 Satz 1 besteht, dürfen dem Verbraucher die regelmäßigen Kosten der Rücksendung vertraglich auferlegt werden, wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn bei einem höheren Preis der Sache der Verbraucher die Gegenleistung oder eine Teilzahlung zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht erbracht hat, es sei denn, dass die gelieferte Ware nicht der bestellten entspricht."

Wir meinen, es wäre besser gewesen, auch in Deutschland eine Regelung in Anlehnung an die europäische Vorgabe zu treffen, da die derzeitige Regelung nicht nur missbrauchsanfällig und viel zu kompliziert ist, sondern auch eine hohe wirtschaftliche Belastung für den Händler darstellt. Dies vor allem, wenn man bedenkt, dass der Händler nach einem nicht rechtskräftigen Urteil des OLG Karlsruhe auch noch die Hinsendekosten erstatten müssen soll und nach gängiger Meinung und Rechtsprechung des OLG Hamburg auch unfreie Rücksendungen annehmen muss.

Kein Wunder, dass ein Händler da versucht, den wirtschaftlichen Verlust durch widerrufene Bestellungen so gering wie möglich zu halten und deshalb seine Kunden zumindest darum bittet, Retourenaufkleber zu verwenden oder Pakete ausreichend zu frankieren. Denn durch eine unfreie Rücksendung entstehen zusätzliche Kosten i.H.v. meist 5 €, was sich bei Kleinbestellungen und/oder Produkten mit geringen Margen schon einmal als handfester Verlust auswirken kann. Zahlreiche Händler versuchten sich daher an Klauseln, die den Kunden von unfreien Rücksendungen abhalten sollen. Hierbei ist aber zu beachten, dass das Widerrufsrecht nicht unzulässig eingeschränkt werden darf.

Das OLG Hamburg hat nun erfreulicherweise entschieden, dass eine in der Vergangenheit erstmals im März 2005 abgemahnte Klausel

"Bitte frankieren Sie das Paket ausreichend, um Strafporto zu vermeiden. Wir erstatten Ihnen den Portobetrag dann umgehend zurück."

keine unzulässige Klausel ist und vom Händler verwendet werden kann. Der Abmahner war in diesem Fall vor Gericht nicht erfolgreich. Das bedeutet - wie immer - nicht, dass andere Gerichte dies genauso sehen. Abmahner können durchaus versuchen, vor einem anderen Gericht gegen diese Klausel vorzugehen. Das OLG Hamburg ist jedoch für seine recht strenge Rechtsprechung zu Wettbewerbsfragen bekannt, so dass der Beschluss durchaus als positives Signal für Online-Händler gedeutet werden kann. Zur Begründung schreiben die hanseatischen Richter:

"Die Antragsgegnerin täuscht den Verbraucher hier nicht darüber, wer die Kosten für die Rücksendung der Ware zu tragen hat. Denn sie teilt ausdrücklich mit, dass das Porto umgehend erstattet werde, woraus der Verbraucher nur schließen kann, dass sie es als ihre Verpflichtung ansieht, die Kosten der Rücksendung zu tragen. Der gesetzlichen Regelung des § 357 Abs. 2 Satz 2 BGB, nach der Kosten und Gefahr der Rücksendung bei Widerruf und Rückgabe der Unternehmer trägt, kann nicht entnommen werden, dass sie nur durch die Versandart „Unfrei/Empfänger zahlt“ befolgt werden kann. Eine solche Formulierung der Belehrung ist auch nicht nach § 312 c Abs. 2 BGB i. V. mit 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV vorgeschrieben."

Eine andere Frage ist allerdings, ob im Falle unfreier Rücksendungen dem Verbraucher die Kosten zwischen regulärer Versandart und unfreier Rücksendung in Rechnung gestellt werden können. Hier könnte man meinen, es sei eine Schadensminderungspflicht des Kunden, nicht unnötige Kosten durch unfreie Rücksendungen entstehen zu lassen. Dieser Ansicht erteilt das OLG Hamburg jedoch indirekt eine Absage:

"Die Antragsgegnerin erschwert die Rückabwicklung des Vertrages auch nicht, denn die beanstandete Klausel besagt nicht und insinuiert dies auch nicht, dass dem Verbraucher das Strafporto in Rechnung gestellt werde, wenn er der Bitte um ausreichende Frankierung der Sendung nicht nachkommen sollte."

Wer eine entsprechende Klausel verwenden will, sollte also darauf achten, dass dem Kunden nicht in Aussicht gestellt wird, dass er bei unfreien Rücksendungen damit rechnen muss, dass ihm das Strafporto von der Kaufpreisrückerstattung abgezogen wird. Auch sollte stets darauf hingewiesen werden, dass dem Kunden das vorgestreckte Porto auf Wunsch vorab oder unverzüglich nach Erhalt der Rücksendung erstattet wird.

Ob die Europäische Kommission im Rahmen der Konsultation über die Fernabsatzrichtlinie dem deutschen Gesetzgeber die Vorgabe macht, eine Regelung zu treffen, nach der stets der Kunde die Kosten der Rücksendung trägt, ist derzeit nicht absehbar. Damit würden sich jedenfalls viele deutsche Sonderprobleme rund um die Rückabwicklung widerrufener Verträge in Luft auflösen. (cf)

22.10.07